Mönchengladbach Borussia zahlt städtische Darlehen sofort zurück

Mönchengladbach · 50,6 Millionen Euro überweist der Klub an die Stadt - löst in der Kämmerei und der Politik damit aber keine ungeteilte Freude aus.

Mönchengladbach: Borussia zahlt städtische Darlehen sofort zurück
Foto: Theo Titz

Es ist ein Paukenschlag - und zugleich der Schlusspunkt einer Phase, die nicht frei von Misstönen gewesen ist: Borussia hat mit Wirkung zu gestern die ihr von der Stadt gewährten Darlehen inklusive aufgelaufener Zinsen in Höhe von 50,6 Millionen Euro vollständig abgelöst. Ursprünglich hatte die Summe ab 2018 und dann sukzessive bis 2036 zurückgezahlt werden sollen. Möglich gemacht habe die Rückzahlung eine Umschuldung, wie der Verein mitteilte. Dabei flössen 2,6 Millionen Euro aus Eigenmitteln, 48 Millionen Euro würden über zwei Darlehen von jeweils 24 Millionen Euro mit der Postbank und der Stadtsparkasse finanziert. "Für Borussia bedeutet dies eine Verkürzung der Darlehenslaufzeit und eine Zinsersparnis", sagte Geschäftsführer Stephan Schippers. "Damit ist auf dem Weg zur vollständigen Tilgung der Stadionfinanzierung bereits ein großer Schritt getan."

Und für die Stadt? Zum einen 50,6 Millionen Euro, die plötzlich zusätzlich zur Verfügung stehen. Aber auch das Wegfallen von Zinserlösen, die die Kämmerei bis 2036 eigentlich fest eingeplant hatte. "Da wir unsere langfristig festgeschriebene Refinanzierung nicht einfach der aktuell günstigeren Zinssituation anpassen können, wirkt sich die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens rein haushaltsmäßig für uns negativ aus", sagt Kämmerer Bernd Kuckels denn auch. Aufgrund der langfristigen Rückführungsmodalitäten des Darlehens bis 2036 könne man die vorzeitige Ablösung "dennoch begrüßen, da langfristige Darlehen ungeachtet der grundsätzlich sehr soliden und aktuell sehr positiven wirtschaftlichen Situation des Vereins natürlich immer auch ein gewisses Risiko darstellen."

Borussia hatte 2002 für den Bau des Stadions ein Konsortial-Bankdarlehen aufgenommen. Die Restschuld in Höhe von rund zwei Millionen Euro löste der Klub gestern vollständig ab. Das Darlehen belief sich einst auf insgesamt 43,5 Millionen Euro. Zum selben Zweck hatte Borussia bei der Stadt zwei Darlehen in Höhe von 35,8 Millionen Euro aufgenommen - 10,1 Millionen fürs Grundstück, 25,7 fürs Stadion -, die 2012 bis zum Jahr 2036 inklusive Zinsen verlängert wurden (2012 und 2014 waren die jeweils zehnjährigen Zinsbindungen geendet). In diesem Zusammenhang wurden die seit 2002 aufgelaufenen, gestundeten Zinsen der Darlehenssumme zugeschlagen, die sich somit auf 44,1 Millionen Euro belief.

Ab 30. September 2018 hätte Borussia nun zurückzahlen müssen - jedes Quartal eine Million Euro, pro Jahr vier Millionen. Die letzte Rate wäre am 30. März 2036 fällig gewesen. Die Option zur vorzeitigen Rückführung war allerdings bereits in den ursprünglich mit der Stadt geschlossen Darlehensverträgen enthalten gewesen.

"Der Stadt gebührt unser ausdrücklicher Dank. Nur mit ihrer Unterstützung war der Bau des Borussia-Parks für uns realisierbar", sagte Präsident Rolf Königs. "Deshalb freut es uns besonders, dass wir unsere Verpflichtungen gegenüber der Stadt nun vorzeitig erfüllt haben, 19 Jahre früher als ursprünglich vereinbart." OB Hans Wilhelm Reiners sagte: "Das von Borussia jetzt vollständig zurückgezahlte städtische Darlehen war ein notwendiger und entscheidender Beitrag zum Bau des Stadions und zur Entwicklung des gesamten Nordparks. Es war aber auch eine Initialzündung für die wirtschaftliche und sportliche Entwicklung des Vereins sowie für die positive Entwicklung der Stadt."

Die Darlehens-Frage war in der Vergangenheit ein Zankapfel. "Wir sehen die jetzige Entscheidung mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt Fred Hendricks, finanzpolitischer Sprecher der CDU. Fraktionschef Hans Peter Schlegelmilch begründet das: Als Borussia finanziell gut dastand, die Stadt aber am Hungertuch nagte, "hätten wir das, was jetzt passiert ist, gerne gehabt. Heute wäre es angesichts der Zinssituation nicht unbedingt erforderlich". Immerhin sei das Kapitel damit abgeschlossen: "Das wird das Verhältnis zwischen Borussia und Stadt entkrampfen." SPD-Fraktionsvorsitzender Felix Heinrichs ist zwiegespalten. Es überwiege zwar die Freude, auch über Borussias finanzielle Gesundheit. Für die Stadt komme aber noch der Aspekt dazu, dass sie ihre eigenen Darlehen, die man für den Kredit an Borussia aufgenommen habe, mit Vorfälligkeitszinsen ablösen müsse, dies bei den Borussia-Verträgen aber nicht eingebaut worden sei. "Es ist schon sehr ärgerlich, dass die vorzeitige Rückzahlung durch Borussia die Stadt jetzt sogar belastet", sagt Heinrichs. "Es zeigt aber auch, wie Anfang der 2000er Verträge geschlossen worden sind."

Dem städtischen Haushalt entgehen nun nicht nur die Zinsen, die 2018 kapitalisiert worden wären (1,45 Millionen Euro), sondern darüber hinaus auch die Zinsen aus der annuitätischen Rückführung des Darlehens bis 2036, erläutert Kämmerer Kuckels. Auch hier hätte eine Verzinsung der Darlehenssumme stattgefunden. Gegenzurechnen seien aber immer die durch die Rückzahlung der Darlehen aufseiten der Stadt ersparten Zinsen. Deswegen werde derzeit intern geprüft, ob mit Hilfe der 50,6 Millionen Euro eine Ablösung der langfristigen Investitionskredite infrage kommt, die als Gegenfinanzierung zu den ausgereichten Darlehen an Borussia aufgenommen wurden. Ebenso komme eine sofortige Tilgung im Kassenkreditbereich in Betracht.

(tler)
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