Raffael im Interview „Ich möchte bei Borussia meine Karriere beenden“

Mönchengladbach · Der „Maestro“ hat unter der Woche seinen Vertrag bis 2020 verlängert. Im Interview spricht Raffael über seine Zukunft, das Spiel gegen Mainz, seine Lust auf Europa und seinen talentierten Sohn.

 Raffael jubelt im Spiel gegen Stuttgart. (Archiv)

Raffael jubelt im Spiel gegen Stuttgart. (Archiv)

Foto: dpa/Federico Gambarini

Raffael, beim 1:5 gegen Bayern München kamen Sie nach Ihrem Schlüsselbeinbruch erstmals wieder zum Einsatz...

Raffael: Auch wenn das Ergebnis für die Mannschaft sehr schlecht war, hat mir das Spiel gut getan. Es ist schön, dass ich wieder da bin. Es war wichtig für mich, nach der langen Verletzung auf dem Platz zu stehen.

Wie ist es, mit 33 Jahren von einer Verletzung zurückzukehren?

Raffael: Natürlich ist es deutlich schwerer als früher, man wird eben nicht jünger und spürt das Alter. Aber das gehört dazu.

Haben Sie sich damit arrangiert, dass Ihr Körper anfälliger ist?

Raffael: Ich war noch nie so oft verletzt wie in letzter Zeit, das ist natürlich bitter. Aber mir ist bewusst, dass ich nicht mehr so viele Spiele wie früher machen kann.

In dieser Bundesliga-Saison kommen Sie lediglich auf neun Einsätze, schossen dabei ein Tor und bereiteten einen Treffer vor.

Raffael: Damit bin ich überhaupt nicht zufrieden. Ich hoffe, dass ich noch viele Spiele machen kann und auch einige Tore schieße und vorbereite. Am wichtigsten ist aber, dass wir als Mannschaft wieder bessere Ergebnisse einfahren. Mein Ziel ist, dass wir in jedem Spiel punkten.

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Wie viel von der Klasse des Raffael früherer Jahre ist noch übrig?

Raffael: Ich bin fest davon überzeugt, dass ich der Mannschaft noch helfen kann. Ich habe nichts verlernt.

Daran glaubt auch Borussia und hat Sie mit einem neuen Vertrag bis 2020 ausgestattet.

Raffael: Darüber bin ich sehr froh. Es war mein Ziel, bei Borussia zu bleiben. Ich möchte hier meine Karriere beenden und danach auch im Niederrhein bleiben. Meine Familie und ich wollen bald ein Haus bauen.

Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, was Sie nach der aktiven Karriere machen wollen?

Raffael: Wenn ich die Möglichkeit bekomme, Botschafter für Borussia zu werden, etwa wie Giovane Elber bei Bayern München, wäre das toll.

Für den neuen Vertrag mussten Sie auf viel Geld verzichten.

Raffael: Das ist überhaupt kein Problem. Geld hat für mich nie eine große Rolle gespielt. Das Wichtigste war, dass ich bei Borussia bleiben will und der Klub mich auch weiterhin dabei haben will. Alles andere ist nebensächlich.

Welche Rolle wollen Sie in den nächsten Jahren einnehmen?

Raffael: Das ist eine schwierige Frage, weil es auch von meiner körperlichen Verfassung abhängt. Aber wenn das Team mich braucht, bin ich da, das verspreche ich.

Das Team braucht Sie schon jetzt.

Raffael: Ja, das denke ich auch. Mit meiner Erfahrung und meiner Fähigkeit, Tore zu schießen und vorzubereiten kann ich gerade in der aktuellen Phase sehr gut helfen.

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Sie gelten neben Lars Stindl als Hoffnungsträger.

Raffael: Ich glaube auch, dass wir zwei Spieler sind, die jetzt gefragt sind. Aber wir sind nicht die einzigen. Wir haben viele sehr gute Spieler, auf die es nun ankommt.

Wie wichtig ist das Spiel in Mainz?

Raffael: Gerade in der Situation, in der wir uns befinden, ist es sehr wichtig. Wir haben in den letzten vier Spielen nur einen Punkt geholt, wollen nun unbedingt gewinnen und damit ein Zeichen an die Konkurrenz senden, dass wir noch da sind. Am liebsten wäre es mir, wenn wir 2:0 führen, ich dann eingewechselt werde und für die Entscheidung sorge. Für die Startelf ist es, glaube ich, noch zu früh für mich.

Haben Sie Angst, dass Borussia die Champions League verspielt?

Raffael: Nein, ich habe davor keine Angst. Wir haben eine richtig gute Mannschaft und in dieser Saison gezeigt, wozu wir in der Lage sind.

Erkennen Sie Zweifel bei Ihren Mitspielern?

Raffael: Nicht unbedingt, aber bei einigen ist das Vertrauen vielleicht noch nicht wieder zu 100 Prozent da. Aber das bekommen wir hin, wir holen uns das gemeinsam zurück.

Präsidiumsmitglied Hans Meyer hat zuletzt gesagt, dass Borussia noch kein Spitzenteam ist.

Raffael: Ich würde auch sagen, dass wir noch nicht dazu gehören. Aber wir sind auf dem Weg dahin. Ich sehe uns auf Augenhöhe mit Vereinen wie Hoffenheim und Leverkusen. Aber wir haben nach wie vor eine sehr gute Ausgangsposition und in den ausstehenden zehn Spielen kann noch viel passieren.

Was hat sich in den vergangenen sechs Jahren, Sie sind seit 2013 bei Borussia, im Verein verändert?

Raffael: So einiges. Der Klub ist in erster Linie viel größer geworden. Auch in Brasilien kennen jetzt viele Borussia Mönchengladbach. Sogar in meiner Heimat Fortaleza. Dort kannte vor vier, fünf Jahren noch niemand Borussia. Das ist eine schöne Entwicklung, die natürlich auch etwas mit meinen Leistungen zu tun hat. Aber deswegen ist es auch wichtig, künftig wieder in Europa zu spielen, damit wir weiter auf uns aufmerksam machen können.

Wie schätzen die Menschen in Brasilien den deutschen Fußball ein?

Raffael: Viele Leute gucken regelmäßig die Spiele der Bundesliga und lieben den deutschen Fußball. Für viele sind Spieler wie Marco Reus, Thomas Müller oder Manuel Neuer große Vorbilder.

Wie viel Deutscher steckt mittlerweile eigentlich in Ihnen?

Raffael: (lacht) Ich würde sagen, ich bin halb Deutscher, halb Brasilianer.

Welche Eigenschaften haben Sie aus dem jeweiligen Land?

Raffael Die brasilianische Lebensfreude habe ich natürlich beibehalten. Aber ich bin viel pünktlicher und ordentlicher geworden, das ist typisch deutsch.

Typisch ist hier in der Region der Karneval, wie auch in Brasilien.

Raffael: Ich habe aber noch nie Karneval gefeiert. In Brasilien habe ich damals schon keine Zeit gehabt, weil ich immer trainiert oder gespielt habe und hier ist das nicht anders.

Wie würden Sie sich verkleiden?

Raffael: (lacht) Natürlich als Fohlen.

Karneval ist vorbei, nun ist es für Borussia an der Zeit, die Wende einzuleiten. Was ist in solch einer Phase wichtig?

Raffael: Positiv zu bleiben und den Glauben an sich nicht zu verlieren. Auch wenn es schwer fällt.

Wie gefährlich schätzen Sie die Situation ein?

Raffael: Ich halte sie gar nicht für so extrem schwierig, wie sie hin und wieder gemacht wird. Gegen Berlin und Wolfsburg war es einfach schade, dass wir die Tore nicht geschossen haben, da waren wir klar die bessere Mannschaft. Und gegen Bayern kann so ein Spiel mal passieren, auch wenn es natürlich nicht passieren sollte.

Das 1:5 war auch für Borussia Dortmund mit Trainer Lucien Favre sehr ernüchternd.

Raffael: Das stimmt, ihm dürfte es an dem Tag auch nicht gut gegangen sein. Aber ich glaube, dass es der BVB trotzdem in dieser Saison schaffen kann, Meister zu werden.

Wie Ihr Team durchlebt Dortmund derzeit eine schwere Phase.

Raffael: Sowas ist aber normal und kommt bei so gut wie jeder Mannschaft in der Bundesliga mal vor.

Wo landet Gladbach am Ende?

Raffael: Ich hoffe natürlich, so weit oben wie möglich. Mein Ziel ist es immer, unter die ersten Sechs zu kommen. Das können wir noch erreichen, hoffentlich sogar mehr.

Treibt es Sie an, vielleicht nochmal in der Champions League spielen zu können?

Raffael: Es ist ein Traum von mir, nochmal in der Champions League zu spielen. Wenn ich zurückdenke an diese Spiele, besonders damals die erste Halbzeit bei der 1:2-Niederlage gegen den FC Barcelona, als wir 1:0 geführt haben, das werde ich nie vergessen. Das war der beste Raffael aller Zeiten, denke ich.

Wie lange wollen Sie eigentlich noch spielen?

Raffael: Am liebsten noch drei Jahre. Ich bin mit 18 Jahren nach Europa zum FC Zürich gewechselt, wenn ich 18 Jahre später aufhöre, würde das sehr gut passen.

Dann haben Sie auch wieder mehr Zeit für die Familie.

Raffael: Darauf freue ich mich sehr, meine Frau und vier Kinder auch.

Sie haben zwei Söhne im Alter von sieben und zehn Jahren. Tritt einer in die Fußstapfen von Ihnen?

Raffael: Einer von beiden, Raffael Jr., hat richtig großes Talent. Er ist talentierter als ich damals. Er ist Linksfuß, das sind für mich immer die besten Spieler. Für seine zehn Jahre hat er schon einen richtig guten Schuss.

Soll er Profi werden?

Raffael: Nicht unbedingt, aber das ist seine Entscheidung. Ich stehe bei allem, was er vor hat, hinter ihm. Wenn er sagt, er will Profi werden, unterstütze ich ihn. Aber das Geschäft ist nicht einfach, da muss alles passen. Ich würde versuchen, ihm dabei zu helfen, auch mit meinen Kontakten. Er hat auf jeden Fall den Vorteil, dass er schon in Deutschland ist. In Brasilien musst du erst bei einem Sichtungstraining unter hunderten anderen Kindern auffallen.

Dann kommen die Talente in Internate. Gab es das bei Ihnen auch?

Raffael: Nein, ich hatte immer eine eigene Wohnung. Heute ist das besser geregelt mit den Internaten, die Betreuung braucht man, gerade wenn man in ein fremdes Land kommt. Ich hatte früher in der Schweiz viele Momente, in denen ich mich sehr allein gefühlt habe.

Der 16-jährige Famana Quizera kam aus Portugal zu Borussia und gilt als eines der hoffnungsvollsten Talente im Fohlenstall.

Raffael: Ich habe ein paar Mal mit ihm gesprochen, wir haben uns mal getroffen. Ich versuche ihm zu helfen, wenn er mich braucht, wir sprechen ja die gleiche Sprache. Er ist ein sehr guter Spieler und kann es weit bringen.

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