Harmlos nach ruhenden Bällen „Meister“ Borussia schwächelt noch bei Standards

Mönchengladbach · Vergangene Saison verwandelte Borussia in allen Wettbewerben 13 Elfmeter, in der Liga traf nur Union Berlin häufiger nach Ecken und Freistößen. Aktuell steht beim „Standard-Meister“ in allen Belangen noch die Null. Das sagt Adi Hütter zur dürftigen Ausbeute.

 Ecke, Kopfball, Tor: So einfach wie hier bei Marcus Thuram gegen Dortmund geht es bei Borussia Mönchengladbach diese Saison noch nicht.

Ecke, Kopfball, Tor: So einfach wie hier bei Marcus Thuram gegen Dortmund geht es bei Borussia Mönchengladbach diese Saison noch nicht.

Foto: dpa/Martin Meissner

Dass in dieser Saison noch kein Tor nach einer Gladbacher Standardsituation gefallen ist, wäre eine Falschbehauptung. Es war am dritten Spieltag bei Union Berlin, als Lars Stindl nach einem eigenen Eckball dem Gegner den Ball in den Lauf spitzelte und der trotz einer Zwei-gegen-fünf-Situation vorentscheidend zum 2:0 traf. Damit ist Borussias bisherige Bilanz bei ruhenden Bällen ähnlich gut veranschaulicht wie mit Stindls Elfmeter-Fehlschuss von Leverkusen eine Woche vorher, da wäre es der wichtige Anschlusstreffer gewesen, stattdessen verlor Gladbach 0:4. Vergangene Saison waren 13 von 14 Strafstößen in allen Wettbewerben drin, der bislang einzige Versuch dieser Spielzeit scheiterte.

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„Wenn wir nur zweimal vors Tor kommen, nach einem Eckball treffen und dann hinten mauern, kommen sicher nicht jede Woche 50.000 ins Stadion“, sagte Trainer Adi Hütter in einem Interview mit unserer Redaktion, als es um den „begeisternden und emotionalen Fußball“ ging, den er sehen will. Doch gegen eine scheinbar banale Ecke-Kopfball-Tor-Variante hätte sich der Österreicher nicht nur zuletzt beim 0:1 gegen den FC Augsburg sicher nicht gewehrt. „Standardsituation sind ein probates Mittel, um einen Spielverlauf auf den Kopf zu stellen“, sagt er.

Zumal Hütters Frankfurter vergangene Saison in der Standard-Tabelle nur von einem Team übertroffen worden sind – nämlich Borussia. Die erzielte als „Meister“ in dieser Disziplin in der Bundesliga 24 Tore nach ruhenden Bällen, zehn davon waren Elfmeter. Nur die Eintracht übertraf mit 21 Treffern (acht Elfmeter) ebenfalls die 20er-Marke.

Die Standardschwäche ist auch auf die Personalprobleme zurückzuführen. Marcus Thuram wurde 2020/21 gleich sechsmal im Strafraum gefoult, erzwang dazu einen Handelfmeter. In lediglich 46 Einsatzminuten dieser Saison hätten es gleich wieder zwei Strafstöße sein können gegen den FC Bayern. Doch der Franzose wird noch lange ausfallen. Drei weitere Elfmeter holte vergangene Saison Breel Embolo raus, er kommt bislang auch erst auf 22 Einsatzminuten.

Bei Eckbällen vermisst Borussia am meisten Jonas Hofmann, der mit 13 von 23 Ecken bislang trotz seiner wiederholten Beschwerden die meisten für Gladbach ausgeführt hat. Dass dabei nichts Zählbares heraussprang, dürften unter anderem an den Ausfällen von Stefan Lainer und Ramy Bensebaini liegen. Unvergessen ist vor allem die erfolgreiche Variante auf Lainers Kopf am kurzen Pfosten. Auch Thuram wird als größter Borusse im Kader bei hohen Bällen in den Strafraum vermisst. Eines seiner zwei Eckball-Tore erzielte er im Januar beim 4:2 gegen Dortmund, überhaupt war Gladbach in jenem Spiel dreimal nach Standards erfolgreich. „Leider sind nicht alle Spieler da, die torgefährlich sind, was das Kopfballspiel betrifft“, sagt Hütter.

Dass er in die drei Einheiten dieser Woche hinter verschlossenen Türen sicher auch ein Standard-Training gepackt, legt die dürftige Bilanz des BVB in dieser Saison nahe: Fünf der elf Gegentore fielen nach Ecken und Freistößen, absoluter Höchstwert der Liga, noch vor den Aufsteigern Bochum und Fürth (jeweils drei).

Erst ein Standard-Tor musste dagegen Gladbach hinnehmen, am ersten Spieltag gegen die Bayern. Doch es war an einem Abend, an dem Torwart Yann Sommer sonst alles entschärfte, ein besonders ärgerliches. „Wir investieren auch sehr, sehr viel“, erklärt Hütter. Seine Assistenten Armin Reutershahn und Christian Peintinger sind da federführend, zuvor unter Marco Rose war es Alexander Zickler, unter Dieter Hecking hieß der Standard-Experte Dirk Bremser.

Vorne ist der Erfolg zwar vorrangig eine Frage der Flanken-Qualität, doch direkt danach folgt der Wille, sich durchzusetzen, als entscheidender Faktor. In dem Bereich hat Borussia nicht nur aus dem Spiel heraus noch Luft nach oben. Hütter hofft darüber hinaus auf den Ketchupflaschen-Effekt: „Manchmal braucht es nur eine Aktion, damit man in diesen Lauf kommt.“

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