Borussia-Torwart Sommer „Müssen wieder mehr Winner-Mentalität reinbekommen“

Hamburg · Yann Sommer war beim 1:2 in Hamburg der beste Borusse. Mit sechs teilweise ausgezeichneten Paraden verhinderte er eine höhere Niederlage beim Absteiger. Im Interview sprach er über das Spiel und die Gladbacher Saison.

 Yann Sommer hockt in Hamburg auf dem Rasen, während ein Polizist an ihm vorbeigeht.

Yann Sommer hockt in Hamburg auf dem Rasen, während ein Polizist an ihm vorbeigeht.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Sommer bestätigte gegen den HSV seine gute Form der Rückrunde, er ist bereit für die Weltmeisterschaft in Russland. Der Torhüter zeigte, wie es hätte gehen müssen in diesem Spiel, doch seine Kollegen zogen nicht mit. Am Ende, als die Chaoten Regie führten, war Sommer nah dran. Doch er übte sich in Schweizer Gelassenheit.

Herr Sommer, Sie standen bei der Pyro-Attacke der HSV-Fans am nächsten zu den Chaoten. Haben Sie vorher mitbekommen, dass da etwas im Gange ist?

Sommer Nein, ich habe mich nur auf das Spiel konzentriert.

Hatten Sie keine Angst, als die Kanonenschläge explodierten?

Sommer Ich stand recht weit vor dem Tor. Sicherlich habe ich mich erschreckt. Aber ich bin dann einfach weggegangen und damit war es für mich erledigt.

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Foto: Dirk Päffgen

Zum Fußball: Sie waren bester Gladbacher und haben mit Ihren Paraden eine höhere Niederlage verhindert. Warum war nicht mehr drin?

Sommer Wir haben definitiv kein gutes Spiel gemacht. Respekt sicherlich vor den Hamburgern, wie sie mit der Situation umgegangen sind und heute gespielt haben. Wir hatten ordentlich Probleme gegen sie, bis wir nach 20 Minuten das System auf eine Dreierkette umgestellt haben. Dann hatten wir es besser im Griff, haben ein schönes Tor gemacht. Dann war aber der Druck draußen, vielleicht auch, weil wir gemerkt haben, dass die Bayern verlieren. Da kam dann nicht mehr viel.

Ist Platz neun, der es nun geworden ist, die letzte Wahrheit dieser Saison?

Sommer Definitiv, wir stehen am Ende so da, wie die gesamte Saison gelaufen ist. Wir haben am Ende nochmal gehofft, dass noch etwas möglich ist, wenn es gut läuft. Aber wir mussten unsere Hausaufgaben zuerst mal machen. Das haben wir nicht geschafft. Das ganze Jahr war echt anstrengend und wir müssen den neunten Platz annehmen.

Sind Sie enttäuscht von der Saison?

Sommer Wir haben es ja nicht in Hamburg verspielt, sondern hätten das, was mehr drin war, früher klarmachen müssen. Man ist natürlich enttäuscht, wenn man weiß, was in der Truppe drinsteckt und was möglich ist. Aber es ist uns einfach nicht gelungen, die nötige Konstanz reinzubringen in dieser Saison. Wir müssen das jetzt abhaken und dann nach den Ferien und der WM die neue Saison angehen.

Machen Sie sich schon Gedanken, was sich ändern muss in der neuen Saison?

Sommer Ich freue mich erst mal auf die WM und die Vorbereitung mit der Schweiz. Aber in den nächsten Tagen ist eine Woche frei und da werde ich sicher das ganze Jahr mal Revue passieren lassen. Und überlegen, was ich gut gemacht habe und woran es gelegen hat, dass es in gewissen Situationen nicht so funktioniert hat als Mannschaft.

Was erwarten Sie von der WM?

Sommer Wir wollen ein gutes Turnier spielen, das eine Euphorie in der Schweiz entfacht. Ich freue mich sehr und bin stolz, mein Land vertreten zu dürfen.

Sie gehen gut vorbereitet in die WM, in Hamburg haben Sie weltmeisterlich gehalten. War es Ihre beste Saisonleistung?

Sommer Ich denke, dass ich in den vergangenen Wochen und Monaten ein paar gute Spiele gemacht habe. Ich bin mit meinen Leistungen ordentlich zufrieden, aber als Mannschaft hat insgesamt einiges gefehlt.

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Foto: AFP/PATRIK STOLLARZ

Vor allem in den entscheidenden Spielen – wie in der vergangenen Saison. Woran liegt das?

Sommer Es war ein sehr anstrengendes Jahr mit großen Aufs und Abs, mit vielen, harten Rückschlägen. Trotzdem sind wir auch immer wieder zurückgekommen und die Tatsache, dass wir im letzten Spiel noch die Chance hatten auf Europa zeigt, dass die Mannschaft auch Moral hat. Das ist positiv.

Aber wenn dann mehr drin war, kam nichts.

Sommer Das ist leider so. Wir werden uns alle über die entscheidenden Punkte Gedanken machen und dann probieren, die Sachen in der nächsten Saison besser zu machen.

Wie läuft das ab? Wird im Kreis des Mannschaftsrates auch mal telefoniert während der Sommerpause?

Sommer Das nicht. Aber wir analysieren und sprechen auch während der Saison viel und versuchen natürlich, die Sachen sofort zu ändern, wenn noch etwas möglich. Aber wir werden uns nach der Pause natürlich zusammensetzen und besprechen, was sich ändern kann und muss, um wieder erfolgreicher zu sein.

Ist es da vielleicht sogar ein Vorteil, dass es eine vernünftige Vorbereitung geben wird? Denn unter Umständen hätte die Europa-League-Qualifikation ja schon am 26. Juli begonnen.

Sommer Man kann es sehen, wie man will. Ich hätte gern so früh angefangen, wenn wir dafür international dabei gewesen wären. Das gehört zu den schönsten Sachen im Fußball. Es war unser großes Ziel, in Hamburg noch den siebten Platz zu schaffen. Wenn Bayern mitgemacht hätte - aber, wie gesagt, wir hätten unsere Hausaufgaben machen müssen. Wir wollten auf uns schauen und unser Spiel durchbringen – das ist uns nicht gelungen.

Was muss sich ändern, um in der nächsten Saison wieder einen Schritt nach vorn zu kommen?

Sommer Wir müssen als Mannschaft wieder mehr Winner-Mentalität reinbekommen und das gute Gefühl auf dem Platz haben, dass man auch in schwierigen Situationen weiß, was im Team steckt.

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