Heinz-Jürgen Gruhn Ein Dortmunder, der auch gönnen kann

Mönchengladbach · Heinz-Jürgen Gruhn ist seit 32 Jahren Gladbacher, als Fußballfan aber Dortmunder geblieben. Sein Tipp für das Spiel am Samstag: 2:2.

 Heinz-Jürgen Gruhn lebt seit 41 Jahren in Mönchengladbach — und drückt noch viel länger der Borussia aus Dortmund die Daumen.

Heinz-Jürgen Gruhn lebt seit 41 Jahren in Mönchengladbach — und drückt noch viel länger der Borussia aus Dortmund die Daumen.

Foto: Georg Amend

Heinz-Jürgen Gruhn ist ein "Schwarz-Gelber". Daraus hat der Fan Borussia Dortmunds nie einen Hehl gemacht — auch nicht in der Nordkurve des Bökelberg-Stadions in Gladbach. "Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der immer wieder im Dortmunder Trikot über die Nordkurve gelaufen ist." Ungestraft, versteht sich. "Das wussten aber auch alle", sagt Gruhn. "Das Gladbacher Fanprojekt hat mir sogar ein Baseball-Cap geschenkt, wo vorne ,Jürgen‘ drauf stand und hinten ,der Dortmunder‘."

Als er 1976 das erste Mal "in die gelobte Stadt" Mönchengladbach kam, legte der Diakon "einen heiligen Schwur ab: nie Mönchengladbach und nie Hephata". Inzwischen wohnt er seit 32 Jahren in der Vitusstadt und arbeitet ebenso lange für die genannte Stiftung, wo er sich hauptsächlich um autistisch geprägte Menschen kümmert. Inzwischen hegt er nicht mehr nur Sympathien für die westfälische Borussia, sondern auch für den VfL, bei dem er nebenbei rund 20 Jahre im Ausschank des zentralen Bierpavillons am Bökelberg schuftete: "Ich habe da mehr Bier gezapft als so mancher Kneipenwirt in seinem Leben." In der Regel war die Nordkurve sein Platz — außer bei Spielen gegen den BVB. "Da war ich dann im schwarz-gelben Ornat auf der Südkurve. Da fühlten sich die Dortmunder wie zu Hause, und es hat nie Probleme gegeben." Geboren wurde Gruhn in Soest — und das auch noch 1956, im Jahr der ersten Deutschen Meisterschaft der Dortmunder.

Richtig los sei es mit dem Fan-Sein dann 1962 gegangen, als die Westfalen die letzte Deutsche Meisterschaft vor Einführung der Bundesliga holten. "Und richtig geknallt hat es 1966, als Borussia der erste deutsche Europapokalsieger wurde. Auf die hatte im Endspiel gegen den FC Liverpool doch keiner einen Pfifferling gesetzt. Doch dann kam Stan Libuda. Der hat so einen Scheiß gespielt, aber dann machte er das 2:1", erinnert sich Gruhn. knallt hat es 1966, als Borussia der erste deutsche Europapokalsieger wurde. Auf die hatte im Endspiel gegen den FC Liverpool doch keiner einen Pfifferling gesetzt. Doch dann kam Stan Libuda. Der hat so einen Scheiß gespielt, aber dann machte er das 2:1", erinnert sich Gruhn.

Live-Spiele waren damals im Fernsehen nicht die Regel, die Partien wurden zeitversetzt spät in der Nacht gezeigt. "Mein Papa Erich hat mich dann geweckt: ,Die Borussia spielt gleich!‘" Zwar sei der Vater nicht der große Stadiongänger gewesen, doch mit dem Küster des Ortes ging es erstmals live zu den Partien. "So habe ich im Stadion Rothe Erde gestanden und bin im Heiligen Block 13 auf der Süd des Westfalenstadions groß geworden."

Doch schnell kam auch eine tiefe Sympathie für die rheinische Borussia hinzu, zunächst weil dort Hartwig Bleidick aktiv war: ein gebürtiger Soester und aus demselben Fußballverein wie Gruhn stammend. "Ich habe früh Mönchengladbach wohlwollend in mein Herz geschlossen — Bayern ging schließlich gar nicht", sagt der 60-Jährige bestimmt. "Als Dortmund dann in die Zweite Liga abgestiegen ist, haben wir immer noch die Fohlen in der Ersten Liga am Laufen gehabt. Und als Dortmund wieder aufstieg, war das der Urknall."

Geschadet hat es der doppelten Liebes-Beziehung zu den Klubs nicht: "Dortmunder und Gladbacher waren sich eigentlich immer einig — vor allem, wenn es gegen Schalke oder Köln ging", sagt Gruhn lachend, der für sich reklamiert, die Liedzeile im Karnevalssong "Kölle Alaaf" in "und Köln steigt ab!" umgedichtet zu haben. Musikalisch hat Gruhn noch eine Verbindung zu Gladbach: "Ich spiele ab und an noch auf dem Schlagzeug, das ich Jörgen Pettersson abgekauft habe, als er von Gladbach nach Kaiserslautern gewechselt ist", berichtet der 60-Jährige mit Blick auf das Schlagzeug der Serie "Pearl Export", das vom ehemaligen schwedischen Stürmer natürlich in Borussia-Grün abgegeben worden war.

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Klubs hat Gruhn auch ausgemacht: "Was ich an beiden Vereinen schätze, ist Demut", sagt der Diakon. "Bei Gladbach war das eine Zeit lang verloren, aber mit Lucien Favre als Trainer ist das wieder zurückgekehrt. NRW ist von Arbeit geprägt, man bekommt hier nichts geschenkt. Da ist nicht verkehrt, etwas Demut und geerdet zu bleiben, zu wissen, woher man kommt. Das finde ich bei beiden Vereinen gut." Wenn nun wie heute beide Borussias aufeinandertreffen, schlägt Gruhns Herz zwar "eher für Dortmund, aber ich kann auch gönnen". Sein Tipp ist ein Unentschieden, denn: "Gegen Borussia verlieren kann Dortmund, das hat es schon bewiesen. Der BVB kann aber auch kontern. Darum sage ich 2:2. In jedem Fall wünsche ich mir ein Pokalfi nale der beiden gegeneinander, und wer dann gewinnt, ist egal."

(ame)
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