Borussia Mönchengladbach Neue Perspektive und ein altes Dogma

Mönchengladbach · Seit 2010 erlebt Borussia einen sportlichen Quantensprung. Die damit oft verbundene Verzerrung der Wahrnehmung blieb aber aus.

Borussia Mönchengladbach: Spieler bedanken sich bei Fans
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Borussen bedanken sich bei mitgereisten Fans

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Foto: Dirk Päffgen

Es ist immer ein emotional verwirrender Moment für Fußballspieler, wenn sie verloren haben und trotzdem von den Fans gefeiert werden. So standen die Borussen einigermaßen verblüfft vor der Kurve des Etihad-Stadions in Manchester, in der sich das Gros der Gladbach-Fans versammelt hatte. Diese beklatschten das Team für eine starke Leistung. In der ersten Hälfte des Spiels an diesem Abend bei "City" (2:4). Und während der meisten Zeit in dieser Champions-League-Saison, die am Dienstagabend mit dem Europa-Aus endete.

Nun ist die Situation in Gladbach eine andere als bei Klubs, die stets dabei sind in Europa. So keiften die Freunde der "Citizens" recht laut, als ihr Team zurücklag. Als es siegte, nahmen sie es recht gelassen zu Kenntnis — so und nicht anders war es erwartet worden. Richtig gejubelt wurde erst, als die Botschaft vom Abrutschen des Ortsrivalen Manchester United in die Europa League, woran übrigens ein gewisser Luuk de Jong mit seinem Siegtor für Eindhoven großen Anteil hatte, kundgetan wurde. In Gladbach ist die Perspektive eine andere als bei "City".

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Die geistige Grundlage dieser Haltung ist ein Dogma, das der ehemalige Trainer Lucien Favre gebetsmühlenartig gepredigt hat: "Wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen." Rückblick: Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren war Gladbach nach einem 0:3 in Freiburg Letzter der Bundesliga. Und nun fehlten in der Champions League gegen den teuersten Kader der Welt nur gut zehn Minuten zum dritten Überwintern im Europapokal binnen vier Jahren. Von damals zu jetzt ist es ein sportlicher Quantensprung. Die Schnelllebigkeit des Fußballs kann zuweilen die Wahrnehmung verzerren. Davon jedoch ist Gladbach offenbar verschont geblieben.

Trotz großer Taten in den vergangenen Wochen bleibt es auch jetzt bei einem gesunden Realismus am Niederrhein. Das Ziel war zwar, sich in Manchester für die Europa-League zu qualifizieren, doch eine zu erfüllende Selbstverständlichkeit wurde daraus nicht abgeleitet. Weswegen sich Sportdirektor Max Eberl "in der ersten Halbzeit schon kneifen musste" ob der großartigen Darbietung des Teams im Etihad-Stadion. Dass es am Ende doch nicht reichte, hätte für Missfallen sorgen können - aber nicht in Gladbach, trotz aller Enttäuschung. "Schaut euch an, wo wir waren und wo wir jetzt sind", schrieb ein Fan bei Facebook.

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Es gab viele solcher Einlassungen. Die Perspektive hat sich verschoben, das alte Dogma nicht. Geändert haben sich durch die neuen Umstände in Gladbach auch die Perspektiven einiger Spieler. Tony Jantschke ist einer davon. Das Eigengewächs war bei Lucien Favre ein Protagonist des Aufschwungs seit Anfang 2011 - als verlässlicher Arbeiter. Bei André Schubert, der den Außenverteidiger-Job anders definiert als Favre, ist er derzeit hinter Julian Korb und Nico Elvedi eingeordnet rechts hinten. "Tony muss sich im Moment noch an das Durchverteidigen gewöhnen. Es ist eine Umstellung, relativ offensiv zu verteidigen, die dem einen leichter und dem anderen weniger leicht fällt", sagte Schubert nun. "Es wird aber im Training immer besser, und es ist nicht so, dass wir nicht das Vertrauen in ihn haben", versicherte Schubert. Jantschke, der Teamplayer, muss sich in Geduld üben. Er weiß aber, wie schnell es geht im Fußball.

(RP)
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