Organisierte Fanszene Ultras sprechen sich gegen Geisterspiele aus

Mönchengladbach · Der Profifußball bereitet sich auf Geisterspiele ab Mai vor. Die Politik ist noch skeptisch. Die organisierten Fans haben ihren Unmut deutlich kundgetan.

 Keine Zuschauer, keine Stimmung, aber Bilder fürs TV.

Keine Zuschauer, keine Stimmung, aber Bilder fürs TV.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Während die Deutsche Fußball-Liga das Szenario Geisterspiele für die 1. und 2. Bundesliga weiter vorbereitet, sind die Fans in dieser Frage gespalten. Der Zusammenschluss „Fanszenen Deutschland“ hat sich vehement gegen eine Fortführung der Saison ohne Zuschauer in der aktuellen Situation ausgesprochen. „Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne“, heißt es in einer über die Ultra-Gruppen der Vereine verbreiteten Erklärung. Und auch beim Fanprojekt Mönchengladbach ist der Unmut groß. „Wenn es so viele Tests gibt, dass Fußballer regelmäßig getestet werden können, würde ich diese Tests erstmal allen Lehrern und Schüler zur Verfügung stellen, damit Kinder wieder zur Schule gehen können“, sagt FMPG-Vorstandsmitglied Michael Weigand im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wenn das flächendeckend für alle gesichert ist, dann kann sich der Fußball mal melden. Ich denke, die Bildung der nachwachsenden Generationen ist wichtiger als die Aufrechterhaltung eines Spielbetriebs in Form von Geisterspielen.“

Der Leipziger Virologe Uwe G. Liebert sieht umfassende Tests in der Bundesliga und auch eine nötige Isolation der Profis und Betreuer zumindest vor den Spielen als realistisch an. „Wenn alle in einer Art Glaskasten sitzen, und zwar getrennt voneinander, dann wäre das optimal“, sagte der Leiter des Instituts für Virologie der Universität Leipzig in der „Mitteldeutschen Zeitung“. Demnach könne man mit Antikörpertests die Spieler bestimmen, die eine asymptomatische Corona-Infektion hinter sich haben und immun sind. Ein Test koste etwa 130 Euro. Testet man nur vor Partien, würde das die Klubs jeweils knapp 4000 Euro pro Spieltag kosten.

Allerdings hatten Coronavirus-Schnelltests bei Eintracht Frankfurt keine befriedigenden Ergebnisse darüber gebracht, wie immun Menschen gegen den Covid-19-Erreger sind. Wie der „Spiegel“ berichtete, sind in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Frankfurt bei einem Pilotprojekt 30 Teammitglieder mit zwei gängigen Antikörpertests untersucht worden. In sieben Fällen – knapp einem Viertel der Proben – wichen die Ergebnisse voneinander ab.

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Die Entscheidung, ob und wie die Spielzeit zu Ende gebracht werden kann, könnte bei der auf kommenden Donnerstag verschobenen DFL-Mitgliederversammlung gefällt werden. Ein strittiger Punkt sind die Test auf das Coronavirus. Zuletzt hatte der Berufsverband „Akkreditierte Labore in der Medizin“ erklärt, dass er bei Geisterspielen keinerlei Probleme mit den Kapazitäten sehe.

Ohne diese Spiele und den damit verbundenen TV-Einnahmen droht verschiedenen Klubs nach Medienberichten die Insolvenz. Die DFL hat nach Angaben vom Freitag noch keine verbindliche Einigung über die Zahlung der vierten und letzten Rate an die Vereine erzielt. „Die DFL befindet sich in Gesprächen mit allen Medienpartnern“, twitterte die Dachorganisation der 36 Proficlubs am Freitag. Mit dem Pay-TV-Sender Sky gebe es „noch keine vertraglich fixierte Vereinbarung“, hieß es.

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Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die „Bild“ hatte über eine Einigung zwischen DFL und Sky berichtet, wonach etwas weniger Geld fließen solle, dafür aber früher, als vereinbart worden sei. Nach dem Bericht sollen auch ARD und ZDF bereit seien, ihre nächste Rate zu überweisen, obwohl der Spielbetrieb bis mindestens 30. April ruht und unklar ist, ob und wann die Saison wegen der Coronavirus-Pandemie zu Ende gespielt werden kann. Demnach hätte die letzte Sky-Rate eigentlich schon am 10. April bei der DFL eingehen sollen. Nach einem Bericht des „Kicker“ hätten die Rechteinhaber die insgesamt 304 Millionen Euro bisher noch nicht überwiesen. Als neuer Zahltag sei der 2. Mai vereinbart worden.

Auf dem Spiel stehen insgesamt rund 750 Millionen Euro, die bei einem Abbruch der Spielzeit fehlen würden. Bisher ist die Austragung von Geisterspielen nicht sicher, da Bund und Länder sich am Mittwoch auf die Verlängerung des Verbots von Großveranstaltungen bis mindestens zum 31. August einigten.

Nicht kommentieren will die DFL die Ablehnung von Geisterspielen durch Ultra-Fans. „Die Wiederaufnahme des Fußballs, auch in Form von Geisterspielen, ist in der aktuellen Situation nicht vertretbar - schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen Verantwortung“, steht in einer Erklärung der „Fanszenen Deutschland“. Weiter heißt es: „Eine baldige Fortsetzung der Saison wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellschaft und insbesondere all denjenigen, die sich in der Corona-Krise wirklich gesellschaftsdienlich engagieren.“

Die „Fanszenen Deutschland“ sind nicht in der Ad-hoc-Gruppe Fan-Institutionen und Verbände zu Corona vertreten, die am Donnerstag erneut mit Vertretern der DFL und des Deutschen Fußball-Bundes in einer Schalte tagte. Anfang der Woche hatte sich „Pro Fans“ mit seinen vielen Ultra-Anhängern nicht mehr gegen Partien ohne Zuschauer ausgesprochen. „Unsere Kurve“ will sich derzeit nicht konkret äußern.

(gic/dpa)
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