Hoffenheim empfängt Borussia Torfabrik gegen Torfabrik

Mönchengladbach · 23 Tore fielen in den vergangenen vier Spielen von Borussia Mönchengladbach in Sinsheim. Ein Spiel, das auch am Samstag großes Spektakel verspricht. Das hat auch mit der DNA beider Teams zu tun.

 Im Oktober 2017 bringt Kerem Demirbay die TSG in Führung. Am Ende gewinnt aber Gladbach 3:1 – Vincenzo Grifo (r.), heute Hoffenheimer, traf auch.

Im Oktober 2017 bringt Kerem Demirbay die TSG in Führung. Am Ende gewinnt aber Gladbach 3:1 – Vincenzo Grifo (r.), heute Hoffenheimer, traf auch.

Foto: dpa/dpa, ua jai

Es sind nur drei Buchstaben, doch deren Bedeutung ist groß: DNA. Das definiert, das ist Gesetz, das ist auch ein Versprechen. Max Eberl, Manager von Borussia Mönchengladbach, benutzt die drei Buchstaben gern, um seinen Ansatz für den Fußballklub zu beschreiben: Borussia steht für Tore und Leidenschaft, für schönen, mutigen Fußball. Hennes Weisweiler, der Erfinder der legendären Fohlenelf und Meistermacher am Niederrhein, hat es so formuliert: „Ein 4:3 ist mir lieber als ein 1:0.“ Daran wird in Mönchengladbach bis heute der Fußball gemessen.

Deswegen gab es in der vergangenen Saison Missstimmung in Mönchengladbach. Vielen Fans ging es weniger um den neunten Tabellenplatz, der am Ende herauskam, sondern darum, das wurde bei der Mitgliederversammlung deutlich, um die Art und Weise, wie die Borussen spielten: zu oft quer statt steil, vorsichtig statt mutig, so gar nicht „fohlenhaft“. Trainer Dieter Hecking hat nun umgestellt, hat den Mut ins Spiel zurückgebracht mit seinem offensiven 4-3-3-System, das er auch gegen Top-Klubs nicht aufgibt. Nach Borussia Dortmund ist Gladbach mit 33 Treffern die treffsicherste Mannschaft, insgesamt fielen 49 Tore in den 14 Bundesligaspielen der Mönchengladbacher (Schnitt 3,5).

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Die DNA von 1899 Hoffenheim ist ähnlich. Sie wurde durch Ralf Rangnick definiert, der den Klub 2008 mit atemberaubendem Offensivfußball – mit Spielern wie Vedad Ibisevic, Demba Ba oder Carlos Eduardo – in die Bundesliga führte. Rangnick ist bekennender Fan des Fohlenfußballs der 1970er Jahre, also hat auch seine Grundidee von 1899 Hoffenheim weisweilersche Wurzeln. Trainer Julian Nagelsmann setzt diese in der Gegenwart fort. 30 Tore erzielte seine Mannschaft in 14 Spielen, insgesamt gab es in den Partien mit Hoffenheim-Beteiligung 51 Tore. Das sind im Schnitt 3,6. Wie in Gladbach stehen die Namen der Herren aus der Abteilung Attacke für Produktivität: Hier sind es Alassane Plea, Thorgan Hazard, Lars Stindl oder Raffael, dort Andrej Kramaric, Joelinton, Ishak Belfodil oder Reiss Nelson.

Am Samstag (15.30 Uhr) treffen sich die beiden Torfabriken. Seit 2014 gab es in allen Duellen dieser Klubs 39 Tore, vor allem bei den Spielen in der Sinsheimer Arena war das Spektakel Standard. 4:1, 3:3, 3:5 und 3:1 lauteten die Resultate aus Gladbacher Sicht. 23 Tore in vier Spielen, das sind fast sechs pro Spiel. Weisweiler, der Anfang Dezember 99 Jahre alt geworden wäre, hätte seine Freude an dieser filmreifen Geschichte, die vielmehr pure Hollywood-Action als französische Nouvelle Vague ist. Dass seine Borussia in dieser Saison ganz in seinem ästhetischen Sinne auch noch erfolgreich ist, würde Weisweiler zudem gefallen. Was Eberl heute als Borussias DNA verkauft, ist Weisweilers Erbe.

Dieter Hecking, der 1983 Fußballprofi bei Borussia wurde, hat das als Spieler eingeimpft bekommen. Er war selbst Stürmer, sein Trainer war damals der Mann, der in Weisweilers Borussia zum torhungrigsten Borussen aller Zeiten wurde: Jupp Heynckes (220 Treffer für Gladbach). Demnach gefällt auch Hecking die Art und Weise, wie es sein Team auf den zweiten Tabellenplatz geschafft hat. Doch er weiß: Die B-Note ist bei Klubs wie Borussia wichtig, letztlich ist es aber die A-Note, an der Erfolg gemessen wird.

Hecking bevorzugt das Spektakel. Als ständige Verpflichtung sieht er es nicht: „Ich erwarte ein Fußballspiel, das spielerisch sicher zu den besseren in der Bundesliga zählen wird. In der Vergangenheit sind zwischen beiden Teams immer viele Tore gefallen. Deshalb muss es aber nicht zwangsläufig erneut ein Offensivfeuerwerk werden“, sagte Hecking. „Ich wäre mit einem 1:0 für uns vollkommen zufrieden.“ Wenn es dann aber doch ein 4:3 wäre, wäre es auch für Hecking umso schöner. Wobei sein Kollege Nagelsmann ganz ähnlich denken wird. DNA verpflichtet eben. Hoffenheim gegen Gladbach ist daher ein Spiel mit hoher Spektakel-Wahrscheinlichkeit.

(kk)
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