Borussia-Trainer Farke über Pfiffe „Weit davon entfernt, das persönlich zu nehmen“

Mönchengladbach · Ob „Farke raus“-Plakate oder Pfiffe der Fans - Borussias Trainer ging nach dem 2:0-Erfolg gegen den VfL Bochum sehr nüchtern um mit der Kritik an seiner Person. Farke legt in der Endphase der Saison einen klaren Schwerpunkt in seiner Kommunikation. Seinem Team bescheinigte er einen Fortschritt.

Noten Borussia Mönchengladbach: Einzelkritik gegen Bochum
29 Bilder

Borussia - Bochum: die Fohlen in der Einzelkritik

29 Bilder
Foto: dpa/Federico Gambarini

39 Punkte nach 31 Spielen, Klassenerhalt geschafft, Platz zehn in der Tabelle – ungefähr 15 Jahre lang hätten die Fans von Borussia Mönchengladbach das als Erfolg gefeiert, ähnlich wie in der jüngeren Vergangenheit einen Einzug in den Europapokal. Doch alles hat seine Zeit, und die tristeste Epoche der Vereinsgeschichte ist heute genauso wenig der Maßstab wie die glorreiche in den 70ern.

„Ich habe keine Sorge gehabt, dass wir noch mal in Bedrängnis kommen. Aber wenn es auch rechnerisch durch ist, hat man die hundertprozentige Planungssicherheit. Das tut gut“, sagte Daniel Farke nach dem 2:0 gegen den VfL Bochum, herausgespielt und erkämpft durch Tore von Jonas Hofmann (35.) und Lars Stindl (90.+1). Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel hatte Gladbachs Trainer ein Szenario skizziert, das seine Mannschaft bis zum letzten Spieltag unter Zugzwang hätte halten können. Doch das hat sie nach zuvor zwei Niederlagen schnellstmöglich aus der Welt geschafft.

Nun sind die letzten drei Partien gegen Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und den FC Augsburg zwar auch in der Gegenwart wichtig, aber gleichermaßen eine kleine Zukunftsvorschau. Dass Farke diese in der kommenden Saison gestalten soll, hatte Roland Virkus am Donnerstag versichert. „Er hat diese Chance verdient“, sagte der Manager mit Verweis auf Farkes dürftige erste Saison bei Norwich City und den folgenden Aufstieg in die Premier League.

Auf Platz eins wird Borussia ab August wohl nicht durchstarten, einstweilen geben sich alle Beteiligten mit deutlich weniger zufrieden, weil der Wankelmut des Teams nur für Konstanz in Sachen Rückschläge und Enttäuschungen gesorgt hat. „Am meisten hat mich gefreut, dass wir wieder zu Null gespielt haben“, sagte Farke nach dem 2:0-Erfolg. „Dass wir offensiv besser waren und trotzdem nicht unsere defensive Stabilität verloren haben.“

Borussia Mönchengladbach: Transfer-Gerüchte - Moritz Nicolas zum VfB Stuttgart?
Infos

Das sind die Gerüchte um Zugänge und Abgänge bei Borussia

Infos
Foto: dpa/Marius Becker

Die beste Leistung seit dem Sieg gegen den FC Bayern München am 18. Februar ordnete er nur eine Stunde nach dem Abpfiff schon sehr differenziert ein. Farke hatte sich mit einer Statistik gewappnet, die den Fortschritt zur 1:2-Niederlage beim VfB Stuttgart unterstreichen sollte: In Ballbesitz habe die Mannschaft doppelt so viele Sprints hingelegt wie in der Vorwoche.

„Natürlich haben wir inhaltlich unter der Woche noch mal geschärft, aber auch die Bereitschaft war ein Thema“, sagte Farke. Am Dienstag war es losgegangen mit einer langen Video- und Gesprächssitzung. „Insgesamt waren wir sehr griffig und homogen, es tut dir vor allem im Spiel gegen den Ball gut, wenn du auf dem Platz eine gute Energie und gute Geisteshaltung hast.“ Eben jene „Geisteshaltung“ hatte der Trainer im November nach der Pleite in Bochum als größtes Defizit benannt. Beim 1:2 hatte Bochum Gladbach nahezu überrannt im ersten Durchgang - ohne Gegenwehr.

Gladbach: "Wir können's noch" - Reaktionen auf 2:0 gegen Bochum
Infos

Reaktionen der Gladbach-Fans auf das 2:0 gegen Bochum

Infos
Foto: dpa/Federico Gambarini

„Die Jungs wussten, dass sie liefern mussten. Es ist unser Auftrag, das nicht nur situativ, sondern konstant in jedem Spiel zu können“, sagte Farke nun. Jeder kleine Fortschritt in der Hinsicht würde auch ihm die Arbeit erleichtern und sein Standing verbessern. Erneut schallten laute Pfiffe durch den Borussia-Park, als vor dem Verlesen der Aufstellung sein Name genannt wurde. Es gibt ein Bild von einem Plakat mit der Aufschrift „Farke raus“. Der 46-Jährige ging professionell damit um. „Wenn man nicht bereit ist, solche Situationen auszuhalten, darf man nicht Trainer von Borussia Mönchengladbach werden. Vor allem nicht, wenn ein Umbruch ansteht. Wenn es einfach wäre, könnte es jeder machen. Ich bin weit davon entfernt, das persönlich zu nehmen.“

Farke fährt - mit der öffentlichen Rückendeckung durch Virkus - kommunikativ nun die Schiene des Anlaufnehmens. Es spitzt sich zu auf den Kaderumbau im Sommer zu, der die Trendwende einzuleiten und dem Trainer helfen soll, seine Vorstellungen nachhaltig umzusetzen. Mit einem Punkt mehr als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison unter Adi Hütter, allerdings der besseren Tordifferenz, ist es ein Jahr der Stagnation, etwas euphemistisch ausgedrückt allenfalls eines der Konsolidierung im Niemandsland.

„Im Umbruch ist es nie einfach, das war mir bewusst, als ich unterschrieben habe. Mir war klar, dass das erste Jahr herausfordernd wird, weil uns als Truppe ein bisschen was fehlt“, sagte er. Auch sei deutlich benannt worden, es werde „ganz bestimmt das eine oder andere Transferfenster dauern, bis wir über andere Dinge wie Europa sprechen können und müssen“, so Farke. „Dass ein Platz im Tabellenmittelfeld keine Euphorie auslöst, ist doch klar.“ Am Samstag herrschte zumindest einmal erleichterte Zufriedenheit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort