Viele Tore nach ruhenden Bällen bei der WM Standards üben lohnt sich – auch für Borussia

Mönchengladbach · Bei der WM bringen Ecken, Freistöße und Elfmeter Tore. Borussias Quote war gut, ließ aber nach. Der neue Däne Andreas Poulsen erweitert das Repertoire – um weite Einwürfe.

 Erfolgreicher Standard für Borussia: Matthias Ginter trifft gegen Augsburg nach einer Ecke von Thorgan Hazard per Kopf.

Erfolgreicher Standard für Borussia: Matthias Ginter trifft gegen Augsburg nach einer Ecke von Thorgan Hazard per Kopf.

Foto: dpa/dpa, fg fdt

Christoph Kramers Ferienjob als WM-Experte des ZDF könnte für Borussia nützlich sein. Schließlich schaut sich der Mittelfeldspieler die Spiele genau an und weiß daher Bescheid, welche Trends es gibt in Russland. Eine wesentliche Erkenntnis indes ist gar nicht so neu: „Inzwischen stehen alle Mannschaften defensiv sehr gut, es wird immer schwerer, offensiv etwas zu kreieren“, sagte Kramer. Und dürfte sich dabei erinnert haben an die vergangene Saison, als sich er und die anderen Borussen zuweilen ebenfalls schwer taten, konkret zu werden vor dem Tor.

Der Lösungsansatz, den die Teams bei der WM anbieten, ist simpel: Standards. Waren bei der WM 2014 noch 22 Prozent aller Tore die Folge von Ecken, Freistößen und Elfmetern, so sind es in der ersten WM-Woche 50 Prozent und mehr. Dirk Bremser, Borussias Co-Trainer, wird das mit einigem Wohlwollen zur Kenntnis nehmen. Denn das bestätigt seine These, dass dieses Thema große Wichtigkeit hat.

 Traumtor zum 3:3 –  Portugals Superstar Cristiano Ronaldo traf im Auftaktspiel gegen Spanien per direktem Freistoß zum Endstand. Ein Beispiel für einen erfolgreichen Standard.

Traumtor zum 3:3 –  Portugals Superstar Cristiano Ronaldo traf im Auftaktspiel gegen Spanien per direktem Freistoß zum Endstand. Ein Beispiel für einen erfolgreichen Standard.

Foto: AP/Francisco Seco

Bremsers Steckenpferd sind Standards. Bei Borussia waren sie  lange verpönt, Bremser und Cheftrainer Dieter Hecking reanimierten sie. Mit Erfolg zunächst: In den ersten 19 Spielen der vergangenen Saison fielen 40 Prozent der Gladbacher Tore nach Standards, zwölf von 30. Dabei tat sich vor allem Thorgan Hazard hervor mit vier Elfmetern und vier Ecken-Assists. Man könnte es mit Englands Trainer Gareth Southgate sagen, dessen Chefangreifer Harry Kane gegen Tunesien nach zwei Ecken traf: „Wir haben viel daran gearbeitet. Und haben uns dafür belohnt.“

Den Borussen kam in der abgelaufenen Spielzeit die Präzision bei Standards abhanden. Nach dem 2:0 gegen Augsburg am 19. Spieltag, bei dem Matthias Ginter nach Hazards Ecke traf, gab es nur noch drei Standard-Tore unter den letzten 17 Treffern: Hazards Elfmeter gegen Hannover, Kramers Freistoß gegen Wolfsburg und Nico Elvedis Kopfballtor gegen Freiburg nach der Ecke von Jonas Hofmann. Die Quote sank auf 18 Prozent. Auch das war ein Grund für die maue Rückrunde. Hätte Borussia die Standard-Quote der Hinrunde gehalten, hätte es wohl mehr Tore und Punkte gegeben.

Es muss das Ziel sein, zurückzukommen zur alten Standard-Stärke. Gute Standards sind vor allem das Ergebnis nachhaltiger Trainingsarbeit. Siehe England. Und Ronaldo. Der Portugiese war 46-mal erfolglos mit seinen Standards bei WMs und EMs, hat aber viel geübt, auch mit Ex-Trainer Zinedine Zidane, der ein Experte auf dem Gebiet war. Nun traf Ronaldo grandios gegen Spanien. Auch Kroatiens Star Luca Modric, in Madrid Ronaldos Teamkamerad, berichtete, dass „wir im Training genau an diesen Elementen arbeiten“. Auch für die Borussen könnte es sich lohnen, ausgiebig Standards zu üben.

In der vergangenen Saison wurde Vincenzo Grifo unter anderem geholt als Experte auf diesem Gebiet. Doch er konnte seine Qualitäten nicht einbringen in Gladbach. Nun ist er wieder weg – doch gibt es durchaus Könner in dieser Disziplin im vorhandenen Gladbacher Team. Michael Cuisance hat sich als solcher erwiesen, Raffael kann es, Laszlo Bénes ebenfalls und auch Hazard (wenn er denn bleibt). Kramer schaffte gegen Wolfsburg auf skurrile Art den ersten direkten Freistoß-Treffer Borussias seit Dezember 2015, so lange sollte es bis zum nächsten nicht dauern. Zudem haben Elevdi, Matthias Ginter und Jannik Vestergaard ihre Standard-Qualitäten nachgewiesen.

Der neue Däne Andreas Poulsen könnte das Repertoire um ein interessantes Element erweitern: den Einwurf. Er hatte in Midtjylland einen Extra-Trainer dafür, Thomas Gronnemark. „Ich bin stolz auf Andreas Poulsen. Er hat seinen Einwurf von 24,25 auf 37,90 Meter verbessert durch mein Training. Ich freue mich auf einige wahnsinnige Einwürfe in der Bundesliga“, twitterte Gronnemark nun. Weite Einwürfe als Stilmittel – das gab es in Gladbach schon, unter anderem dank des Norwegers Havard Nordtveit. Einer seiner Einwürfe ging auch einem der wichtigsten Tore der Vereinsgeschichte voraus: dem 1:0 von Igor de Camargo im Relegationsspiel gegen den VfL Bochum.

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