Borussia Mönchengladbach Eberl: "Thorgan Hazard ist vorn vielseitig einsetzbar"

Viersen · Borussias Sportdirektor Max Eberl spricht im Interview mit unserer Redaktion über die anstehende Verpflichtung des Belgiers Thorgan Hazard, die Situation von Luuk de Jong und die Qualitäten des Kaders.

 Borussias Sportdirektor Max Eberl.

Borussias Sportdirektor Max Eberl.

Foto: RPO, Dieter Wiechmann

Herr Eberl, wie gefällt Ihnen die Fußball-Weltmeisterschaft bisher'?

Eberl Ich finde, es ist ein sehr schönes Turnier, die Stimmung kommt gut rüber. Ich hoffe, dass das Land von der WM auch profitieren wird. Natürlich wurde viel Geld investiert, aber hoffentlich bleibt im Land etwas hängen. Man sieht, wie fröhlich alles ist, wie viel Spaß die Leute haben, dann macht das Freude.

Welche Erkenntnisse nimmt der Sportdirektor von der WM mit?

Eberl Man sieht bei der WM, dass das Spiel wieder körperlicher geworden ist und Schnelligkeit ein großes Thema ist. Ballbesitz wird weniger groß geschrieben, schnelles Umschalten, gutes Stehen und schnelle Kombinationen nach vorne sind gewinnbringender. Schnelles Denken, schnelles Handeln und schnelles Laufen sind wichtig geworden. Und auch Distanzschüsse sind wieder ein adäquates Mittel.

Christoph Kramer wird auf jeden Fall als aktiver WM-Spieler zurückkehren. Wie wichtig ist die Erfahrung in Brasilien für ihn?

Eberl Für ihn ist es unglaublich schön, seinen Teil dazu beigetragen zu haben, dass die deutsche Mannschaft am Freitag im Viertelfinale gegen Frankreich steht, auch wenn es nur ein kleiner Teil ist. Was er erlebt, ist ja wie ein Märchen. Vor einem Jahr hat er noch mit Bochum gegen den Abstieg in die Dritte Liga gespielt, dann wurde er Stammspieler bei einem ambitionierten Bundeslisten und steht jetzt mit dem DFB-Team im WM-Viertelfinale - schöner kann man es nicht malen.

Berti Vogts hat Ihnen zum Einkauf von Fabian Johnson gratuliert. Wie hat Johnson Ihnen bei der WM gefallen?

Eberl Ich habe nicht jedes Spiel der Amerikaner gesehen. Aber das, was ich gesehen habe, vor allem im Spiel gegen Portugal, hat mir sehr gefallen. Er ist eine Bereicherung unseres Kaders. Er hat viel Schnelligkeit und großen Offensivdrang. Das ist seine große Stärke. Dass er nach hinten noch anfällig ist, wissen wir. Aber wir haben einen guten Spieler dazu gewonnen, der auf verschiedenen Positionen spielen kann.

Rechnen sie mit der Rückkehr von Granit Xhaka? Er scheint ja andere Pläne zu haben.

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Eberl (grinst) Ich habe die Geschichte nur medial verfolgt. Bei uns war das nie ein Thema. Für mich zählt nur, was wir besprochen haben. Vor der WM haben wir uns noch mal mit Granit, seinem Vater und seinem Berater zusammengesetzt und da war der einhellige Tenor, dass er nach der WM zurückkommt. Er will das, was er in der Hinrunde der Vorsaison gezeigt hat, über die gesamte Spielzeit hinkriegen. Wir wissen, dass er viel Qualität hat.

Es werden viele Namen gehandelt von Spielern, die noch geholt werden, vor allem für die Offensive. Wie ist der Stand der Dinge?

Eberl Ich habe immer gesagt, dass wir mit Luuk de Jong einen Rückkehrer haben und mit Peniel Mlapa einen unzufriedenen Spieler — die aber bei uns eine faire Chance bekommen werden. Das ist keine Masche, um einen Preis hochzutreiben, sondern unsere ehrliche Meinung. Luuk hat die Chance, in den Kader zu kommen. Wir haben Spieler für die Außenbahnen verpflichtet, wo man sagen kann: Vielleicht gibt es eine neue Variante. Sollte es aber ein Angebot geben, bei dem man sagt, dass es passt, werden wir uns gemeinsam hinsetzen und entscheiden, was passiert. Dann könnten wir auch überlegen, etwas Neues zu tun.

Es passiert also nur etwas, wenn de Jong oder Mlapa gehen?

Eberl Wir werden noch einen Offensivspieler dazu nehmen, unabhängig von der Situation von Luuk de Jong und Peniel Mlapa. Das soll Thorgan Hazard sein. Wir tauschen gerade mit dem FC Chelsea die Verträge aus. Wir sind uns mit Thorgan einig, wir sind uns mit dem Klub einig und jetzt gilt es noch, die Verträge zu unterschreiben. Thorgan ist aber kein Zentrumsstürmer wie Luuk oder Peniel. Er ist vorn vielseitig einsetzbar, er kann als hängende Spitze und auf beiden offensiven Außenpositionen spielen. Die anderen Konsequenzen werden sich erst ergeben, wenn es einen Abgang gibt.

Passiert noch mehr?

Eberl Wir haben den Kader zu 95 Prozent stehen. Es geht um Feinheiten, aber wir müssen das in Ruhe abwarten, auch, weil wegen der WM momentan wenig Aktivitäten im Gange sind. Aber wir haben einen sehr guten Kader, mit dem wir schon jetzt erfolgreich spielen könnten.

Was ist mit Eric Maxim Choupo-Moting? Ist das Thema vom Tisch, wenn Hazard kommt?

Eberl Nein, das ist nicht vom Tisch. Aber das ist abhängig davon, was mit den anderen Stürmern passiert. Einen Kader zu haben, der unglaublich viele Alternativen bietet, aber auch viele Gefahren, unzufriedene Spieler zu haben, das ist nicht unser Ziel. Das haben wir in den vergangenen Jahren sehr gut gemeistert und werden das auch jetzt meistern. Wir haben sehr viel Qualität im Kader, eine gute Breite und eine ausreichende Tiefe. Darum müssen wir darauf achten, dass der Kader nicht zu sehr aufgebläht wird.

Welche Qualitäten hat Borussias neuer Kader und wie hat er sich verändert im Vergleich zur Vorsaison?

Eberl Wir haben noch immer einen jungen Kader mit einigen erfahrenen Leuten. Mit Juan Arango haben wir einen älteren Spieler verloren. Der Kader ist sehr laufstark und besitzt in der Summe viel Schnelligkeit und große Variabilität. Der Kader hat in der letzten Saison gezeigt, wozu er im optimalen Fall zu leisten in der Lage ist, hatte aber noch nicht die Stabilität, das über eine gesamte Saison durchzubringen. Allerdings ist das Team auch ein Jahr weiter und hat dazu gelernt und mit Johnson, Traore und Sommer drei Spieler im mittleren Alter dazu bekommen, die keine Greenhorns mehr sind. Das sollte uns mehr Stabilität geben. Das Ziel wird weiter sein, stabil in der Einstelligkeit zu bleiben.

In der Fernseh-Tabelle ist Borussia Fünfter. Was sagt das aus?

Eberl Vor allem, dass wir in den vergangenen Jahren erfolgreich waren. Wir waren im Schnitt Sechster. Es ist natürlich finanziell attraktiv, in der Fernseh-Tabelle stabil oben dabei zu sein. Es geht weiter darum, dass wir uns weiter entwickeln. Klar ist aber auch, und auch das hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt: Bei uns muss alles optimal laufen, um erfolgreich zu sein. Wenn es Formschwankungen und Verletzungen gibt, ist das noch immer so. Wir können nicht wie Bayern, Dortmund oder Schalke gleich den nächsten Topspieler bringen, sondern müssen kreativ sein und mit jungen Spielern agieren. Das Risiko haben wir immer noch - deswegen müssen wir, trotz aller Fantasie und allen Ehrgeizes, den wir natürlich haben, realistisch bleiben. Ganz sicher wird die Treppe jetzt nicht immer nur nach oben führen. Wir docken an fünf Vereine an, die wirtschaftlich ganz andere Möglichkeiten haben als wir. Ich habe versucht, das unseren Fans auf der Mitgliederversammlung zu erklären. Wir müssen realistisch sein, aber wir können trotzdem erfolgreich sein. Das haben die letzten drei Spielzeiten gezeigt.

Spannend ist, wie Lucien Favre das, was er von der WM mitgenommen hat, in seinen bisherigen Ansatz einbaut.

Eberl Wir haben in den vergangenen Jahren ja schon einiges erlebt. Platz vier haben wir mit Konterfußball erreicht, dann war es wie jetzt in den Achtelfinals der WM: etwas mühsamer. Und dann haben wir mit viel Ballbesitz gespielt. Jetzt muss man sehen, dass wir beide Ansätze vereinen. Aber Lucien Favre hat viele Ideen, an denen er nun arbeiten wird. Ich hoffe, dass die Spieler sie auf dem Platz umsetzen und wir wieder erfolgreich Fußball spielen werden.

KARSTEN KELLERMANN SPRACH MIT MAX EBERL.

(RP)
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