Unnötiges Gegentor in Köln Bei Borussia und Sommer steht zu selten die Null
Mönchengladbach · Nur in zwei von 20 Ligaspielen hat Gladbach in diesem Kalenderjahr kein Gegentor kassiert. In Köln war es wieder unnötig.
Christoph Kramer und Yann Sommer sind seit dem 9. November 2014 auf besondere Weise verbunden: Solange es die Bundesliga gibt, wird auch immer wieder dieses Video gezeigt werden, auf dem Kramer aus dem Mittelkreis einen Rückpass spielt und der Ball hoch über Sommer hinweg ins Gladbacher Tor fliegt. „Jahrhundert-Eigentor“ ist die Szene stellenweise getauft worden, und der arme Sommer konnte sich so gar nicht wehren gegen seine Nebenrolle.
Am 3. Oktober 2020 hat es Kramer zumindest in einer Hinsicht schulbuchmäßiger gemacht: Sein Bogenlampen-Rückpass ging nicht aufs eigene Tor, sondern ein paar Meter daneben. Ehrenwert, dass Sommer versuchte, den Ball mit dem Fuß aus der Luft zu pflücken, um sowohl einen Eckball (wenn er ihn durchgelassen hätte) als auch einen indirekten Freistoß (wenn er ihn mit der Hand berührt hätte) zu verhindern.
Die Technik dazu besitzt der Schweizer Keeper zweifellos. Doch die Annahme missglückte völlig. „Das ist ein Fehler, den ich ungern sehe und der den Gegner immer wieder mal zurück ins Spiel hilft“, sagte Trainer Marco Rose. Kölns Sebastian Andersson war zur Stelle und spitzelte den Ball gegen den Pfosten. Es war die beste Möglichkeit des FC in diesem Derby, bis dahin und lange Zeit die einzige. Dass der Abschluss nur mit 0,06 Expected Goals, also einer Trefferwahrscheinlichkeit von sechs Prozent notiert wird, ist ein Fehler im System.
Am Ende war aus Gladbacher Sicht alles gut gegangen, 3:1 gewannen die Fohlen beim Erzrivalen, doch diese Leistung hätte verdient gehabt, dass hinten die Null steht. So bleibt es bei lediglich zwei weißen Westen für Sommer in 20 Ligaspielen in diesem Kalenderjahr.
Elvis Rexhbecaj verkürzte in der 84. Minute mit einem trockenen Linksschuss aus 22 Metern. Auch hier waren es Sommers Kollegen, die ihn in die Bredouille brachten: Erst Florian Neuhaus mit einem Ballverlust, dann Matthias Ginter und Nico Elvedi, die in Unterzahl lieber die Passmöglichkeiten zustellten, als Rexhbecaj zu attackieren.
So unklug war das nicht bei einer Trefferwahrscheinlichkeit von zwei Prozent aus dieser Distanz. Was aber auch heißt: Die Abwehr verließ sich auf Sommer, dass er den Schuss schon parieren würde. Doch der Keeper wurde ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt und ließ den Ball passieren.
Es war letzten Endes Makulatur, die fehlende Kirsche auf diesem Derbysieg, dass die Null nicht stand. Allerdings forderte Rose von seiner Mannschaft doch „die Konsequenz, so ein Spiel komplett über 90 Minuten zu Ende zu spielen, einen Haken dran zu machen und dem Gegner nicht noch einen Strohhalm hinzuhalten mit dem 3:1“.
Diesmal kostete es keine Punkte, aber Borussia hat nun schon sechsmal in diesem Jahr in der Schlussviertelstunde das einzige Gegentor des Spiels kassiert, sechs weiße Westen wurden spät noch grau. Zudem gab es saisonübergreifend in fünf der vergangenen sieben Spiele ein spätes Gegentor.
27 Treffer hat Gladbach 2020 in 20 Spielen kassiert, ein paar zu viel, die Konkurrenz aus Bayern, Dortmund und Leipzig steht jeweils bei weniger als 20. Und vorne sind die Fohlen zwar auf Champions-League-Niveau unterwegs, aber eben keine Torfabrik, die jede defensive Nachlässigkeit kompensieren kann, indem sie immer wieder nachlegt. In Köln war das nicht annähernd nötig. Aber die Borussen selbst wissen seit der Auslosung, welche Top-Gegner bis Weihnachten noch auf sie zukommen werden.