Borussia Mönchengladbach Sommer ist Borussias neuer Publikumsliebling

Mönchengladbach · Der Schweizer Torhüter hat die Sympathien in Gladbach im Sturm erobert. Er überzeugt mit Leistung, einem gewinnenden Wesen und Bodenhaftung. Und die weiblichen Anhänger finden ihn einfach schön.

 Yann Sommer hat Marc-André ter Stegen perfekt ersetzt.

Yann Sommer hat Marc-André ter Stegen perfekt ersetzt.

Foto: Imago

Das Wehklagen war laut zu Jahresbeginn. Sehr laut. Als Marc-André ter Stegen verkündete, er werde Borussia im Sommer verlassen. Er, der aus der Mönchengladbacher Jugend bis ins Tor der Nationalmannschaft emporgestiegen war, würde eine riesige Lücke hinterlassen für den, der seine Nachfolge antritt. Eine, die kaum zu schließen sei. Da waren sich eigentlich alle sicher. Dieser Tage neigt sich das Jahr zu Ende, aber von Wehklagen rund um den Borussia-Park ist nichts zu vernehmen. Zumindest nicht, was die Torwartposition angeht. Denn Borussias neuer Nummer eins ist gelungen, was schwer denkbar schien: Yann Sommer steht ter Stegens Leistungen in nichts nach. Mehr noch: Binnen weniger Monate ist der Schweizer zum absoluten Publikumsliebling in Gladbach avanciert.

Sommers Erfolgsrezept auf dem Weg zu Akzeptanz, Respekt und Zuneigung im neuen Verein klingt dabei einfach: Der frühere Baseler, den Borussia für acht Millionen Euro verpflichtet hatte, überzeugt durch Leistung. Er hat ähnlich gute Reflexe wie ter Stegen und ist im Passspiel vielleicht sogar einen Tick souveräner. Dazu gesellt sich eine professionelle Berufsauffassung. Er begreift, dass Öffentlichkeitsarbeit Teil seines Jobs ist, er bewahrt sich bei allem Heldenstatus, den der Profifußball fördert, ein bodenständiges und gewinnendes Wesen und gibt den Fans, die ihm begegnen, nicht das Gefühl, ein lästiges Übel zu sein, sondern genauso Borussen wie er selbst. Er schreibt Autogramme, bis alle, die am Trainingsgelände warten, auch eins haben, selbst wenn schon mal eine ganze kreischende Grundschule beim Tagesausflug auf ihn wartet. Er machte kein Geheimnis daraus, dass er anfangs Gänsehaut hatte, wenn er vor der vollen Nordkurve im Tor stand. Er spricht häufig von "uns Borussen", von "Wir hier bei Borussia". Es ist eine Identifikation, die authentisch rüberkommt, und nicht als Strategie, die ein Berater als zielführend auserkoren hat.

Und dann wäre da noch das Aussehen des 25-Jährigen, das die Fans, vor allem die weiblichen, dahinschmelzen lässt. Wäre Sommer nicht 2014 Bundesliga-Torhüter, sondern in den 90ern, er würde vermutlich als Starschnitt in vielen Teenie-Zimmern hängen. Neben den Backstreet Boys. Oder Patrick Swayze. Sommer ist smart. Und er ist Single. Er spielt Gitarre. In Basel wurde er auch schon mal auf Vernissagen oder im Theater gesehen. Dass er als Schweizer Nationaltorhüter keinen Käse mag, fällt da kaum ins Gewicht. "Basel ist wie Gladbach. Beide Städte leben den Fußball", sagt Sommer. Aber in der Bundesliga sei halt alles eine Nummer größer.

Am Mittwochabend dürfte er gejubelt haben, als sich sein Ex-Klub FC Basel in Liverpool für das Achtelfinale der Champions League qualifizierte. Und als "Basler Jung" wird er heute Abend (19 Uhr) noch ein Stückchen mehr motiviert sein, wenn er mit seiner Borussia im finalen Gruppenspiel der Europa League auf den FC Zürich trifft - den Klub, mit dem die Basler eine ähnliche Abneigung verbindet wie Gladbach mit Köln. "Wenn wir gegen Zürich verlieren, dürfen Yann und ich uns in Basel nicht blicken lassen", sagt Sommers Schweizer Landsmann bei Borussia, Granit Xhaka, auch ein Ex-Baseler. Sommer und Co. reicht heute bereits ein Punkt, um sicher im Europapokal überwintern zu können. Mit einem Sieg wäre Borussia sicherer Gruppensieger. Und so käme auch niemand im Team von Trainer Lucien Favre auf die Idee, auf Remis zu spielen. "Ich denke null an so etwas. Es bringt auch nichts, vor einem Spiel an so etwas zu denken, weil es gefährlich ist. Wir werden so spielen, wie wir das immer machen bei Borussia", sagt Sommer.

Er genießt es, Borusse zu sein. Borussia ist froh, dass er da ist. Und das Wehklagen vom Jahresbeginn scheint schon Jahre her zu sein.

(RP)
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