Borussia Mönchengladbach Champions League ist für Gladbach im Normalfall utopisch

Mönchengladbach · Lucien Favre geht in seine fünfte Spielzeit als Mönchengladbacher Trainer. In dieser will sich die Fohlenelf in der oberen Hälfte der Bundesliga behaupten und in DFB-Pokal und Europa League längere Aufenthalte bewerkstelligen.

Über Eintönigkeit kann sich Lucien Favre nicht beklagen. Seit er im Februar 2011 den Trainerposten bei Borussia Mönchengladbach übernahm, wechselten Aufgabenstellung und Voraussetzungen mit jeder Saison. Fünfmal also schon. In seiner ersten Rückrunde war es zunächst nur darum gegangen, mit den Fohlen die Klasse zu halten. Im Jahr danach gelang der fulminante Sprung auf Rang vier. Diesen Höhenflug samt Europapokal-Rückkehr möglichst weich aufzufangen, stand 2012/2013 auf dem Plan, und in der vergangenen Spielzeit erfolgte der erneute, erfolgreiche Angriff auf die vorderen sechs Plätze. Nun ist die Lage mal wieder eine andere: Borussia will sich in den angenehmeren Gefilden der Liga stabilisieren.

"Man muss sich jedes Mal aufs Neue beweisen", sagte Favre im Interview mit unserer Redaktion. Er lässt nicht locker, darauf zu verweisen, dass Meriten aus der — selbst jüngeren — Vergangenheit in der Bundesliga wenig wert sind. Wieder an die Europapokalplätze heranzurücken, ist aus seiner Sicht das eine, sich dort über einen längeren Zeitraum zu behaupten, eine andere, ungleich schwierigere Aufgabe. Die Luft dort oben ist dünn, denn auch hinter den Branchenführern vom FC Bayern und dem BVB verfügt die Konkurrenz über üppigere Finanzmittel und Kader, die seit Jahren auf das Ziel Bundesligaspitzengruppe ausgerichtet sind. Ein weiteres Vorstoßen in Richtung Champions-League-Plätze bleibt daher für Borussia trotz des Aufschwungs der vergangenen Jahre im Normalfall utopisch.

Gladbach investiert in die Flügel

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Für Gladbach geht es darum, das Niveau der Vorsaison, sprich Platz sechs, bestätigen zu können, und deswegen haben sie den Kader im Sommer zielgerichtet verändert. Für Torhüter Marc-André ter Stegen, der für zwölf Millionen Euro zum FC Barcelona gewechselt ist, holte man den Schweizer Yann Sommer (25) vom FC Basel. Statt Kunstschütze Juan Arango (ging nach Tijuana, Mexiko) soll nun Ibrahima Traoré (26) vom VfB Stuttgart die linke Seite bearbeiten. Auf dem rechten Flügel sicherte sich Sportdirektor Max Eberl die Dienste von Augsburgs Senkrechtstarter André Hahn (24), bevor andere Klubs sich um ihn intensiv bemühten.

Der vielseitige Fabian Johnson (26), WM-Teilnehmer für die USA, kam aus Hoffenheim, und im Belgier Thorgan Hazard (21) fand ein Offensivtalent zur Borussia, das auch Schalke und Wolfsburg gerne verpflichtet hätten. Parallel dazu richtet der Klub konsequent den Fokus auf die Förderung eigener Talente. Erst in der Vorwoche eröffnete Borussia auf 1600 Quadratmetern das neue Zuhause der Nachwuchsabteilung, aus der Mo Dahoud (18, Mittelfeld) und Marvin Schulz (19, Abwehr) zuletzt den Sprung in den Profikader schafften.

Mit diesem Mehr an Quantität und Qualität ist man im Borussia-Park überzeugt, die Dreifachbelastung aus Ligaalltag, DFB-Pokal und Europa-League bewältigen zu können. Der Auftakt gelang schon mal mit dem 3:1-Pokalsieg bei Regionalligist Homburg. "Wir sind sehr froh, dass wir dort gut gestartet sind, dass wir die erste Runde überstanden haben, wo andere Kollegen von mir jetzt ein Ausscheiden erklären müssen", sagte Eberl. Nun wartet am Donnerstagabend Aufgabe Nummer zwei, das Hinspiel in den Europa-League-Play-offs beim FK Sarajewo. Der Gast aus Deutschland ist Favorit, und so soll der Gegner aus Bosnien auch nur ein Schritt auf dem Weg in die Gruppenphase des Wettbewerbs sein. "Auch wenn wir mit anderen Zielen etwas defensiver umgehen, ist doch in diesem Fall sehr klar, dass das unser Ziel ist", sagte Eberl.

Er weiß aus der Teilnahme vor zwei Jahren, dass der mancherorts ungeliebte Nachfolger des Uefa-Cups in Mönchengladbach funktioniert — sportlich wie wirtschaftlich. Die Heimspiele sind lukrativ, weil sie die Fans in Massen anziehen, und bei den Auswärtspartien folgt Borussia der Lindwurm an Anhängern zu Tausenden. "Wir haben unheimlich gute Erfahrungen in der Europa League gemacht und viel Freude gehabt", sagte Eberl.

In den Augen manches Konkurrenten ist Borussia schon jetzt wieder ein etablierter Kandidat für die Europacup-Plätze. In Gladbach selbst wollen sie sich genau das in dieser Saison erst noch beweisen.

(RP)
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