Gladbacher Transferbilanz Bei Talenten hat Borussia besser zugegriffen

Mönchengladbach · Acht Neue fließen in die Bewertung der Gladbacher Transferpolitik ein. Es gab Streuungen. Am meisten überzeugten zwei Youngster.

Denis Zakaria tätschelt Michael Cuisance den Kopf. Beide Borussen überzeugten in Gladbachs Transferpolitik.

Denis Zakaria tätschelt Michael Cuisance den Kopf. Beide Borussen überzeugten in Gladbachs Transferpolitik.

Foto: Imago

Matthias Ginter (für 17 Millionen Euro von Borussia Dortmund) Der Defensivmann ist der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte. Für einen jungen deutschen Nationalspieler waren 17 Millionen ein beachtlicher, aber marktgerechter Preis. Ginter kam, um eine Stammkraft mit klar definierter Position zu werden - das klappte: Der 24-Jährige ist nun fix Innenverteidiger, nur ausnahmsweise spielte er vor der Abwehr. Ginter verpasste keine Sekunde der 37 Pflichtspiele und schoss zudem fünf Tore, so viele wie nie zuvor in seiner Karriere. Vieles passte also. Doch die 52 Gegentore inklusive dreier immenser Klatschen sind eben auch passiert, da hängt Ginter mit drin. Er wollte Führungsspieler werden und ist es auch, allerdings muss er noch viel präsenter sein auf dem Platz, um auch ein echter Boss zu werden. Ginter ist ein guter Einkauf, der aber Luft nach oben hat. Note 3+

Denis Zakaria (für zwölf Millionen Euro von Young Boys Bern) Den Spitznamen "Krake" brachte er bereits aus der Schweiz mit. Gleich in seinen ersten beiden Bundesligaspielen gegen Köln und Augsburg schnappte sich Zakaria mit seinen schier endlos langen Beinen einen Ball nach dem anderen und brachte einen sogar im Tor unter. Verglichen mit Zakaria eine verblüffend kurze Anlaufzeit benötigt - nämlich gar keine. Entsprechend kurz weinte Borussia deshalb auch Mo Dahoud hinterher - nämlich so gut wie gar nicht. Auch wenn Zakarias erstes Jahr gerade in der Rückrunde nicht frei von Schwankungen war, hat er, wie ihm der "Tagesspiegel" bescheinigte, das "Zeug zur Attraktion". Zwölf Millionen Euro Ablöse waren eine Ansage. Sollte ein größerer Klub die "Krake" schon diesen Sommer haben wollen, müsste er wohl schon das Vierfache auf den Tisch legen. Note 2+

Vincenzo Grifo (für sechs Millionen Euro vom SC Freiburg) Den Italiener per Ausstiegsklausel aus Freiburg loszueisen, war vergangenen Sommer ein "No-brainer" - so nennt man es, wenn eine Entscheidung keiner größeren Überlegungen bedarf, weil scheinbar nichts schiefgehen kann. Nun hat in Grifos erster Borussia-Saison mit nur 786 Einsatzminuten trotzdem sehr wenig geklappt, aber er hat die Möglichkeit, die Zukunft besser aussehen zu lassen, sofern er denn will. Mal hat Grifo es Dieter Hecking nicht leicht gemacht, mal schien er im Vergleich zu Kollegen mit ähnlichen Schwierigkeiten nicht die gleichen Chancen zu bekommen. Zweimal wurde er zur Pause ausgewechselt, obwohl das gesamte Team nichts auf die Reihe bekam. Die Galavorstellung beim 3:1 in Hoffenheim verhinderte ein Abrutschen in den Fünfer-Bereich. Note 4-

Raúl Bobadilla (für zwei Millionen Euro vom FC Augsburg) Der 30-Jährige wurde zurückgeholt, um ein neues Element zu sein im Angriffskonzept. Er verkörpert den robusten Strafraumstürmer, der dahin geht, wo es wehtut. Doch er blieb eine Option im Konjunktiv, nur als "großer Bruder" von Julio Villalba funktionierte er. 13 Einsätze hatte er, die Bilanz: null Tore und null Vorlagen. Was gewesen wäre, wenn er im ersten Spiel gegen Köln seine Chance kurz vor Schluss genutzt hätte, ist hypothetisch. So war Bobadillas zweite Gladbach-Episode belanglos, auch, weil er lange verletzt war. Möglich, dass er nach Argentinien entschwindet. Note 5+

Julio Villalba (für 1,25 Millionen Euro von Cerro Porteno) In Paraguay spielen sie eine Fußballtennis-Variante mit Volleyball-Netz, ohne ein gutes Kopfballspiel geht da wenig. So kommt es, dass der nur 1,74 Meter große Villalba bei hohen Flanken über sich hinauswachsen kann. In Pflichtspielen gab es das nicht zu bestaunen, der Sechs-Minuten-Einsatz gegen Frankfurt kurz vor seinem 19. Geburtstag blieb sein einziger offizieller. Auf sich aufmerksam machen konnte Villalba zwar in einigen Testspielen, die Rückrunde verlor er durch einen Muskelbündelriss. Gesundheit und Spielpraxis hat der zweifellos talentierte Villalba bitternötig. Für die U 23 darf er jedoch nicht auflaufen, weshalb eine Leihe ihn voranbringen könnte. Note 4

Michael Cuisance (für 250.000 Euro von der AS Nancy) Der jüngste Borusse war für die Fans der "Spieler der Saison". Zu Recht. Als die Spielzeit begann, war Cuisance gerade 18 geworden und ein Fußball-Schüler, der auf ein paar Bundesliga-Minuten hoffte. Am Ende hat er 26 der 37 Pflichtspiele mitgemacht. 1196 Minuten in der Bundesliga und 156 im Pokal stehen in seiner Vita, zwei Tore bereitete er vor. Cuisance hat die Chance, die sich bot, konsequent genutzt. Er ist ein Spieler, der Spaß macht, weil er frech drauflos spielt und ein gewisses Risiko in Kauf nimmt. "Das gehört zu meinem Spiel", sagt er, und das ist als Versprechen gemeint. Ebenso, dass er möglichst schnell sein erstes Tor für Gladbach machen will. Cuisance, der Ehrgeizige, empfindet die Torlosigkeit als Makel, zugleich aber auch als Ansporn. Er ist ein Grund, sich auf die nächste Saison mit ihm zu freuen. Note 2+

Reece Oxford (ausgeliehen von West Ham United) Der Teenager von West Ham wurde für eine Saison ausgeliehen als flexibler Backup für die Defensive. Er brauchte lange, um anzukommen, machte zum Ende der Hinrunde ein paar gute Spiele, war aber im Pokal gegen Leverkusen die tragische Figur: Sein Fehler führte zum 0:1. Im Winter war er Objekt eines seltsamen Wechsel-Hick-Hacks mit Mondpreisen, an dessen Ende er erneut ausgeliehen wurde. Gegen Dortmund, in Hannover und gegen Bremen gehörte er zur Startelf, nach dem Leverkusen-Spiel verletzte er sich beim Auslaufen. Oxford geht als erster Engländer in Gladbachs Bundesliga-Geschichte ein, sportlich bleibt er eine Randnotiz. Note: 4-

Florian Neuhaus (ablösefrei von 1860 München, verliehen an Fortuna Düsseldorf) Borussia hat in ihrer Geschichte aber auch schon enorm profitiert von Leihgeschäften. Mikael Forssell 2003, Christoph Kramer von 2013 bis 2015, Andreas Christensen von 2015 bis 2017: Sie alle kamen und gingen, nur Kramer kam wieder. Dagegen war in Neuhaus' Fall der umgekehrte Weg ein Erfolg: Er kam nur zur Vertragsunterschrift, ging sofort nach Düsseldorf und kommt nun nach einem starken Zweitligajahr zurück - inklusive Meisterschaft, zu der er aus dem Mittelfeld sechs Tore beisteuerte. Die Leistungen muss er im Oberhaus erst einmal bestätigen, zumal Neuhaus' Rückrunde gegenüber der Hinrunde etwas abfiel. Freuen darf sich Borussia zweifellos auf den 21-Jährigen. Note 2-

(RP)
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