1:1 in Bundesliga-Topspiel Bayern bezwingen überragenden Gladbach-Torwart Sommer erst spät
München · Yann Sommer hätte dem FC Bayern mit einer denkwürdigen Torwartleistung um ein Haar komplett den Zahn gezogen. Am Ende musste sich der Schweizer nur einmal geschlagen geben. Beim glücklichen 1:1 in München führte Borussia Mönchengladbach 40 Minuten lang.

Bayern - Borussia: die Fohlen in der Einzelkritik
Borussia hat den Rekordlauf des FC Bayern beendet und ist seit vier Pflichtspielen ungeschlagen gegen den Rekordmeister - und wird sich dennoch ärgern über ein spätes Gegentor. Durch Marcus Thurams Treffer führte Gladbach seit der 43. Minute, anschließend schien Torwart Yann Sommer unbezwingbar zu sein für die Bayern. Doch Leroy Sané erzielte in der 83. Minute doch noch den hochverdienten Ausgleich für die Gastgeber zum 1:1-Endstand. Unglaubliche 19 Sommer-Paraden bescherten Borussia immerhin einen Punkt und ihrem Keeper einen Rekord.
Trainer Daniel Farke hatte zum ersten Mal in dieser Bundesliga-Saison seine Startelf geändert – aber nicht freiwillig. Denn Ramy Bensebaini, bislang stets Startelf-Teilnehmer, fehlte wegen seines grippalen Infekts. Statt des Algeriers vertraute Farke dem ersten 19 Jahre alten Luca Netz. „Es ist schade, dass Ramy nicht fit geworden ist und damit eine gestandene Größe ausfällt. Aber wir haben Luca und setzen auf seine offensiven Stärken“, begründete Farke seine Personalwahl. Über Kapitän Lars Stindl, seit Freitag 34 Jahre alt, war als möglicher Startelf-Rückkehrer spekuliert worden, doch Farke setzte weiter auf Florian Neuhaus als Zehner.

Bayern - Borussia: die Bilder des Spiels
Die Bayern-Fans begannen den Tag mit einer Choreografie, die Gladbach-Anhänger, 6000 waren da, hielten der rot-weißen Übermacht lautstarken Dauergesang entgegen. Auf dem Rasen erwehrten sich die in ihren weißen Heimtrikots angetretenen Borussen derweil den Bemühungen der Bayern, ihren beachtlichen Rekordlauf der ersten Saisonspiele fortzusetzen. Schon nach 58 Sekunden musste Sommer den ersten Ball abwehren, danach rollten die Bayern-Angriffe in schöner Regelmäßigkeit auf den Schweizer zu.
Ko Itakura hatte den einen oder anderen starken Klärungs-Auftritt in der Startphase, vor allem aber in Minute 33 ließ er den schon angesetzten Jubelschrei verstummen. Sané tanzte die Gladbach-Abwehr aus und war bereit zum 1:0, doch der Japaner flog heran und klärte zu Ecke.
Eine Minute später hießt es dann aber: „Tor für den FC Bayern München!“ Sadio Mané hatte die nächste Hereingabe von rechts – es ging viel über die Netz-Seite bei den Bayern – ins Tor geschoben, zuvor hatte aber Sané die Gladbach-Verteidiger indes im Abseits stehend irritiert. Kurz darauf traf Mané wieder, erneut stand er im Abseits.
Die Bayern kombinierten fröhlich und blitzschnell, die Borussen hatten meist wenig dagegenzusetzen, um sich wirklich zu befreien. Ab und an kreuzten sie in der Bayern-Hälfte auf, dann auch mit Kombinationsfußball, doch viel zu selten gelang das. Eher schon sah man Offensivmann Alassane Plea im eigenen Strafraum in großer Not Bälle zu klären. Sommer parierte zudem einige Bälle.
Und dann passierte, was sich definitiv nicht abgezeichnet hatte: Gladbach ging in Führung. Christoph Kramers Befreiungsschlag landete im Laufweg Thurams, der ging auf und davon und schob den Ball an Manuel Neuer vorbei. Die Geschichte erinnerte an Borussias 1:0-Sieg in München 2011. Damals war es eine reine Abwehrschlacht, Torhüter Marc-André ter Stegen hielt wie ein Weltmeister, Abwehrchef Martin Stranzl räumte alles ab und Igor de Camargo traf nach einem Befreiungsschlag … aber noch waren fast 50 Minuten übrig von diesem Spiel.
Die Bayern waren drückend überlegen, aber die Qualität der Chancen war recht dünn. 10:1 Torschüsse, aber nur 0,79 zu 0,54 „Expected Goals“, zu erwartende Tore, Nagelsmanns Team fehlte es in letzter Konsequenz an Präzision. Näher kamen dem Sommer-Tor da schon zwei Klima-Aktivisten, die sich in der 17. Minute an beide Pfosten des Gladbacher Tores klammerten und dann von Ordnern weggetragen wurden. Fazit zur Pause: Borussia hatte so wenig Ballbesitz wie nie unter Farke (34 Prozent), war aber brutal effektiv.
Nach dem Seitenwechsel galt es für die Borussen, den Durchblick zu behalten. die Bayern-Fans hatten im Zuge der Feierlichkeiten zu „50 Jahre Südkurve“ gezündelt und das Stadion in Rauch getaucht. Wenig später musste Plea raus, der er sich beim Abstoppen nach einem Sprung verletzt hatte. Hannes Wolf kam ins Spiel, nun war die linke Seite komplett neu besetzt mit ihm und Netz. Ansonsten blieb es dabei: Bayern rannte an, Borussia verteidigte ihr Tor, allen voran Itakura.
Das Bayern-Angstgegner-Dasein der Borussen nahm mehr und mehr wieder Formen an. Insbesondere, als Sommer, der wie einst ter Stegen hielt und hielt und hielt, in der 62. Minute gleich zweimal großartig gegen Mané parierte, der aus kurzer Distanz zum Abschluss kam, kurz darauf auch beim Solo von Sané den Ball erfolgreich abwehrte und dann auch gegen Serge Gnabry und Thomas Müller Sieger blieb.
„Mönchengladbach, olé“, sangen die Gladbach-Fans voller Hoffnung und begeistert vom großen Kampf ihres Teams. Doch der fünfte Sieg in der Allianz-Arena entglitt den Borussen in der Schlussphase: Der eingewechselte Jamal Musiala brachte die Defensive durcheinander, sodass Sané den einen Tick zu frei stand und Sommer bezwang. Der hielt in der Nachspielzeit gegen Matthijs de Ligt, der als Stürmer eingewechselt worden war, den Punkt fest und krönte eine denkwürdige Torwartleistung. Thuram hatte nach dem Zuspiel von Joker Patrick Herrmann sogar noch eine Chance zum große Coup. Doch das wäre wohl zu viel des Guten gewesen von einer Borussia, die nach fünf Pflichtspielen unter Farke ungeschlagen bleibt. Nächste Woche Sonntag kommt Mainz 05.