Aufgaben für Borussia Zwei wichtige Dinge, die der Podcast mit Thuram und Traoré aufzeigt

Mönchengladbach · Ein Podcast-Auftritt von Marcus Thuram und Borussias Ex-Profi Ibrahima Traoré hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ihre Aussagen machen vor allem zwei Dinge deutlich: Woran Trainer Adi Hütter maßgeblich gescheitert ist und was die sportlich Verantwortlichen dringend angehen müssen.

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Foto: Dirk Päffgen/Dirk Päffgen (dirk)

Die Woche nach der Verpflichtung von Trainer Daniel Farke war insgesamt eine ruhige rund um Borussia Mönchengladbach. Länderspiele, U23-Transfers, eher Schongaren in der Gerüchteküche als siedend heiße Neuigkeiten – so hätte die vollständige Zusammenfassung lauten können, wenn nicht ein Podcast-Auftritt von Marcus Thuram bei „Sport News Africa“, gemeinsam mit Ibrahima Traoré, für Wirbel gesorgt hätte.

Auch dort: Grundsätzlich nichts Wildes, wenig Neues, aber Verzerrungen und inakkurate Übersetzungen in Medienberichten ließen vor allem Thuram als Spieler dastehen, der mit seinem Klub abrechnet und in gewisser Weise abschließt. Zudem landeten Aussagen, die im Podcast Borussias Ex-Profi Traoré getätigt hatte, plötzlich in Thurams Mund. „Zwei dumme Jungs sitzen da und machen Spaß über alles, sogar über sich selbst“, sagte Traoré am Freitag im „Vollraute“-Podcast, in dem er seine Wahrnehmung des Interviews und der Situation ausführlich schilderte. Der 34-Jährige zeigte sich einigermaßen entsetzt angesichts des medialen Echos. Da der „Sport News Africa“-Podcast mit Thuram auf Französisch geführt worden war, hatten nur wenige Fans die Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen und die Aussagen zu überprüfen.

Bei all der Aufregung bleiben jedoch auch ein paar Dinge hängen, die viel verraten über Borussias vergangene Saison und gute Hinweise geben, wie es künftig besser laufen kann. Da wäre zum einen Thurams Verhältnis zu Trainer Adi Hütter, der auf Marco Rose folgte, unter dem der Franzose ab 2019 zum Shootingstar in Gladbach geworden war. „Ich bin nicht Marco Rose. Hier gibt es keine Starspieler“, habe Hütter bei seinem Antritt gesagt, so Thuram. Was heißen sollte: Jeder muss sich beweisen, niemand bekommt etwas geschenkt. „Die Leute wissen, welche Beziehung ich zu Marco Rose hatte“, sagte Thuram, der keinen Hehl daraus machte, unter wem er lieber gespielt hat.

Dass ein Spieler und ein Trainer mal nicht sonderlich gut auskommen, ist keine Sensation. Doch Thurams Aussagen liefern einen weiteren Hinweis, wie gestört oder unterkühlt das Verhältnis zwischen Hütter und Mannschaft während der gemeinsamen 318 Tage war. Ob der Österreicher die Kabine verloren hat, lautete die häufig gestellte Frage. Es hat mehr den Anschein, als habe Hütter sie nie richtig gewonnen.

Während Rose mehr über die Kumpelschiene gekommen war und sich vor allem mit den Influencern des Kaders gut gestellt hatte, pflegte Hütter dem Vernehmen nach eher einen Oldschool-Ansatz, einen autoritäreren Führungsstil. Ein grundsätzliches Falsch oder Richtig gibt es kaum. Zuletzt im Champions-League-Finale standen sich Carlo Ancelotti mit Real Madrid und Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool gegenüber. Es siegte das Team des Trainers, dem salopp nachgesagt wird, mehr mit seinen Augenbrauen als mit der Taktiktafel zu arbeiten.

Lange war nicht mehr so viel aus der Gladbacher Kabine nach draußen gesickert wie 2021/22. Schon nach dem dritten Spiel bekam Florian Neuhaus eine deutliche Ansage vom Trainer vor versammelter Mannschaft, die für Verstimmung sorgte. Im März geriet Hütter mächtig mit Christoph Kramer aneinander, der zuvor nach der Pleite in Stuttgart von „1000 Baustellen“ gesprochen hatte. Und Matthias Ginter sagte im „Mitgeredet“-Podcast über seinen ablösefreien Abgang und die ganzen Turbulenzen: „Ich bin der Überzeugung, wenn Marco Rose unser Trainer geblieben wäre, wäre es wohl nicht so gekommen. Aber man weiß natürlich nie.“ So bleibt, als Zusammenfassung, das hängen, was Manager Roland Virkus auf der Mitgliederversammlung sagte: „Adi Hütter ist ein guter Trainer, ein Ehrenmann. Aber es hat einfach nicht gepasst.“

Nun ist es aber nicht nur an einem Cheftrainer, eine Atmosphäre zu schaffen, die die Erfolgswahrscheinlichkeit maximiert. Das Fundament legt die Kaderplanung. Und dass es hier in den vergangenen Jahren neben den oft diskutierten sportlichen Versäumnissen auch soziale gab, hat der Podcast mit Thuram und Traoré ebenso gezeigt. Da saß der aktuelle Profi Thuram und zeigte relativ nüchtern auf, wie sich die Wahrnehmung der sogenannten „French Connection“ intern wie extern gewandelt habe. Und neben ihm saß Borussias Ex-Profi Traoré, der vor allem am Ende seiner sieben Jahre in Gladbach, als er nur selten noch spielte, den Job des „Integrationsministers“ übernahm.

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

„Mein großer Stolz ist nicht, dass wir eine französische Connection hatten. Mein Stolz ist, dass ich das Bindeglied sein konnte zwischen denen, die Französisch, Englisch und Deutsch reden“, sagte Traoré im „Vollraute“-Podcast. Zur Erinnerung: Im Gegensatz zu Thuram hatte der Ex-Nationalspieler Guineas kein gutes Verhältnis zu Marco Rose. Kurz nach dessen Antritt im Sommer 2019 sollte Traoré sogar verkauft werden, doch dann fand sich kein Abnehmer. Nach Traorés erstem Startelfeinsatz Ende Juni 2020 sagte Rose dann: „Ibo hat sich in der Zeit, in der er wenig bis gar nicht gespielt hat, immer sehr professionell verhalten. Er hat Marcus Thuram mit integriert und sehr professionell gearbeitet. Es war immer die Rede davon, dass wir irgendwann jeden brauchen. Jetzt war Ibo dran und hat geliefert. Das freut mich sehr für ihn und nötigt mir großen Respekt ab.“

Kein Wunder, dass Borussia-Fans in den sozialen Netzwerken nun fordern, Traoré auf irgendeine Weise – Stichwort „Integrationsminister“ – einzubinden. „Ich werde um nichts bitten. Aber wenn es vom Verein kommt, werde ich es mir überlegen“, sagte Traoré, der seinen Lebensmittelpunkt nach seinem Abgang vor einem Jahr in seine französische Heimat verlegt hat. Zuletzt besuchte er das Champions-League-Finale in Paris mit seiner Mutter, die einst bekannt dafür war, die „French Connection“ legendär zu bekochen und mitunter sogar Spieler, die offiziell gar nicht dazugezählt wurden.

Unterm Strich hinterlässt der Podcast-Auftritt von Traoré und Thuram den sportlich Verantwortlichen in Gladbach ein paar Hausaufgaben: Neue Führungsspieler müssen her, denn nicht nur Traoré, sondern auch Oscar Wendt, Fabian Johnson, Tobias Strobl und Raffael haben jeder auf seine Art ein Vakuum hinterlassen. Und da die „French Connection“ selbst bei Abgängen im Sommer – Thuram ist nur einer der Kandidaten – eine starke und bedeutsame Gruppe bleiben wird, sollte es allen ein Anliegen sein, wieder das Beste rauszuholen aus der Konstellation. So wie im Herbst 2019, als Thuram regelmäßig die Eckfahne schwenkte. Vielleicht ja mit dem „Integrationsminister“ Traoré in neuer Funktion.

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