Zwischen Kontinuität und Wandel So sieht Borussias Transferpolitik nach Eberl aus

Analyse | Mönchengladbach · Manager Max Eberl ist weg, doch Kaderplaner Steffen Korell ist noch da. Er setzt die Einkaufspolitik grundsätzlich fort – im Sinne des Gladbacher Weges, den Präsident Rolf Königs erneut ausgerufen hat. Was dahintersteckt und was sich dennoch ändern könnte.

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Foto: jdp/Jens Dirk Paeffgen

Die Winter-Transferperiode ist vorbei. Mit dem 1. Februar 2022 beginnt in Sachen Transfers eine neue Zeitrechnung bei Borussia. Fast 13 Jahre lang war Sportdirektor Eberl mit Kaderplaner Steffen Korell das Maß aller Zukäufe. Zwar hat Eberl immer neue Ideen entwickelt, doch mit der Zeit entwickelte sich der „typische Eberl“, ein Spieler also, der „sachlich, fachlich und charakterlich“ zu Gladbach passt – die Art, wie Präsident Rolf Königs nun die Merkmale des künftigen Managers beschrieb, gelten so auch für Spieler. Jung oder vor dem nächsten Schritt, ambitioniert und ebenso entwicklungsbereit wie -fähig, so in etwa waren die Borussen, die Korell suchte als Kaderplaner mit seinem Scoutingteam und die Eberl dann holte als Sportdirektor.

Den Transfer von Marvin Friedrich hat zwar schon vor allem Korell realisiert, doch ist der lange Verteidiger ebenso ein „typischer Eberl“ wie es zuvor Manu Koné, Joe Scally oder Luca Netz waren. Friedrich ist zwar ein gestandener Spieler, hat aber noch Entwicklungspotenzial, wie es früher Max Kruse oder Lars Stindl hatten. Koné, Scally und Netz sind Top-Talente mit besten Prognosen in der Tradition von Marco Reus, Granit Xhaka oder Denis Zakaria.

Eberl ist nun weg, Korell bleibt. Aufrücken und Eberls Job machen wollte er nicht, er arbeitet von jeher lieber im Hintergrund im Sinne des Klubs und seiner Philosophie. Und ist damit einer, der wie Eberl intensiv am Aufschwung der vergangenen Jahre beteiligt war und das Geheimnis des Erfolgs kennt: den Gladbacher Weg. „Wir werden den Borussia-Weg gehen und uns treu bleiben. Wir werden im Stil der Borussia-Kultur weitermachen und alles dafür tun, unsere Ziele für die Zukunft zu erreichen“, sagte Präsident Königs mit Blick auf die Suche nach dem Eberl-Nachfolger. Gleiches gilt für Spieler-Transfers.

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Die Suche nach dem Eberl-Nachfolger läuft, ein schnelles Ergebnis ist nicht zu erwarten. Der neue „Eberl“ wird anders sein als Eberl selbst, er wird neue Aspekte einbringen, wird andere Kontaktlinien haben, wird vielleicht andere Märkte im Blick haben als die Eberl-typischen. Doch wird er dem Gladbacher Weg verpflichtet sein, das gehört zum Suchprofil, das hat Königs klargestellt. Frische Ideen sind nötig und erwünscht, aber es bleibt bei der Kaderplanung bei dem Leitmotiv, für das auch Korell steht.

Dieses war in den vergangenen zwei Jahren etwas aus dem Fokus geraten, es wurden eher fertigere Stars verpflichtet, um das Team an den Anspruch der Champions League anzupassen. Dazu kam in Marco Rose ein Trainer, der vielleicht weniger Entwickler war, als es Borussia nötig gehabt hätte. Sein Nachfolger Adi Hütter ist weit mehr ein typischer Gladbach-Trainer.

Hütter hat in Bern und Frankfurt nachgewiesen, dass er mit hungrigen Spielern ambitionierte Teams bauen kann, dass er Spieler wie bei den Young Boys, mit denen er die Vorherrschaft des FC Basel durchbrach, Denis Zakaria entwickeln kann. Doch für den Moment muss er die sportliche Situation in den Griff kriegen und das Team stabilisieren.

Parallel wird aber die Veränderung geplant. Korell und sein Scoutingteam, Hütter und Vize-Präsident Bonhof werden, so lange der Posten des Sportchefs vakant ist, die Planung übernehmen. Es ist eine eminent wichtige Phase. Denn dass es 2022 nicht nur an neuralgischer Stelle in der Führungsetage des Klubs einen Umbruch geben wird, sondern auch im Team, ist klar.

Viele Spieler-Verträge laufen 2023 aus. Dass Eberls Abgang auf die Entscheidungen bei diesen „internen Transfers“, wie er sie nannte, Auswirkungen haben kann, ist denkbar. Bei Eberl „gesetzte“ Spieler sind es nun vielleicht nicht mehr. Inwieweit getroffene personelle Entscheidungen noch mal revidiert werden, bleibt abzuwarten. So wird spekuliert, dass es sogar in der Personalie Matthias Ginter ein Umdenken geben könnte.

Abzuwarten bleibt auch, inwieweit die Borussen ihr Geschäftsmodell der vergangenen Jahre womöglich noch mal überdenken werden, um es anzupassen oder zu erweitern angesichts der Entwicklung seit Beginn der Pandemie. Es hat sich gezeigt, dass es nötig ist, wirtschaftlich unabhängiger vom sportlichen Erfolg und Transfergeschäften zu sein.

Doch wird die grundsätzliche Ausrichtung auf dem Transfermarkt eine ähnliche bleiben wie die, die Borussia lange stark gemacht hat. Sie gibt klare Handlungsspielräume vor, lässt allerdings durchaus auch neue Interpretationsansätze für die Post-Eberl-Ära zu, die sehr spannend sein können. Aus dem „typischen Eberl“ dann wird der „typische Gladbacher“.

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