Geisterderby gegen Leverkusen 1:3 vor 13.000 Pappkameraden - doppelter Havertz besiegt Borussia
Mönchengladbach · Der Leverkusener Kapitän Kai Havertz war beim 1:3 der Borussen gegen Bayer der entscheidende Mann. Für Gladbach war es die dritte Heimniederlage und die erste in einem Geisterspiel. Das Tor von Marcus Thuram war an diesem Tag zu wenig.
„Jump“, der Klassiker von Van Halen, schallte am Samstag im Vorprogramm des rheinischen Geister-Duells zwischen Borussia und Bayer Leverkusen durch den fast leeren Borussia-Park. Der Song gab das Motto des Tages vor: Es ging darum, einen Sprung zu machen in Sachen Champions League. Bayer gelang das durch den 3:1-Sieg. Das Team von Trainer Peter Bosz zog damit an Gladbach vorbei.
Borussias Trainer Marco Rose hatte im Vorfeld die Qualitäten von Kai Havertz hervorgehoben – der Leverkusener Kapitän belegte seine Worte im Borussia-Park. Er schoss die ersten beiden Tore seines Teams (danach traf noch Sven Bender) und machte nicht nur deswegen den Unterschied an diesem Tag. Für Borussia war es die dritte Heimniederlage nach dem 1:3 gegen RB Leipzig und dem 1:2 gegen Borussia Dortmund.
Rose entschied sich für ein Novum seiner Trainerzeit in Mönchengladbach. Zum ersten Mal schickte der 43-Jährige in zwei aufeinander folgenden Bundesliga-Spielen eine unveränderte Mannschaft ins Spiel. Ramy Bensebaini, der wegen des Ramadan-Fastens etwas geschwächt war, war dann doch fit genug für den Job gegen Bayer.
Ausgerechnet der Algerier war es dann, der nach sieben Minuten mit einem Fehlpass Bayer eine Umschaltsituation gönnte. Bayern nahm dankend an: Kerem Demirbay schickte Karim Bellarabi, der bediente Kai Havertz, der durch die Beine von Yann Sommer zum frühen 0:1 traf.
Zuvor war Havertz in einen unglücklichen Zweikampf mit Breel Embolo verwickelt, in dem sich der Schweizer verletzte. Er versuchte es nochmal, doch nach zwölf Minuten ging nichts mehr. Lars Stindl kam und übernahm den Job hinter den Spitzen. So gut das Spiel eine Woche zuvor in Frankfurt für die Borussen begonnen hatte, so unglücklich verlief die Startphase gegen Bayer.
Die Gäste hatten Borussia in den ersten Minuten mit mutigen Offensivpressing beeindruckt. Daran konnten auch die rund 13.000 Fan-Doppelgänger, die die Ränge des Borussia-Parks nicht ganz so geisterhaft erscheinen ließen, nichts ändern. „Fußball ohne Fans ist nichts“ war auf einem Banner, das an einem Zaun in der Nordkurve angebracht war, zu lesen. Die Pappfiguren sollen nicht nur Kulisse, sondern auch ein Mahnmal sein.
Auf der Anzeigetafel prangte derweil das von Havertz gesetzte Mahnmal, das 0:1. Leverkusen versuchte immer wieder mit schnellen Pässen in die Spitze, Havertz in Szene zu setzen, Borussias Defensive hatte ihre liebe Not mit ihm, aber auch seinen Kollegen. Richtigen Zugriff bekamen sie oft nicht. Vor allem auch Bensebaini und Stefan Lainer hatten Probleme, die Seite dicht zu machen, auch das zentrale defensive Mittelfeld war zu löchrig.
Im Spiel nach vorn fehlte jene Zielstrebigkeit, mit der Borussia in Frankfurt verblüfft hatte. Zu selten gelangen nachhaltige Pressing-Aktionen, zu selten gab es Dynamik Richtung Tor. Und zu oft gab es lange, unpräzise Bälle aus dem Zentrum und leichte Fehler im Aufbauspiel. Insgesamt spielte Borussia kompliziert. So war das die Geschichte für Bayer recht leicht zu verteidigen.
Probleme hatte Torwart Lukas Hradecky erst in der 42. Minute, als er einen 20-Meter-Schuss von Florian Neuhaus nicht unter Kontrolle bekam. Bensebaini stocherte nach, auch Thuram war da, doch das Tor fiel nicht. Und auch nicht auf der anderen Seite, als ein Hofmann-Fehlpass Havertz die nächste Schuss-Gelegenheit ermöglichte, dieser aber nur die Latte traf. Beim Nachschuss war Demirbay wenige Meter vor der Torlinie völlig frei, doch Elvedi rettete und verhinderte so das 0:2. Die Chance hatte etwa die Qualität wie die von Jonas Hofmann in Frankfurt, als Martin Hinteregger gerade noch rettete.
So blieb es bei Bayers knapper Führung. Dass es nur 0:1 stand, war angesichts der Leverkusener Überlegenheit noch die beste Nachricht für Gladbach. Borussia blieb im Spiel. Doch sie musste sich extrem steigern nach der Pause.
Rose regierte mit einer taktischen Umstellung: Borussia spielte nun im 3-4-2-1-System. Strobl zog sich zurück zwischen Ginter und Elvedi, Hofmann gab den zweiten Sechser neben Neuhaus und vorn war Marcus Thuram nun die einzige Spitze mit Alassane Plea und Stindl in seinem Rücken. Die Neuerung zeigte sofort Wirkung. Borussia war nun viel besser im Spiel und hatte Erfolg: Plea spielte eine wohl dosierten Chip-Ball auf Thuram, der schloss trocken ab und glich zum 1:1 aus (52.).
Doch es blieb dabei: Borussia hatte nicht das Spielglück auf ihrer Seite. Wenig später traf Elvedi Bellarabi zwar bei einer Grätsche im Strafraum, doch hatte der Leverkusener da schon abgeschlossen, der Ball war weg. Dennoch entschied Schiedsrichter Sören Storks auf Strafstoß, auch, nachdem er die Szene nochmal auf dem Videobildschirm besichtigt hatte, blieb er dabei. Sommer kam an den Elfmeter von Havertz heran, konnte das 1:2 aber nicht verhindern (58.).
Borussia blieb dran, eroberte nun auch öfter hoch die Bälle. Mit den „Chips“ in Zentrum konnten sie Bayer unter Druck setzen. Vor allem Stefan Lainer war nun deutlich besser im spiel, aber auch Thuram und Plea. Es war ein offener Schlagabtausch. Doch Sven Benders Kopfballtor sorgte für die endgültige Entscheidung. Im dritten Geisterspiel gab es für Gladbach die erste Niederlage. Und auch die erste Pleite in einem Rheinduell in dieser Saison. Vor allem aber wurde durch die verdiente Niederlage die Chance verpasst, Bayer deutlich zu distanzieren. Das Rennen um die Champions League wird für Borussia kein Selbstläufer. Auch nicht mit 13.000 Pappkameraden im Stadion.
Statistik:
Mönchengladbach: Sommer - Lainer, Ginter, Elvedi, Bensebaini - Neuhaus, Strobl (76. Benes) - Hofmann, Embolo (12. Stindl), Thuram (78. Wendt) - Plea. - Trainer: Rose
Leverkusen: Hradecky - Tapsoba, Sven Bender, Dragovic (81. Baumgartlinger) - Weiser, Aranguiz, Demirbay, Sinkgraven - Bellarabi (66. Bailey), Havertz, Diaby. - Trainer: Bosz
Schiedsrichter: Sören Storks (Velen)
Tore: 0:1 Havertz (7.), 1:1 Thuram (52.), 1:2 Havertz (58., Foulelfmeter nach Videobeweis), 1:3 Sven Bender (81.)
Zuschauer: keine
Beste Spieler: Ginter, Elvedi - Havertz, Demirbay
Gelbe Karten: Bensebaini (4) - Diaby (2)
Torschüsse: 16:13
Ecken: 6:3
Ballbesitz: 46:54 %