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Eberl über „Borussia 8 Grad“ „Es werden die Klubs überleben, die eine Vision haben“

Mönchengladbach · Zur Eröffnung von „Borussia 8 Grad“ sprechen Borussias Präsident Rolf Königs, Geschäftsführer Stephan Schippers und Sportdirektor Max Eberl über den Neubau, Nachhaltigkeit, China und den Spagat zwischen nationaler Tradition und Internationalisierung.

Borussias Sportdirektor Max Eberl, Präsident Rolf Königs und Geschäftsführer Stephan Schippers (von links) vor dem neuen Fanshop.

Borussias Sportdirektor Max Eberl, Präsident Rolf Königs und Geschäftsführer Stephan Schippers (von links) vor dem neuen Fanshop.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Herr Königs, Stephan Schippers hat den Neubau des Gebäudes „Borussia 8 Grad“ als einen Meilenstein für Borussia bezeichnet. Wie groß ist dieser Meilenstein?

Rolf Königs Es ist ein sehr wichtiger Meilenstein in der Entwicklung unseres Klubs. Wenn wir mal zurückschauen: Den Bökelberg, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, gibt es nicht mehr. Und es wurde höchste Zeit, dass wir 2004 in das neue Stadion eingezogen sind. Damals gab es eine lange Diskussion, ob das sein musste, aber die Fans haben das letztlich verstanden und angenommen. Der Borussia-Park war aber nur der erste Schritt, die Keimzelle. Was wir heute hier sehen, ist die logische Weiterentwicklung. Am Bökelberg hatten wir keinen Trainingsplatz, kein Jugendinternat, kein eigenes Stadion, gar nichts. Aus den 70ern, den 80er Jahren, aus diesem Mythos, ist keine zukunftstaugliche Infrastruktur erwachsen. Wir waren uns 1999, als wir angefangen haben, einig, dass wir da für die Sicherung der Zukunft des Vereins etwas Neues schaffen müssen. Das Stadion war der Beginn, um den Borussia-Park zu schaffen mit diesem Meilenstein.

Stephan Schippers Das Stadion war der Quantensprung für uns und „Borussia 8  Grad“ ist nun tatsächlich ein Meilenstein. Aber es ist Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck. Denn dort sind alle Fakultäten untergebracht, die für Borussia wichtig sind.

Hatten Sie 2004 das Areal schon komplett gekauft?

Königs Wir haben im ersten Step 204.000 Quadratmeter gekauft und dafür 10,1 Millionen Euro an die Stadt bezahlt. Mittlerweile sind wir in der Weiterentwicklung des ganzen Areals, denn wir wollen nicht zugebaut werden. Wir möchten uns frei entfalten und atmen können. Der Borussia-Park soll nicht so zugebaut werden wie der Kölner Dom (grinst).

Was wäre ohne den sportlichen Erfolg? 2011 war eine schwierige Phase. Hätte man das alles auch bei einem dritten Abstieg realisieren können?

Königs Stephan Schippers sagt immer: Wir geben nicht mehr aus als wir einnehmen. Das ist das wirtschaftliche Ziel. Wäre es 2011 schiefgegangen, hätten wir ein bisschen langsamer machen müssen, aber wir wussten ja, was wir wollten. Wir haben unser Ziel nie aus den Augen verloren. Aber eines sei versichert: Der Neubau wird kein Denkmal sein, sondern mit zu unserer lebendigen Vereinskultur gehören.

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Das neue Borussia-Hotel

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Foto: Bauch, Jana (jaba)

Herr Eberl, welche Rolle spielt das Gebäude für den Sport?

Max Eberl Wir brauchen Nachhaltigkeit und Stabilität. Manche Vereine haben Mäzene oder Investoren im Hintergrund, aber unser Klub ist einer, der sich in den letzten zwei Jahrzehnten aus eigener Kraft herausgearbeitet hat aus einer schwierigen Phase. Das ist das, was meiner Meinung nach über allem steht: aus eigener Kraft. Alles das, was hier steht, ist eigener Erfolg. Sport und kaufmännischer Bereich gehen Hand in Hand. Das Gebäude ist das i-Tüpfelchen auf diese Entwicklung. Ich bin sehr dankbar, dass wir damals den Fohlen-Campus und das kleine Stadion bekommen haben, als wir uns mit den Transfererlösen von Marc-André ter Stegen und Marco Reus kleine Wünsche erfüllen konnten, die auch der Nachhaltigkeit in Form von Jugendarbeit zugutekommen. Und dieses Gebäude jetzt ist eine Investition in die Stabilität dieses Klubs, es ist ein Mosaikstein dafür, dass auch in 20 Jahren hier noch Bundesligafußball gespielt wird. Wenn Mäzene kommen, weißt du nicht, wann sie wieder gehen. Aber dieser Klub steht auf sehr gesunden Füßen, und dazu gehört der Neubau.

Es hilft Ihnen doch sicher auch aufgrund der kurzen Wege.

Eberl Wir haben hier alles zusammen, vom Servicecenter über die Lizenzspieler bis hin zum Präsidium. Dann kommt noch das Museum dazu, in dem man Borussia greifen kann mit ihrer einzigartigen Geschichte. Und dass unsere Mannschaftsärzte jetzt hier mit untergebracht sind, ist natürlich eine große Hilfe. Zudem haben wir Appartements für die Spieler, die zu alt für das Internat, aber noch zu jung für eine eigene Wohnung in der Stadt sind, und dann da den nächsten Schritt gehen können. Wir haben das Reha-Zentrum oben drin, das noch größer und komfortabler geworden ist als das bisherige. Das sind für uns wichtige Facetten für den Sport, aber vor allem für die Nachhaltigkeit des Klubs. Der Fußball wird sich nochmal verändern, und dann werden die Klubs überleben, die eine Vision und eine Idee haben in puncto Nachhaltigkeit. Und das hat dieser Klub aus eigener Kraft geschafft.

Wie wichtig ist es, dass die jüngere Geschichte des Klubs als Gegenpol zu der erfolgreichen Vergangenheit abgebildet wird?

Eberl Das ist kein Gegenpol, sondern ein weiteres Kapitel der Geschichte. Als ich 1999 zu Borussia kam, gab es den großen Traum, irgendwann wieder nach Europa zu kommen. Die 70er Jahre sind die DNA des Klubs, dass man mit jungen Spielern, mit eigenen Spielern Erfolg haben will. Nichts anderes machen wir seit zehn Jahren: Mit jungen Spielern Schritt für Schritt Möglichkeiten erarbeiten, die uns Erfolg bringen können. Wir geben nur aus, was wir einnehmen, deswegen müssen wir alle gucken, dass die Einnahmen größer werden. Und ich kann das im Sport eben nur schaffen durch Transfers oder sportlichen Erfolg.

Wie wichtig wird der sportliche Erfolg sein, um den Neubau auch tragen zu können?

Schippers Wir wollen in der ersten Bundesliga sein und da in der oberen Tabellenhälfte stehen. So definieren wir sportlichen Erfolg. Natürlich ist es noch schöner, wenn wir uns international qualifizieren, aber das darf kein Muss sein. Das spiegelt sich auch in der Finanzierung des Gebäudes wider. Wir haben vor sechs Jahren angefangen, die Gedankengänge zu dem Neubau zu intensivieren und haben dreieinhalb, vier Jahre geplant, bis wir fertig geworden sind. Das ermöglicht uns, unsere originären Geschäftsfelder um den Fußball herum zu intensivieren. Man kann durch jede Etage gehen, und überall finden junge und ältere Fans ihre Borussia wieder. Es ist eine Weiterentwicklung mit dem Museum, das kommt, oder dem Fanshop, der größer geworden ist, und nun eben auch mit dem Hotel. Wir machen hier 450 Veranstaltungen im Jahr und wollen perspektivisch 700, 800 machen. Der medizinische Bereich ist nicht nur für die Sportler, sondern für jedermann draußen in der Stadt da. Das Geschäftsstellengebäude „Borussia 1900“ und der Neubau „Borussia 8 Grad“ passen von der Bespielung her perfekt zueinander. Jeder Fan kann das erleben, das Museum, die Fohlenwelt. Damit werden wir kein Geld verdienen, aber darum geht es uns hier auch gar nicht. Es geht darum, ein Senfkorn zu setzen und zum Wachsen zu bringen, dass junge Menschen die Geschichte von Borussia Mönchengladbach erleben. In der Summe ist das eine Geschichte, die durch den sportlichen Erfolg getrieben ist und die dem Verein nie mehr zu nehmen ist.

Kann man sagen, dass Max Eberl das mitgebaut hat?

Eberl Nein.

Schippers Wir alle haben es gebaut. Aber vollkommen richtig: Der sportliche Erfolg ist die Triebfeder in einem Fußballverein.

Königs Und wir waren uns immer einig bei den Entwürfen der Architekten. Wir wollten keinen Schuhkarton, sondern ein architektonisch anspruchsvolles Haus. Das haben wir jetzt und es hat wegen der leichten Neigung den Namen „8 Grad“. Viele Menschen haben ja Visionen, aber wir haben sie von Anfang an entwickelt und dann in der zweiten Dimension daraus eine Strategie gemacht und sie in der dritten Dimension umgesetzt.

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Foto: Rheinische Post/Dirk Päffgen

Visionen als Stichwort: Es gibt ja noch die Idee eines neuen Hauses für die Lizenzmannschaft. Was gibt es darüber hinaus?

Königs Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte erzählen. Als wir die Idee hatten, auf dem Trainingsgelände ein kleines Stadion, den Fohlen-Platz, zu bauen, ist Max Eberl ganz nervös geworden. Investitionen in einer kritischen Zeit – da hat er nur gedacht: „Nehmt mir bloß nichts von meinem Etat weg“. Wir mussten ihn damals überzeugen, dass das das Richtige für die Zukunft ist. Jetzt ist er happy. Und jetzt machen wir uns Gedanken über das Profi-Haus.

Eberl Wir haben viel bewegt seit 2002, als mit den Stadionbau-Planungen begonnen wurde. Unser Kader ist größer geworden, unser Staff auch, die Bedürfnisse sind ebenfalls gewachsen. Da war dann einfach die Frage: Wie kann man den nächsten Schritt gehen? Wir haben gerade über Visionen gesprochen. Die habe ich. Eine Strategie habe ich auch. Es ist irgendwann unabdingbar, den nächsten Schritt zu gehen. Wir haben die Fläche, das ist das Schöne daran, aber das ist natürlich auch ein Projekt, das Geld kostet, und wir wollen den sportlichen Erfolg im Auge behalten. Wenn mir der Klub sagt: „Hier hast du 50 Millionen Euro, aber komm bitte nach Europa, sonst geht der Verein kaputt“, würde ich auf das Geld verzichten. Ich will nur das Geld haben, das wir guten Gewissens ausgeben können, denn ich kann nichts garantieren. Ein Spieler kommt und nach drei Tagen verletzt er sich. Das Gebäude aber steht und wird eine solide Basis bieten, um dem Sport etwas zuzuführen, auch wenn das nicht allein reichen wird. Das Profi-Haus ist der nächste Schritt, um weiter sportlichen Erfolg zu haben.
Schippers Wir haben da drüben ein neues Gebäude, „Borussia 8 Grad“, das wir jetzt erst einmal mit Leben füllen müssen. Es geht nicht darum, immer mehr zu bauen. Wir haben mit dem Profi-Haus etwas im Auge, das auch notwendig ist, aber genauso notwendig ist das Jugendinternat, das wir mithilfe unseres Jugend-Hauptsponsors Santander gebaut haben. Das ist so ein bisschen im Schatten des großen Bruders gewachsen und hat auch dreieinhalb, vier Millionen Euro gekostet. Auch wenn die Eröffnung noch aussteht: Die Jungs sind schon eingezogen. Die Jugendarbeit ist für uns sehr wichtig.

Die Kapazität für das Jugendinternat wurde verdoppelt. Wie schwierig ist es, diese 24 Plätze zu füllen?

Eberl Um konkurrenzfähig zu bleiben, mussten wir größer werden. Wir wollten nicht auf 30, 40, 50 gehen, sondern haben uns eine Größe ausgesucht, von der ich sage, dass es immer noch möglich ist, das mit Qualität zu füllen. Dass es immer komplizierter wird, sieht man auf dem Fußballmarkt, es wird alles viel verrückter, auch was das Finanzielle angeht. Es wird immer früher für junge Spieler unfassbar viel Geld bezahlt. Wir müssen als ein weiteres Steckenpferd die Jugendarbeit haben, die für mich in den letzten Jahren ein Faustpfand unserer Qualität war. Es ist aber nicht unsere Aufgabe, in unser Internat 24 Talente reinzupressen. Wenn es zwölf sind, sind es zwölf, wenn es zehn sind, sind es zehn, wenn es 18 sind, ist es umso schöner. Aber es müssen Jungs sein, bei denen die Förderfähigkeit vorhanden ist, dass sie einmal oben ankommen können.

Jordan Beyer hat es zuletzt aus dem eigenen Nachwuchs zu den Profis geschafft, Tony Jantschke und Patrick Herrmann sind die Letzten der Generation Relegation. Wie wichtig sind solche Spieler?

Eberl Dazwischen war noch Mo Dahoud. Oder Marc-André ter Stegen. Und noch ein paar mehr. Tony und Patrick sind natürlich auffällig, weil sie jetzt zehn Jahre da sind. Das ist auch nicht normal in der Fußballwelt, das zeigt aber auch ihre Charaktere und die Identifikation mit diesem Klub. Das ist außergewöhnlich. Schauen Sie mal durch die Bundesliga: Da gibt es keinen Verein, der zwei Talente hat, die seit zehn Jahren bei ihm sind. Da sind wir die einzigen. Aber es ist komplizierter geworden.

Inwiefern?

Eberl Wir haben in den letzten Jahren einen Riesenschritt nach vorne gemacht, was das Fußballspielen und die Qualität angeht. Wir haben uns in die obere Hälfte der Bundesliga gearbeitet, dadurch wird aber auch der Schritt für die Talente sehr groß. Aber wir haben es immer wieder geschafft, Talente nach oben zu bringen. Auch wenn jetzt ein Florian Mayer oder Marcel Benger oder Mandela Egbo nur ein, zwei Spiele gemacht haben, erinnere ich gerne an viele andere, die jetzt in der Ersten und Zweiten Liga sind: Johannes van den Bergh, Yunus Malli, Julian Korb, Matthias Zimmermann, Lukas Rupp – alles Spieler, die hier waren und vielleicht noch nicht den letzten Schritt gemacht haben, aber alle Bundesligaspieler geworden sind. Mal klappt es bei uns nicht, dann müssen sie woanders hin, aber sie werden alle ein gutes Niveau erreichen. Und das ist das, was wir mit dem Internat schaffen wollen: Wir wollen den ter Stegen finden, aber vielleicht auch denjenigen, der nachher bei Düsseldorf, Stuttgart oder Kiel spielt. Das sind dann auch unsere Jungs. Wir haben knapp 30 Jungs, die in Ersten oder Zweiten Ligen unterwegs sind. Das ist besonders und muss weiter unser Steckenpferd bleiben und dafür ist das Internat einfach Gold wert. Roland Virkus macht mit seinen Leuten einen herausragenden Job, dass immer wieder Jungs nach oben kommen.

Königs Wir sind eine Elite-Schule des deutschen Fußballs. Wir sind ein Fußballverein. Das werden wir nie vergessen, und dafür tun wir alles. Der Fußball steht im Mittelpunkt, die Infrastruktur ist Mittel zum Zweck.

Haben Sie noch Wünsche an die Stadt, zum Beispiel, was die Anbindung angeht? Am 16. November dieses Jahres gibt es hier ein Länderspiel gegen Weißrussland, und bei solchen Ereignissen funktionieren die eingespielten Abläufe ja nicht immer.

Königs Die Geschichte holt uns da ein. Als wir hier gekauft haben, hat man uns versprochen, dass wir hier ein Grundstück bekommen, das voll erschlossen ist mit Gleisanschluss. Haben Sie einen Gleisanschluss gesehen? Nein. Der wird auch nicht kommen. Wir ersetzen den fehlenden Gleisanschluss dadurch, dass wir die Fans an den Bahnhöfen Mönchengladbach und Rheydt mit Bussen abholen. Und wir zahlen dafür mittlerweile pro Jahr eine Million Euro, weil die Anzahl der Busse gestiegen ist und die Tarife erhöht wurden. Die Infrastruktur muss verbessert werden, nicht nur hier im engeren Bereich, sondern auch darüber hinaus. Das ist unser Wunsch an die Stadt und die Landesregierung.

Schippers Wir sind in guten Gesprächen mit der Stadt. Wir haben ein Stadion, das ist genehmigt für 60.000 Zuschauer, wir fahren aber nur mit 90 Prozent, mit 54.022 Zuschauern ist es ausverkauft. An Wochentagsspieltagen kriegen wir Probleme mit dem Verkehr. Das ist die Achillesferse hier. Wir haben einiges gemacht, die Stadt hat einiges gemacht, aber wir sind noch nicht fertig. Wir haben jetzt einen Umlauf und können von Norden nach Süden fahren, das ist ein Teil der neuen Erschließung. Es ist besser geworden. Und trotzdem sind wir nicht fertig, daran müssen wir arbeiten, gerade wenn so ein Termin wie das Länderspiel ansteht. Da muss alles einwandfrei laufen.

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Was gibt Borussia mit all dem, was passiert ist, der Stadt?

Königs Ein unheimliches Image. Die Hochschule hat eine Studie gemacht, was Borussia Mönchengladbach der Stadt bringt. Es ist eine gewaltige Einsparung für die Stadt, die das mit Werbemaßnahmen, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen, niemals erzielen könnte.

Also erübrigt sich die Suche nach einer Marke für die Stadt?

Königs Wir wollen ihr da nicht in die Quere kommen. Wir sind ja kein Konkurrenzunternehmen, sondern eine logische Ergänzung.

Schippers Wir sind doch Kind der Stadt und tragen den Stadtnamen in unserem Vereinsnamen. Und trotzdem ist es so: Die größte Strahlwirkung über die Stadt hinaus, national wie international, ist nun mal unser Fußballverein. Das ist sehr gut, das macht Spaß, trotzdem müssen wir, Stadt und Verein, weiter daran arbeiten, dass es so bleibt und vielleicht sogar noch besser wird.

Königs Wir kommen aus Mönchengladbach und haben immer gesagt: Wir bekennen uns zu unserer Heimat. Das ist auch ein ganz wichtiges Thema im Rahmen unserer Internationalisierung: Dass wir dann den Namen Mönchengladbach weiter nach außen tragen, in andere Länder.

Sie haben ein Büro in Shanghai eröffnet. Kann man dann damit rechnen, dass die Mannschaft nach der Saison nach China fährt?

Eberl Eine Saison ist hart und kostet alle viel Kraft, deswegen sind solche Fahrten nach der Saison wunderschön, weil sie Freiraum und Luft geben. Dass China durchaus ein Ziel sein wird, nachdem wir das Büro eröffnet haben, ist selbstredend, aber für uns alle auch eine Erweiterung unseres Horizonts. Da mal zu spielen, das Land zu sehen und kennenlernen zu dürfen, ist eine tolle Erfahrung. Meine zehn Jahre Jugendzeit waren fantastisch, weil ich die Möglichkeit hatte, mit der Nationalmannschaft nach Israel zu kommen und als Münchener nach Australien, Belgien, Holland. Das hat mich auch als Persönlichkeit weiterentwickelt. Ich habe tolle Erfahrungen gemacht in dieser Zeit, und ich finde, das sollte man den Fußballern heute auch noch ermöglichen.

Welche Dimension hat die Verbindung nach China?

Eberl Wir sind dabei, etwas aufzubauen. Mittlerweile haben wir überall auf der Welt Fußballschulen. Das ist schon eine Marke geworden. Das ist nicht nur China, das ist Singapur, Amerika, Mittelamerika, Australien. Wir sind viel unterwegs. China ist ein Land, das den Fußballsport gerade forciert und das ehrgeizige Ziel hat, 2050 Weltmeister zu werden. Dafür müssen die Chinesen natürlich jetzt anfangen, Fußball-Know-how zu bekommen. Katar ist einen anderen Weg gegangen, hat zum Beispiel Brasilianer gekauft und sie eingebürgert. Die Chinesen wollen es aus eigener Kraft machen. Ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen, in dem Sport eine große Rolle spielt, der Fußball aber noch nicht so. Bei der Entwicklung als Verein dabei zu sein und mitzuhelfen, ist spannend.

Wie wird das Büro in Shanghai angenommen?

Schippers Es läuft. Dort arbeiten zwei Kollegen von uns Vollzeit im Büro und zwei weitere auf dem Trainingsplatz, wir haben die Partnerschaft mit der Stadt Suqian und sind guter Dinge, dass wir bald eine zweite Partnerschaft bekanntgeben können.

Königs Natürlich gehen wir in Vorleistung. Wir bringen unser Know-how, die Eliteschule des deutschen Fußballs, das Jugendleistungszentrum, da hin. Nicht einfach nur als Messingschildchen, das wir an die Wand hängen, sondern mit unserem Wissen und unserer Erfahrung.

Eberl Und mit derzeit zwei Trainern, die ein Jahr komplett da sind und in den Schulen Sportunterricht machen.

Schippers Und wenn man die Schulen sieht – wir waren ja vor Ort –, da sind dann 3600 Kinder an der Schule, in einer Klasse 60, 70 Schüler. Der Stuhl eines Schülers hat unten ein Ballfach, jeder Schüler hat seinen eigenen Ball unter dem Stuhl. Das ist Wahnsinn. Und ja, wir wollen eine Reise nach China mit den Lizenzspielern machen. Wenn uns das jetzt schon glückt, ist es gut, es hängt aber immer von vielen Faktoren ab.

Wie groß ist der Spagat für Borussia zwischen nationaler Tradition und Internationalisierung?

Schippers Der Fußball redet über Internationalisierung und Digitalisierung. Wir wissen, wo wir herkommen. Wir sind ein Fußballverein, und das werden wir auch immer bleiben. Warum fahren wir ins Saarland oder in die Schweiz, in Gebiete, in die wir vielleicht im originären Fußballbetrieb nicht hinkommen? Weil wir da unheimlich viele Fans haben. Da fahren wir hin, weil wir es ernst meinen. Natürlich muss man diesen Spagat machen und sagen: Das eine Mal fahren wir da hin und das andere Mal vielleicht nach China.

Eberl Dieser Spagat ist im Moment eh komplizierter denn je. Vom Bökelberg zum Borussia-Park war es ein Spagat. Investition in Steine oder in die Mannschaft ist ein Spagat. Investition in die Mannschaft und die Nachhaltigkeit des Klubs zu bewahren, ist ein Spagat. Das Thema begleitet den Fußball heute mehr denn je, weil der Spagat größer wird.

Was sagen die Fans dazu?

Schippers Unsere Fans tragen das mit, weil sie wissen, dass das notwendig ist, wenn man sich als Verein für die Zukunft aufstellen will.  Wir machen ja kein Happening aus unserem Spiel, der Fußball muss der Fußball bleiben. Aber dass man digitale Angebote macht, das W-Lan ausbaut, das gehört eben auch dazu. In den letzten zwölf Jahren hat sich die Welt durch die Technik, die Digitalisierung so sehr verändert, dass es falsch wäre, stehenzubleiben.

Königs Es ist natürlich ein Spagat: Das Traditionelle und das dem Zeitgeist Entsprechende zusammenzubringen. Es ist wichtig, dass wir das den Fans behutsam beibringen.

Wie macht man das?

Schippers Moderat im Dialog. Wir diskutieren viel und ernst miteinander und wollen klarmachen, dass wir alles in erträglichen Maßen tun. Wir treiben die Internationalisierung voran, haben dafür aber ein ganz bescheidenes Budget eingesetzt, weil sie sich am langen Ende selber tragen soll. Wenn es aus welchen Gründen auch immer nicht geht, sagen wir vielleicht in fünf Jahren: Das war es. Aber vielleicht arbeiten in fünf Jahren auch zehn Leute in China und nicht vier. Weil es uns vielleicht Geld bringt und wir vielleicht dadurch die Eintrittspreise nicht erhöhen müssen. Wir hatten in fast 15 Jahren Borussia-Park in der Bundesliga nur einmal eine Preiserhöhung. Der Fußball muss für die Menschen bezahlbar bleiben.

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