Franzose wird schwer zu ersetzen Mögliche Thuram-Nachfolger bei Borussia
Dass Marcus Thuram in der kommenden Saison noch bei Borussia spielt, ist genauso illusorisch wie bei Ramy Bensebaini. Potenzielle Nachfolger für den Linksverteidiger haben wir bereits vorgestellt. Nun haben sich die Datenscouts von „Createfootball“ auf die Suche nach Mittelstürmern gemacht, die ins Profil passen.
Denn Thuram war im Sommer der Breel-Embolo-Ersatz im Sturmzentrum, und andere Offensivspieler, die Trainer Daniel Farke in der Mitte einsetzen kann, zählen zur Ü30-Fraktion oder werden bald dazustoßen: Lars Stindl, Jonas Hofmann, Alassane Plea. In der Vorbereitung durfte sich Nathan Ngoumou auf der Neun versuchen, er allein kann aber kein Thuram-Ersatz sein.
Das gesuchte Profil: Der neue Thuram sollte stark im Eins-gegen-Eins sein, Tempo haben und trotzdem robust sein. Er sollte den Ball durchs Mittelfeld tragen können und im Zweifel auch mal lange Bälle festmachen (was Thuram bei allen Qualitäten mitunter abgeht). Er muss kein Pressingspieler sein, um Farkes Anforderungen gerecht zu werden, und er muss kein typischer Zielspieler sein, weil Flanken selten zum Gladbacher Repertoire zählen.
Wer nun denkt: ‚Ganz schön vielseitig, ganz schön anspruchsvoll!‘, hat sicherlich Recht. Niemand hat behauptet, dass es leicht wird, die Lücke zu schließen, die Thuram hinterlassen wird. Das zeigen allein die angeblichen Interessenten vom FC Barcelona über den FC Chelsea bis zu Inter Mailand.
„Createfootball“ hat ihn mit 35 anderen Bundesliga-Stürmern verglichen (alle Werte aus der Hinrunde bis zur WM-Pause). In zwölf Kategorien (jeweils pro 90 Einsatzminuten) belegt Thuram sechsmal einen der ersten sechs Plätze: Bei den Toren ist er Fünfter, bei den „Expected Goals“ genau wie bei den Schüssen aufs Tor Dritter, hinzu kommen sechste Plätze bei den gewonnenen Zweikämpfen mit Ball, den erfolgreichen Dribblings und den progressiven Läufen.
Ein achter Platz bei den Ballaktionen im Strafraum ist noch sehr ordentlich – Thuram zeigt Präsenz im Strafraum und findet eigenständig den Weg dorthin. Man kann sich ausmalen, dass er einen Top-Verein findet, trotz einiger Defizite: Thuram legt den Kollegen kaum Chancen auf, nur drei Stürmer produzieren weniger „Expected Assists“, er ist außerdem nur 21. bei den gewonnenen Luftzweikämpfen und 23. bei den erhaltenen Pässen.
Monatelang als konkreter Kandidat wurde Dion Beljo gehandelt. In der Winterpause erhielt der FC Augsburg den Zuschlag, Borussia soll nicht final überzeugt gewesen sein von den Qualitäten des Kroaten.
Beljo übertrifft Thuram – kein Wunder bei einer Körpergröße von 1,95 Meter – nur im Luft-Zweikampf wesentlich, wie die Zahlen von „Createfootball“ zeigen. Laut Datenscout Mats Beckmann hätte Borussia für den klassischen Zielspieler ihr System ein wenig anpassen müssen. Dafür sei Beljo „eiskalt vor dem Tor“. Das untermauern 0,56 Tore pro Spiel bei 0,37 Expected Goals.
Ein Top-Kandidat, den die datenbasierte Suche von „Createfootball“ ausgespuckt hat, ist Junior Adamu. Der 21-Jährige von RB Salzburg hat beim 2:0 gegen Italien sein Startelf-Debüt für Österreich gefeiert, vergangene Saison überzeugte Adamu im Schatten Karim Adeyemis im RB-Trikot, diese Saison überstrahlt ihn Benjamin Sesko, der – wer hätte das gedacht – im Sommer zu RB Leipzig wechselt. Auch Noah Okafor ist hoch einzuschätzen.
Es könnte also Borussias Chance sein, dass andere RB-Schüler noch mehr im Fokus stehen als Adamu, der bislang auf starke 0,92 Tore pro Spiel kommt. „Er bringt mit seinem drahtigen Körperbau die nötige Robustheit für die Bundesliga mit“, sagt Datenscout Beckmann. „Durch seine Sprungkraft kann er die im Vergleich zu Thuram fehlende Körpergröße ausgleichen. Adamu ist extrem agil, vergangene Saison war er der Stürmer in Österreich mit den meisten intensiven Läufen.“
Ein Manko ist das Passspiel, seine Quote von 67 Prozent müsste Adamu steigern. Ein Plus: Er lasse sich, so Beckmann, gerne auf den rechten Flügel heraustreiben. Das eröffne neue taktische Varianten. Bis 2025 ist Adamu noch an Salzburg gebunden. Leistbar wäre er deshalb nur, wenn Gladbach einen üppigen Transfergewinn bei Manu Koné einfährt.
Der nächste Kandidat hat in der Hinrunde eines der schönsten Tore gegen Borussia erzielt: Omar Marmoush nahm den Ball in einer fließenden Bewegung mit, ließ Marvin Friedrich alt aussehen und traf zum 2:2 für den VfL Wolfsburg, auf Gladbacher Seite gelang Thuram im direkten Duell ein Doppelpack. Mit den Werten des Franzosen hält der Ägypter Marmoush in allen Bereichen mit, die nicht direkt etwas über die Torproduktion aussagen – Zweikämpfe in der Luft und am Boden, Dribblings, progressive Läufe.
Darüber hinaus stimmt die Basis, auch wenn Marmoush neben dem Treffer gegen Gladbach nur einen weiteren in der Liga erzielt hat. „Marmoush ist spielerisch stark und scheut keine Eins-gegen-Eins-Situationen, er ist es gewohnt, den Ball nach Ballgewinn der eigenen Mannschaft nach langem Pass aufzunehmen und dann ins gegnerische Drittel zu tragen“, sagt Beckmann.
Ein gewichtiges Argument für den 23-jährigen Ex-Stuttgarter ist sein auslaufender Vertrag. In diesem Segment müsste Borussia im vierten Sommer seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie mit all ihren finanziellen Folgen für den Verein unbedingt mal etwas bewegen (während sie selbst erneut Top-Spieler ablösefrei verliert). Gut vorstellbar wäre eine Kombination aus Marmoush und einem bulligeren Zielspieler.
Mit einem weiteren Kandidaten hat Farke bereits für einige Wochen zusammengearbeitet: Jhon Córdoba steht anders als Borussias Trainer noch immer bei FK Krasnodar in Russland unter Vertrag. „Córdoba ist im Vergleich mit Thuram mehr ein reiner Abschlussspieler, kommt nicht so häufig aus der Tiefe, dafür ist er im Zweikampf mit Ball am Fuß und in der Luft etwas stärker“, sagt Beckmann, der die Physis des Kolumbianers lobt. 60 Millionen Euro Ablöse wurden in Summe schon für Córdoba gezahlt, der nicht ganz billig wäre, obwohl er bald 30 wird.
Die Longlist umfasst ein Trio: Alexander Sörloth ist von RB Leipzig an Real Sociedad San Sebastián ausgeliehen und war schon ein Thema. Der 1,95-Meter-Mann ist trotz seiner Größe mobil und passsicher. Aktuell trifft er für den Champions-League-Anwärter aber einen Tick zu häufig, damit Borussia ein Wörtchen mitreden könnte.
Der Chilene Ben Brereton von den Blackburn Rovers hat zwar einen Marktwert von 16 Millionen Euro, doch sein Vertrag läuft aus. „Der 23-Jährige überzeugt durch seine starken Läufe mit Ball und seine hohe Strafraumpräsenz, zudem weiß der gebürtige Engländer sich im Zweikampf durchzusetzen und ist in der Offensive polyvalent einsetzbar“, sagt Beckmann über den neunmaligen Torschützen in der Championship.
Ein Mann mit Entwicklungspotenzial ist der Däne Jens Odgaard von AZ Alkmaar. Sechsmal hat er für die Niederländer getroffen. „Odgaard ist spielstark und passsicher, dazu sehr präzise im Abschluss und stark im Spiel gegen den Ball, AZ hat einen ähnlichen Spielstil wie Gladbach – würde sich hier gut zurechtfinden“, findet Beckmann.
Die erste wegweisende Entscheidung, die Manager Roland Virkus im Angriff getroffen hat, saß: Marcus Thuram füllte als interner Umschuler die Lücke, die Breel Embolo hinterließ. Etwas herausfordernder wird es spätestens im Sommer. Wen würden Sie sich wünschen als Mittelstürmer? Teilen Sie es uns mit per Mail an fohlenfutter@rheinische-post.de.