Jörg Jung "Es geht auf dem Platz um jeden Zentimeter"

Mönchengladbach · Jörg Jung, Ex-Borusse und Geschäftsführer der Weisweiler Elf spricht über seine kuriose Statistik und Europapokal-Abende gegen britische Teams.

 Jörg Jung spielte häufiger im Europapokal für die Borussia, als in der Bundesliga.

Jörg Jung spielte häufiger im Europapokal für die Borussia, als in der Bundesliga.

Foto: Karsten Kellermann

Herr Jung, Sie sind ein statistisches Kuriosum. Sie haben mehr Einsätze im Europapokal als in der Bundesliga für Borussia gehabt.

Jung (lacht) Ich glaube sogar, das ist in der Bundesliga einmalig. Aber die Fallzahl ist ja klein: Einmal Bundesliga und zweimal Europapokal. Aber immerhin: Das nimmt mir keiner, damit stehe ich in den Geschichtsbüchern.

Was ist besser: Bundesliga oder Europapokal?

Jung So richtig kann ich da ja nicht mitreden bei so wenigen Spielen. Heute ist sicherlich im Vergleich zu damals in der Bundesliga weit mehr los, selbst Borussia hatte in ihren besten Zeiten, in den 70ern, einen Schnitt von 20.000 Zuschauer, heute sind es, egal wo in der Liga, 40.000 oder 50.000. Die Europapokalspiele waren für uns immer Festtage.

Was ist das Besondere an Europapokal-Nächten?

Jung Europapokal auf dem Bökelberg war einfach toll: volle Ränge, Flutlicht, mehr geht wohl nicht für einen Fußballer. Zudem waren es in beiden Fällen schottische Mannschaften, gegen die ich zum Einsatz kam. Erst im Uefa-Cup-Viertelfinale die Glasgow Rangers und dann im Halbfinale Dundee United. Es war das letzte Jahr unter Jupp Heynckes damals. Wir haben eine Riesenserie in der Bundesliga gespielt, waren im Halbfinale des DFB-Pokals und dann kamen die Europapokalspiele. Es wäre natürlich ein Traum gewesen, ins Finale zu kommen - aber das haben wir leider knapp verpasst.

Mit einem 0:2 gegen Dundee, nachdem das Hinspiel auf der Insel 0:0 ausgegangen und die Ausgangslage somit gut war.

Jung Dafür hatten wir gegen Glasgow 1:1 dort gespielt und sind dann mit einem 0:0 zu Hause weitergekommen. Da war schon abzusehen, dass ein 0:0 auswärts Gefahren birgt. Gegen Dundee haben wir es dann am eigenen Leib zu spüren bekommen. Es war schon ärgerlich.

Damals waren die Zeiten anders. Aber wie ist es gegen britische Teams zu spielen?

Jung Kampf, Fight, Zweikämpfe, das macht sicherlich den britischen Fußball, insbesondere den schottischen aus. Es geht auf dem Platz um jeden Zentimeter. Allerdings hat sich der Fußball auf der Insel wohl in den vergangenen Jahren verändert, vor allem bei Klubs wie Borussias Gegner Manchester City. Da spielen viele Spieler auf dem Ausland, das verändert das Spiel und daher ist der Fußball auf der Insel sicherlich ein anderer als damals.

Borussia hat sich aber auch verändert in den letzten Jahren.

Jung Das kann man so sagen. Und darüber freuen wir uns alle sehr. Es wird ein richtig schöner, technisch gepflegter und hochwertiger Fußball mit vielen Toren gespielt. Wir hoffen, dass es die Borussen am Dienstag in Manchester auch umsetzen können.

Neben Manchester City sind der FC Barcelona und Celtic Glasgow in der Gladbacher Gruppe.

Jung Wenn man sich vorher hätte aussuchen können, gegen wen man spielen will, hätte ich die Gruppe wohl genau so zusammengestellt. Besser geht es nicht. Barcelona oder Madrid wünscht sich jeder, ein englisches Team auch. Und dann hofft man auf ein Team, mit dem man auf Augenhöhe sein kann - und das sehe ich hier bei Glasgow. Mit viel, viel Glück und einer Topleistung kann Borussia sogar Platz zwei erreichen. Mindestens aber den dritten Platz, der, da lege ich mich mal fest, eigentlich drin sein sollte.

Dazu müsste sich Borussia wohl gegen Celtic durchsetzen. Zu Ihrer Zeit waren es die Rangers - aber vermutlich werden Sie sich noch an die Stimmung dort erinnern. Was erwartet die Borussen beim Spiel in Schottland?

Jung Wir waren gut eine Dreiviertelstunde vor dem Spiel im Stadion, da war noch keiner da. Als wir dann zum Warmlaufen rausgingen, war die Bude rappelvoll. Es war eine Wahnsinns-Atmosphäre, unglaublich. Schon zu jener Zeit gab es auf der Insel keine Trenngitter zur Tribüne, anders als in Deutschland. Man konnte den Zuschauern quasi die Hand geben. Ich bin mir sicher, dass das Spiel bei Celtic stimmungstechnisch seinesgleichen suchen wird, vielleicht wird es, was das angeht, sogar das beste der drei Spiele. Auch in Barcelona und Manchester wird gut etwas los sein, aber ich glaube, die Schotten sind noch mal ganz anders drauf.

KARSTEN KELLERMANN SPRACH MIT JÖRG JUNG (50).

(RP)
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