Nur 827 Zuschauer 1966 hatte Borussia ein Quasi-Geisterspiel in Berlin

Mönchengladbach · Das 0:0 zwischen Tasmania Berlin und Gladbach in der Saison 1965/66, der ersten der Borussen in der Bundesliga, hatte im Berliner Olympiastadion nur 827 Zuschauer. Das ist bis heute der geringste Besuch bei einem Bundesliga-Spiel.

Leere Ränge gab es bei Borussias 0:0 am 15. Januar 1966 bei Tasmania Berlin im Berliner Olympiastadion.

Leere Ränge gab es bei Borussias 0:0 am 15. Januar 1966 bei Tasmania Berlin im Berliner Olympiastadion.

Foto: dpa/Kathrin Brunnhofer

Gegen Union Berlin hat Borussia am Sonntag (15.30 Uhr) das vierte offizielle Geisterspiel der Vereinsgeschichte. Doch es gab schon vor langer Zeit ein Quasi-Geisterspiel mit Gladbacher Beteiligung – und zwar schon in der ersten Bundesliga-Saison des Klubs. Am 15. Januar 1966 spielte Borussia bei Tasmania Berlin, damals wie Hennes Weisweilers Team ein Neuling im deutschen Fußball-Oberhaus, im fast leeren Olympiastadion. 827 Zuschauer sahen das torlose Treiben beider Mannschaften. Das ist bis heute der Minusrekord bei einem Bundesliga-Spiel.

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„Es war skurril“, sagt Herbert Laumen (76), der zum Gladbacher Team gehörte und eine ganz persönliche Geschichte mit diesem Spiel verbindet. Der einstige Stürmer hatte schon als Kind davon geträumt, mal im Berliner Olympiastadion spielen. Am zweiten Spieltag der Rückrunde der Saison 1965/66 stand das Treffen mit Tasmania an, es war also soweit. Und dann war es ein sehr seltsames Erlebnis für Laumen und die anderen Borussen.

„Unser Trainer Hennes Weisweiler hatte uns schon darauf vorbereitet, dass nicht viele Zuschauer kommen würden, auch wir waren als Aufsteiger ja noch kein Zugpferd“, sagt Laumen. Tatsächlich kam fast niemand. Die Berliner wollten Tasmania nicht sehen, Fans fuhren nicht in dem Maß wie heute mit und anders als heute gab es in Berlin 1966 auch noch keine große Gladbach-Gemeinde, der der Besuch der just zum Bundesligisten gewordenen Weisweiler-Fohlen ein Fest gewesen wäre.

„Die Hälfte der Leute, die da waren, waren auch noch Ordner“, erinnerte sich Laumen. Fast hätte die Zahl der Menschen, die das damals fast 90.000 Zuschauer fassende Olympiastadion mit ihrer Anwesenheit beglückten, schon gepasst zur Corona-Verordnung der Deutschen Fußball-Liga für die Geisterspiele 2020. Da dürfen insgesamt rund 300 Leute ins Stadion.

„Es war eine Katastrophe“, sagt Berti Vogts (73), der wie Laumen zum Gladbacher Team gehörte. „Wir haben damals sehr von der Begeisterung unserer Fans gelebt, ein Spiel im fast leeren Stadion war sehr schwierig für uns.“ Dass zudem noch „hoher Schnee“ lag, wie Vogts und Laumen berichten, kam dem feinen Spiel der Gladbacher auch nicht entgegen.

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So lief kaum etwas und bei der besten Chance der Gladbacher „blieb der Ball kurz vor der Torlinie im Schnee liegen“, sagt Laumen. Der Schnee verstärkte die Tristesse und lieferte die passende Farb-Konstellation zum ersten Quasi-Geisterspiel der Bundesliga.

Bei dem war etwas mehr als ein Prozent der Zuschauer, die beim ersten Bundesliga-Heimspiel Tasmanias gegen den Karlsruher SC am ersten Spieltag der Saison dabei waren, 81.500 kamen und sahen einen 2:0-Sieg, der dem Aufsteiger nach dem ersten Spieltag Platz drei bescherte. Es folgte ein 0:5 in Gladbach.

Im Rückspiel „revanchierte“ sich Tasmania mit dem 0:0 und bescherte Borussia einen unliebsamen Rekord sowie eine wenig erbauliche Heimreise ins Rheinland. „Es war eine sehr schöne Heimfahrt mit unserem Trainer“, sagt Vogts. Weisweiler hatte einen Sieg erwartet, wie alle Borussen, das 0:0 beim schlechtesten Bundesliga-Team aller Zeiten (8:60 Punkte) fühlte sich an wie eine Niederlage. Daher setzte sich die bedrückende Stille der Geister-Atmosphäre im Olympiastadion im Mannschaftsbus fort.

Nun, im offiziellen Geisterspiel gegen ein Berliner Team, „Eisern“ Union, wie einst Tasmania ein Liga-Neuling, sollte es kein Remis, sondern einen Sieg der Borussen geben, um im Champions-League-Rennen nicht abzudriften. Vogts hofft, dass es die Borussen hinkriegen. „Ich würde es Trainer Marco Rose gönnen, es mit der Champions League klappt. Er macht sehr gute Arbeit“, sagt Vogts.

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