Borussia Mönchengladbach Eine ganz, ganz reife Leistung

Mönchengladbach · Borussia hat zum zweiten Mal bei den Bayern gewonnen, seit Lucien Favre Trainer ist. Das 1:0 im August 2011 kam unter recht glücklichen Umständen zustande, es war eine Sensation. Das war es dieses Mal nicht. Borussia hat ein Team, das ganz hohen Ansprüchen genügen kann.

Borussia Mönchengladbach beim FC Bayern München: Einzelkritik
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Bayern - Borussia: die Einzelkritik

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Es geschah am 22. März 1997. Damals siegte Borussia 3:1 bei der Namenscousine in Dortmund. Seitdem schaffte es kein Gladbacher Team, einen aktuellen Tabellenführer und amtierenden Meister in dessen eigenen Stadion zu bezwingen. Bis Sonntag. Auf den Tag genau 18 Jahre nach dem Triumph in Dortmund gab es das grandiose 2:0 beim FC Bayern München.

Borussia Mönchengladbach feiert Sieg beim FC Bayern München
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Borussia feiert Sieg mit Fans in München

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Foto: dpa, geb hak

Der 22. März 2015 geht also in Borussias Vereinsgeschichte ein. Wie der 14. Oktober 1995, als es den überhaupt ersten Sieg bei den Bayern gab. Und der 7. August 2011, als es zum zweiten Mal passierte. Dass Lucien Favre schon damals Trainer war, verschafft ihm einen gefühlt uneinholbaren Rekord unter allen Gladbach-Trainern: Die meisten schafften gar keinen Sieg bei den Bayern, Bernd Krauss einen und Favre hat nun zwei beisammen.

1323 Tage liegen zwischen beiden Favre-Erfolgen beim Rekordmeister. Und viele Borussen, die nun am 2:0 mittaten, waren schon damals dabei. Wie damals war eine großartige Defensivleistung die Basis für den Erfolg. Doch es war eine ganz andere Art von Sieg, nicht emotional, da ist jeder "Dreier" bei den Bayern gleich, aber qualitativ und fußballerisch.

Manuel Neuer und seine Patzer gegen Borussia Mönchengladbach
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Neuers Patzer gegen Gladbach

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2011 kam der Sieg unter recht glücklichen Umständen zustande. Die Gladbacher hatten einen Marc-André ter Stegen im Tor, der an diesem Tag mindestens 1000 Hände hatte, ebenso viele Beine hatte Abwehrchef Martin Stranzl, die Bayern trafen zudem noch Latte und Pfosten - und vorn erzielte Igor de Camargo ein Tor aus heiterem Himmel. Er verlängerte den langen Ball von Roel Brouwers, der halb Befreiungsschlag, halb gewollter Pass war, mit dem Hinterkopf über den deplatzierten Manuel Neuer hinweg ins Bayern-Tor. Es war eine reine Abwehrschlacht. Borussia reiste damals als Fast-Absteiger der Vorsaison nach München, zudem am ersten Spieltag der damaligen Saison, einem Zeitpunkt also, zu dem man gern gegen die Bayern spielt, weil sie noch in der Findungsphase sind.

Das Bayern-Team jener Tage war auch nur die Vorstufe dessen, was die Münchner nun beisammen haben: nachweislich die beste Mannschaft der Welt. Die hatte zuvor in neun Spielen 36 Tore erzielt, 20 davon in den letzten vier Heimspielen. Schwindelerregende Zahlen waren das, doch sie machten den Borussen keine Angst, auch wenn es in der Anfangsphase so ausschaute. Lucien Favre hatte einen Plan ausgeklügelt und dieser Plan ging voll auf: Dieses 2:0 war eine taktische Meisterleistung. Wenn man das Europa-League-Aus gegen den FC Sevilla als verpasste Reifeprüfung einsortiert, so war der Sieg beim Meister aller Klassen eine ganz reife Leistung vom Trainer und der Mannschaft.

FC Bayern München verliert gegen Borussia Mönchengladbach 0:2
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Eine der Symbolfiguren dieser gesamtmannschaftlichen Großtat war der Mittelstürmer-Probant André Hahn, der wie ein Wilder rannte, um als erster Abwehrmann den Bayern die Spielräume zuzustellen: Xabi Alonso, das Hirn des Bayernspiels, brachte keine brauchbaren Ideen hervor, weil es kaum sinnvolle Passwege gab. Borussia ließ die Bayern ganz einfach nicht ins Spiel kommen.

Was als Einfallslosigkeit der Bayern daherkam, war letztlich Produkt der harten Arbeit des Gegners: Die Borussen liefen in der Summe fast 128 Kilometer, das ist ein Wert deutlich über dem Durchschnitt, und sie entschieden 60 Prozent aller Zweikämpfe für sich. So wurde der hohe Ballbesitzanteil der Bayern (68 Prozent) zum Selbstzweck, echte Chancen der vermeintlichen Übermacht ließen die Borussen genau genommen keine zu. Dass sie nebenbei selbst spielerisch einiges zu bieten hatten, kam hinzu.

Wie es geht gegen die Bayern, das hatten die Gladbacher schon beim 0:0 im Hinspiel geprobt. Nun in der Allianz-Arena waren sie unglaublich effektiv: Vier Torschussversuche brachten zwei Tore, einer landete noch am Pfosten. Dass Manuel Neuer, der im Hinspiel noch die Bayern-Niederlage verhinderte, bei beiden Raffael-Treffern nicht gut bis sehr schlecht aussah, war der Faktor Glück an diesem Tag. Den indes haben sich die Borussen verdient.

In den 1323 Tagen, die zwischen Favres Siegen in München liegen, hat sich Gladbach gewaltig entwickelt. 2011 war das 1:0 eine Sensation. Das 2:0 am Sonntag war es nicht. Es war hoch verdient und eine Bestätigung dessen, was die Saison bisher gezeigt hat: Borussia hat ein Team beisammen, das ganz hohen Ansprüchen gerecht werden kann. Einer der höchsten im Gegenwartsfußball ist, bei den Bayern zu gewinnen. Der Sieg in München war ein Ausrufezeichen.

(RP)
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