Gladbach-Trainer nimmt Thuram in Schutz Ermittlungen gegen Bensebaini - Farke kritisiert auch den Schiedsrichter
Mönchengladbach · Borussias Trainer Daniel Farke hatte nach dem 0:0 gegen Freiburg einige Szenen einzuordnen. Er selbst sah Gelb, ein Gladbacher Elfmeter wurde einkassiert und Ramy Bensebaini flog vom Platz. Eine Szene könnte ein Nachspiel haben.

Borussia - Freiburg: die Fohlen in der Einzelkritik
In der 66. Minute stand Ramy Bensebaini mit dem Ball in der Hand am Elfmeterpunkt und bereitete sich auf das mögliche 1:0-Führungstor gegen den SC Freiburg vor. Ermöglicht hätte es Marcus Thuram mit seinem starken Dribbling und einem vermeintlichen Foul, das er gegen Nicolas Höfler „zog“. Doch Schiedsrichter Benjamin Brand machte nach der Intervention des VAR und dem Blick auf den Monitor am Spielfeldrand all diese Geschichten zunichte.
Bensebaini stand später noch mehr im Mittelpunkt, als ihm lieb sein konnte: In der 87. Minute sah er erst Gelb fürs Ballwegtreten, dann applaudierte er dem Referee und sah Gelb-Rot. Auf dem Weg in die Kabine trat Bensebaini gegen eine Werbebande und beschimpfte den Schiedsrichter auf Französisch als „Hurensohn“. Im Spielberichtsbogen wurde der Vorfall offenbar nicht vermerkt. Der DFB-Kontrollausschuss hat Ermittlungen eingeleitet, mindestens eine Geldstrafe droht dem Algerier, womöglich eine Sperre, die über ein Spiel hinausgeht.
„Wenn es eine klare und hundertprozentige Fehlentscheidung ist, muss der Elfmeter zurückgenommen werden“, sagte Gladbachs Trainer Daniel Farke über den zurückgenommenen Elfmeter, der die turbulente Schlussphase eingeleitet hatte. Kein Kontakt, kein Foul – das war eine vergleichsweise einfache Angelegenheit. An andere Themen musste Farke differenzierter herangehen. So wehrte er sich gegen den Vorwurf, Thuram neige dazu, auf diese Weise Elfmeter zu schinden. „Die Diskussionen machen wir gar nicht auf“, sagte Farke entschlossen. „Wir haben Anfang der Saison in der Vorbereitung drüber gesprochen, weil ich das Gefühl hatte, dass Marcus tendenziell zu leicht fällt. Ich finde, das gehört sich nicht und ist auf Bundesliga-Niveau nicht üblich“, erklärte Farke. „Ich habe mehrere Jahre in England gearbeitet, da wirst du von den eigenen Fans ausgepfiffen, wenn du so etwas machst. Diese Mentalität habe ich zu 100 Prozent übernommen.“
Stattdessen erinnerte Borussias Trainer an mehrere Thuram-Szenen, in denen klare Elfmeter nicht gegeben worden seien. Beim 2:2 in Wolfsburg traf Maximilian Arnold den Franzosen spät im Spiel eindeutig, es gab keinen Strafstoß. Genauso wenig vier Tage später, als Thuram in Darmstadt noch deutlicher von den Beinen geholt wurde – in der zweiten Pokalrunde gibt es jedoch keinen Video-Assistenten. Schiedsrichter Robert Schröder blieb nur eine kleinlaute Entschuldigung in der Borussia-Kabine nach dem Aus der Gladbacher beim Zweitligisten.

So reagieren die Fans auf Borussias 0:0 gegen Freiburg
Im Fall des Freiburg-Spiels lief im Strafraum alles korrekt. Trotzdem waren alle, die es mit den Gladbachern hielten, im Verlauf der zweiten Hälfte aufgebracht: Farke sah die Gelbe Karte, die Fans meldeten sich später mit „Schieber“-Rufen. Dass es dabei nicht um spielentscheidende Szenen gegangen sei, wollte Farke nicht so stehen lassen. „Fußballspiele werden an kleinen Details entschieden. Da können Freistoßentscheidungen für oder gegen dich Welten ändern“, sagte er. Dazu zählte dann auch die Entscheidung, die ihm die erste Verwarnung seiner Trainerlaufbahn bescherte: Einen Zweikampf, in dem Nico Elvedi und Lucas Höler gleichermaßen zogen und zerrten, bewertete Brand als Foul des Gladbachers.
„Ich habe gefragt: ‚Wofür denn?‘ Scheinbar stand ich dabei dreieinhalb Meter außerhalb meiner Coaching-Zone und habe die Frage aufs Spielfeld geschleudert. Dafür habe ich jetzt eine Premiere feiern können“, sagte Farke und zeigte sich „selbstkritisch“: „Nächstes Mal muss ich die Frage ‚Wofür denn?‘ in meiner Coaching-Zone stellen, dann gibt es wahrscheinlich kein Problem.“
Während Gelbe Karten für Trainer in der Regel problemlos zu verkraften sind, können Gelbe Karten für Spieler schnell gravierende Folgen haben – vor allem, wenn es die zweite im Fall von Bensebaini direkt im Anschluss gibt. Die Borussen waren in der 87. Minute kollektiv auf der Palme. Was war passiert? Zuvor hatte Manu Koné, wie Farke ganz sachlich erklärte, tatsächlich eine saubere Balleroberung abgepfiffen bekommen, Thuram wollte gerade Fahrt aufnehmen. Der Stürmer regte sich auf und schmiss den Ball auf den Boden – folgerichtig Gelb.
Dann warf sich Christoph Kramer sauber in den Weg eines Freiburgers und Schiedsrichter Brand entschied wieder auf Foul. Bensebainis Reaktion: Er schoss den Ball weg und quittierte seine Verwarnung mit Beifall – dafür kassierte er seinen zweiten Platzverweis in der Bundesliga und wurde vom designierten Matchwinner zum potenziell Punktegefährder.
„Da sind wir selbstkritisch, das darf ihm nicht passieren“, sagte Farke. „Das muss nicht sein, das darf nicht sein, das kann eine Situation sein, die das Spiel in eine falsche Richtung kippen lässt“, sagte Manager Roland Virkus. Tatsächlich musste Alassane Plea als Aushilfs-Linksverteidiger kurz darauf in höchster Not retten, bevor Luca Netz die vakante Bensebaini-Position einnehmen konnte. Er könnte den Job, falls der DFB Bensebaini für mehr als ein Spiel sperrt, längerfristig übernehmen.
Virkus und Farke übten aber auch sachlich Kritik an Schiedsrichter Brand und benannten dessen Anteil an der Eskalation in den Schlussminuten. „Wenn Szenen so gepfiffen werden, dass man sie nach rechts und links interpretieren kann, kommt Hektik auf und die war völlig unnötig. Deswegen kann ich das nicht verstehen und da muss ich sagen, das enttäuscht mich“, sagte Virkus.
Farke warf dem Referee vor: „Wenn mein Spieler seine Emotionen im Griff haben muss, muss der Schiedsrichter seine Emotionen auch im Griff haben. Mit der Vorgeschichte kann er Ramy Bensebaini keine Gelbe Karte dafür geben, dass er den Ball vier Meter in die Werbebande passt. Da darf der Schiedsrichter auch nicht beleidigt sein. Und wenn, hätte ich mir gewünscht, dass er über den kleinen Applaus hinwegguckt.“ Das tat Brand nicht, weil es trotz der Szenen zuvor kaum zu vertreten gewesen wäre.
Die Konsequenz: Bensebaini, der Mann mit der 100-Prozent-Quote vom Elfmeterpunkt und Torschütze beim 3:0 im Hinspiel gegen RB, muss nun mindestens in Leipzig am nächsten Samstag pausieren. Thuram immerhin hat die Chance, demnächst am Gegner vorbeizugehen und sich selbst für eine gute Aktion zu belohnen.