Borussia Mönchengladbach Christoph Kramer: von Nachbars Hof zur WM in Brasilien

Mönchengladbach · Früher flitzte Christoph Kramer im Trikot des Brasilianers Giovane Elber über den Rasen. Nun wird der 23-Jährige im Heimatland seines früheren Lieblingsstürmers das Highlight seiner jungen Fußballerkarriere erleben.

 Christoph Kramer bei seinem Länderspiel-Debüt gegen Polen.

Christoph Kramer bei seinem Länderspiel-Debüt gegen Polen.

Foto: afp, vel

Mit einem breiteren Grinsen wurden Gaby und Peter Kramer von ihrem Sohn wohl noch nie begrüßt. Ahnungslos begaben sich die Eltern des Borussia-Kickers, der gestern offiziell von Bundestrainer Joachim Löw in den finalen WM-Kader berufen wurde, auf den Weg nach Düsseldorf, um ihren Sohn in den vielleicht größten Stunden seiner jungen Fußballerkarriere ganz nah bei sich zu haben.

"Als er gesagt hat, dass er dabei ist, war die Freude natürlich groß - das ist Wahnsinn", sagt Peter Kramer, der noch am Vorabend nichts von der WM-Teilnahme seines Sohnes wusste - genauso wenig wie Christoph Kramer selbst. Noch sind die letzten die Eindrücke des sympathischen Ehepaars viel zu frisch, um die aktuelle Situation begreifen zu können. Gekickt wird zwar schon lange nicht mehr auf dem Grün des heimischen Gartens im beschaulichen Meigen, doch auf gewisse Art und Weise ist alles noch genauso wie damals, als der stets ehrgeizige Christoph stolz nach Hause kam, wenn er ein Tor für den BV Gräfrath erzielte. Damals war der Weg zur unermüdlichen "Pferdelunge", ein Spitzname, den er aufgrund seiner Laufstärke erhielt, noch nicht abzusehen.

Zwar zog er bereits als Kind im Mittelfeld seine Kreise, doch wie viele Nachwuchs-Kicker betrat er den Rasen, um vom süßen Nektar des eigenen Torerfolgs zu kosten. "Er hatte damals noch einen verstärkten Offensivdrang", erinnert sich Monika Heindrich, die Christoph Kramer im Alter von viereinhalb Jahren auf dem Sportplatz am Flockertsholzer Weg in die Fußballschuhe half und ihn bei den Bambini und der F-Jugend des BV Gräfrath trainierte. Eine Zeit, in der Kramers größten sportlichen Erfolge darin bestanden, beim Solinger "Klingenlauf" Aufsehen zu erregen, den er im Alter von sechs Jahren gewann. Ein Läufer war er schon immer.

Jahre später spielt sich alles in viel größeren Dimensionen ab. Aus dem talentierten Kicker wurde ein gestandener Bundesligaprofi, aus dem Bundesligaprofi wurde ein Nationalspieler - aus dem Nationalspieler wird ein Weltmeister? Bei diesem Tempo muss auch ein Marathon-Mann wie er mal durchatmen können, doch Zeit, sich über die Nominierung in den 23er-Kader zu freuen, wird Kramer in den nächsten Tagen keine haben. Schließlich rückt der Anpfiff des Spiels gegen Portugal immer näher. "Die Uhr tickt", wie der Bundestrainer bereits vor Monaten mahnte. Kramer hat wohl erkannt, dass es "Wackelkandidaten" gibt und seine vor wenigen Wochen noch Minimal-Chance genutzt.

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Die Uhren in seiner Heimatstadt wird Kramer wohl erst nach dem Turnier in Brasilien wieder ticken hören. "Eigentlich dachte ich, wir hätten ihn noch ein paar Tage bei uns", sagt sein Vater, doch am Donnerstag geht es in Richtung Mainz, wo Deutschlands Fußball-Elite ein Benefizspiel bestreiten wird. Eine Verabschiedung wie vor der Reise zum Trainingslager in Südtirol wird somit wohl ausfallen. "Da haben meine Frau und ich ihn noch zum Bahnhof gefahren", erinnert sich Peter Kramer schmunzelnd. Manche Dinge ändern sich eben nie.

(RP)
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