Früher gemeinsam erfolgreich Der Blick von innen und außen – wie Kramer und Stranzl Borussia bewerten
Mönchengladbach · Christoph Kramer und Martin Stranzl, die einst gemeinsam für Borussia Mönchengladbach auf dem Feld standen, bewerten die aktuelle Situation des Klubs unterschiedlich. Insbesondere Stranzl findet dabei kritische Worte, er sieht vor allem ein „Kopfproblem“ bei den Spielern.

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Zwei Jahre lang waren Christoph Kramer und Martin Stranzl Kollegen bei Borussia. Der eine kam 2013 als Jungspund und stieg bis zum Nationalspieler und Weltmeister auf, der andere war in der Spätphase seiner Karriere ein wichtiger Stabilisator des Teams und damit ein Gesicht der Renaissance Borussias. Der Wert beider war und ist auch in der Kabine spürbar: Stranzl, der gerade im Erfolg gern den Grantler gab, um zu pushen, war Kapitän und Wortführer. Kramer, beim ZDF nebenbei Fußballanalyst, ist Letzteres auch ohne Binde.
Die gemeinsame Zeit war eine gute. 55 Spiele machten beide zusammen, Gladbach holte in diesen im Schnitt 1,78 Punkte. Das ist ein starker Europa-Schnitt, einer, den sich Kramer mit der Jetztzeit-Mannschaft wünschen würde. Stranzl indes kennt auch die andere Realität in Gladbach. Er kam im Winter 2011, als Borussia schon abgestiegen schien, und half, die Katastrophe zu vermeiden. Dann kam der Raketenstart in neue Borussia-Welten. Stranzl war es auch, der dann ein Limit formulierte: 25 Punkte pro Halbserie sei ein realistisches Maß, sagte er. „25 plus“ wurde es später, Borussia pendelte zwischen Rang acht und drei in jenen Jahren.
Stranzl ist inzwischen jenseits der aktiven Zeit, 2016 beendete er unter Tränen seine Karriere. Derzeit ist er, das sagte er am Rande seiner Rückkehr für das Gladbacher Legendenspiel im Dezember, noch in der Findungsphase, was seine Zukunft angeht. Viele Fans würden Stranzl längst gern in Amt und Würden sehen. Sowohl als es um einen neuen Trainer ging, aber auch als es um die Nachfolge von Manager Max Eberl ging, wurde sein Name diskutiert. „Man hat aber seine Planung. Und aktuell steht die Familie im Vordergrund, das weiß auch der Verein. Wir sind aber im Austausch“, sagte Stranzl.

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Kramer ist ebenfalls einer, den sich die Fans nach der aktiven Zeit als Borussia-Funktionär vorstellen können. Er hat seinen Vertrag bis 2025 verlängert, dass er danach weiter für den Klub tätig ist, ist denkbar. Doch für den Moment ist er einer der Spieler, von denen sich Ex-Kollege Stranzl ein Mehr an „Stranzligkeit“ wünschen würde. „Normalerweise müssen Mannschaften solche Probleme intern klären. Dafür gibt es eine klare Hierarchie im Kader, eine Gruppe von vier, fünf gestandenen Spielern, die viele Gespräche führen und gegebenenfalls auch mal ein Zeichen setzen“, sagte Stranzl bei „ran.de“.
Er habe aktuell das Gefühl, „dass die Mannschaft intern nicht so gestärkt ist, um all das selbst regeln zu können“. Und Stranzl fehlt, was er zweifellos immer hatte und dem Team zugleich unmissverständlich verordnet hat: „Dieser unbedingte Wille, defensiv zu null zu spielen. Diese Gier, das eigene Tor zu verteidigen, ist einfach nicht da“, sagte der Österreicher.

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Nun hat Stranzl derzeit eine andere Perspektive, den Blick von außen. Kramer hingegen ist mitten drin in der Gladbacher Situation, die in dieser Saison geprägt ist von einem Wankelmut, den Beobachter Stranzl als „schon sehr skurril“ wahrnimmt. „An der Qualität des Kaders kann es nicht liegen – sonst würde Gladbach nicht gegen Gegner wie Bayern und Co. gewinnen. Für mich ist das ein Kopfproblem“, sagte er mit Blick auf die harschen Niederlagen der Gladbacher bei Hertha BSC (1:4) und in Mainz (0:4).
Dass einer wie er, der die fleischgewordene Mentalität war als Profi, eben diese damit anspricht, liegt auf der Hand. Kramer sträuben sich bei dem Thema gewöhnlich die Nackenhaare. Er hat wahrgenommen, dass die konstante Nicht-Konstanz wieder mal eine Mentalitätsdebatte ausgelöst hat bei Fans und Experten, aber „das ist kompletter Quatsch“, stellte Kramer nun im Interview mit „Sky“ klar. „Ich verstehe die Fans, weil es die einfachste Antwort ist. Aber an der Motivation und der Einstellung liegt es nicht, es kommen 1000 Komponenten zusammen“, sagte Kramer.

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Der Mittelfeldmann, der zum Pendler zwischen Sechs und Zehn geworden ist unter Daniel Farke, warb beim Bezahlsender klar für den Trainer. „Seine Ansprache packt mich sehr und ich mag seinen Ansatz von Fußball. Er lässt sich nicht leiten und verfällt nicht in Aktionismus. Wenn wir eines nicht haben, dann ein Trainerproblem“, sagte Kramer.
Zudem erklärte er, ganz aus der internen Perspektive heraus, die reduzierten Ansprüche quasi als alternativlos. „Man darf das nicht falsch verstehen, denn wir sind maximal ehrgeizig, aber unsere Ergebnisse lassen es aktuell einfach nicht zu, dass wir über das internationale Geschäft reden können. Wir haben im Moment nichts mit den vorderen Sechs zu tun, weil wir nicht konstant genug spielen“, sagte Kramer. „Das hat aber nichts mit Ambitionen oder Mentalität zu tun“, versicherte er und folgte zudem des Trainers These vom schier endlosen Abstiegskampf der Vorsaison („bis zum 31. Spieltag“). Seinen früheren Teamkamerad Stranzl holt Kramer mit diesen Worten wohl nicht ab.