Ur-Borusse und Ex-Bundestrainer Berti Vogts fordert bessere Trainer-Ausbildung beim DFB

Mönchengladbach · Der frühere Bundestrainer und Rekord-Gladbacher Berti Vogts sorgt sich um den Zustand des deutschen Fußballs: „Er stagniert seit Jahren“, sagte er. Wo der 75-Jährige „mehr als an der Sporthochschule in Köln“ gelernt hat.

Berti Vogts war von 1990 bis 1998 Bundestrainer.

Berti Vogts war von 1990 bis 1998 Bundestrainer.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Berti Vogts sorgt sich um den deutschen Fußball. „Es geht in eine falsche Richtung“, warnt der 75-Jährige. „Es gibt nicht so viele herausragende Talente bei uns, wie wir glauben, darum müssen wir uns umso mehr um sie kümmern. Wenn ein Klub eine Akademie hat, muss man schauen: Wer ist der Trainer? Wie ist das Umfeld? Die jungen Spieler müssen betreut werden in ihrer Entwicklung – und zwar nicht von den Beratern. Die Klubs müssen Spieler ausbilden und ihre Talente fördern und nicht alle gleichmachen. Das ist wichtig, aber auch schwer für die Trainer“, sagte der frühere Bundestrainer, der Deutschland 1996 zum Europameister-Titel geführt hat, unserer Redaktion.

Ein besonderes Augenmerk würde Vogts, der lange selbst Nachwuchstrainer beim DFB war, daher auf die Trainerausbildung im Nachwuchsbereich legen. „Einen erfolgreichen Jugendtrainer messe ich nicht an Titeln. Wenn er einen Titel holt, ist das schön. Aber die Talentförderung muss im Vordergrund stehen. Wenn es einem Jugendtrainer nur um Titel geht, muss ich ihn entlassen. Wenn ein, zwei, drei oder vier Talente es schaffen, ist das klasse, das ist ein Titel für einen Nachwuchscoach. Aber es müssen auch Topspieler sein“, sagte Vogts. Weil das aber so selten gelinge, müssten die Klubs Spieler aus dem Ausland zukaufen, die dann die Kaderplätze besetzen, die für eigene Talente da sein sollten.

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Vogts schlägt den deutschen Trainern vor, ihren Fokus zu erweitern und zwischenzeitlich Erfahrungen im Ausland zu sammeln. „Der deutsche Fußball kocht im eigenen Saft. Früher gehörten Hospitationen in der französischen Akademie in Sochaux zur Trainerausbildung. Ich selbst war als junger Trainer einige Wochen bei Giovanni Trapattoni und sechs Wochen bei Alex Ferguson bei Manchester United. Ich habe so viel gelernt, mehr als an der Sporthochschule in Köln“, sagte Vogts.

Er würde auch den Trainern aus den Nachwuchsleistungszentren solche Fußball-Bildungsreisen empfehlen, um den Horizont zu erweitern und Trends nicht zu verpassen: „Warum sollten ein talentierter U17-Trainer wie Eugen Polanski in Gladbach nicht mal ein paar Wochen bei einem Klub der Premier League oder in La Liga hospitieren und sich dort alles anschauen? Der Fußball in Spanien, in Frankreich, in England hat jeweils seine eigenen Merkmale, die es sich lohnt anzuschauen. Man kann immer etwas mitnehmen“, sagt Vogts.  „Man sollte die Auslands-Zeit in der Trainerausbildung fest verankern.“

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Foto: dpa, nic

Die Manager der Klubs sieht Vogts dabei in der Pflicht. „Gerade Klubs wie Borussia Mönchengladbach müssen gute Kontakte ins Ausland haben, um neuen Input zu bekommen und frühzeitig neue Talente zu finden. Das erwarte ich auch vom neuen Sportdirektor Roland Virkus“, sagt Vogts, der Gladbachs Rekordspieler ist.

Wichtig sei auch der regelmäßige Austausch der Bundesliga-Trainer untereinander und mit Bundestrainer Hansi Flick. „Früher war das alle sechs Monate Pflicht, ist aber bei Joachim Löw zuletzt eingeschlafen. Man kann über einzelne Spieler sprechen, über das Programm der Nachwuchszentren, über die Pläne des DFB um etwas voranzubringen“, sagte Vogts. Sein Gesamt-Fazit: „Leider stagnieren wird seit Jahren.“ Auch von der anstehenden WM erwartet Vogts nicht viel. „Ich weiß nicht, ob wir die Qualität für Großes haben. Andere Nationen haben uns im Moment viel voraus“, sagt er.

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