Borussia Frontzecks Handschrift ist bereits zu erkennen

Michael Frontzeck findet trotz des kuriosen 3:3 von Borussia Mönchengladbach nach 3:0-Führung viel Lob für sein Team. "Wir sind spielerisch sehr weit", sagt der Trainer, dessen Handschrift bereits zu erkennen ist.

Bochum - Gladbach: Einzelkritik
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Michael Frontzeck hatte eine unruhige Nacht. Das unglaubliche 3:3 seiner Borussen in Bochum, dieses Spiel zwischen Himmel und Hölle, geisterte durch seinen Kopf. "Irgendwann ist mir doch noch ein ähnlich kurioses Spiel mit Borussia eingefallen", berichtet der Trainer. Das war 1984 im Pokal-Halbfinale gegen Bremen.

3:1 führte Gladbach nach 75 Minuten, dann drehte Werder innerhalb von fünf Minuten die Partie, lag 4:3 vorn, bevor Hans-Jörg Criens ausglich und in der Verlängerung das Siegtor schoss. In Bochum zauberte sich Borussia zur 3:0-Halbzeitführung, um dann nach der Pause von den wackeren Gastgebern überrannt zu werden.

"Es gibt Spiele, in denen man nicht alles erklären kann", sagt Frontzeck. Das gilt weniger für die erste Halbzeit, als seine Mannschaft wunderbar kombinierte. "Wir haben hinten kaum etwas zugelassen und aus dieser Kompaktheit heraus nahezu perfekten Konterfußball gespielt. Das 3:0 war kein Zufall", sagt Frontzeck. Dass die Geschichte eine seltsame Wendung nahm, liegt im Wesen des Fußballs begründet: Er ist unberechenbar.

"Wir haben Fehler gemacht und Azaouagh bei seinen Schüssen zu viel Raum gelassen. Aber dass er gleich zweimal in den Winkel trifft, das ist außergewöhnlich", sagt Frontzeck. Borussia war geschockt. "Wir wussten nicht, ob wir weiter nach vorn spielen sollten oder nicht", gestand Karim Matmour. Derart unentschlossen kam Gladbach die Ordnung abhanden. Bochum nutzte das weidlich aus.

Dennoch: Frontzecks Handschrift ist bereits zu erkennen. Aus einer gut organisierten Defensive wird schnell und präzise angegriffen; Borussia mauert nicht, sie spielt initiativ und tororientiert. Zudem hat sie an offensiver Qualität zugelegt. Raúl Bobadilla weiß seinen bulligen Körper perfekt einzusetzen, er ist gewandt und flink am Ball. Juan Arango hat das Zeug zum Zauberer. Er spielt punktgenaue Pässe aus dem Fußgelenk und war beim Pokalspiel in Frankfurt wie nun in Bochum Vorbereiter und Vollstrecker. "Er hilft unserem Spiel mit seinen Ideen und seiner Qualität weiter", weiß Frontzeck.

Nun ist der 45-Jährige weit davon entfernt, weder die starke erste noch die wacklige zweite Halbzeit in Bochum als Maßstab zu nehmen. "Für diesen frühen Zeitpunkt sind wir spielerisch sehr weit. Aber es gibt noch genug, woran wir arbeiten müssen", sagt der Trainer.

Dass ihm mit Logan Bailly, Filip Daems und Rob Friend wichtige Spieler fehlen und mit Dante, der in Bochum Rot sah, eine weitere Stammkraft ausfallen wird, mag er nicht ständig erwähnen. "Wir können das kompensieren", sagt er und wurde durch den Auftritt in Bochum bestätigt. Zu zehnt verteidigten die Gladbacher immerhin den einen Punkt. "Eine Niederlage wäre nach dem 3:0 auch eine Katastrophe gewesen", weiß Frontzeck. Sportlich, vor allem aber mental.

Ein eindeutiger Sieg indes hätte vielleicht auch zu Irritationen geführt. Ein 4:0 oder gar 5:0, die damit einhergehende Tabellenführung — all das hätte vermutlich Flausen in so manchen Kopf gesetzt. Das letzte Mal, als Borussia nach Spieltag eins Erster war, 1998 nach einem 3:0 gegen Schalke, stieg sie ab. Das Spiel in Bochum lud zum Träumen ein, erdete mögliche Traumtänzer aber gleich wieder rigoros. Darum wird es dem bekennenden Realisten Michael Frontzeck wohl keine weiteren schlaflosen Nächte bereiten.

(RP)
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