Borussias Franzose Michael Cuisance ist das Vorzeige-Fohlen

Mönchengladbach · Borussias Franzose hat mal wieder Sonderlob von Dieter Hecking erhalten.Ab heute geht es für ihn um ein U 19-EM-Ticket.

Michael Cuisance: Gladbach, Bayern usw. - seine Vita
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Das ist Michael Cuisance

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Borussias Franzose hat mal wieder Sonderlob von Dieter Hecking erhalten. Ab Mittwoch geht es für Michael Cuisance um ein U 19-EM-Ticket.

In Benidorm an der Costa Blanca sind heute 15 Grad angesagt, doch Michael Cuisance ist nicht zum Urlaubmachen nach Spanien geflogen. Gegen Belgien steht das erste von drei Spielen in der Eliterunde zur U 19-Europameisterschaft an. Am Samstag geht es für Frankreich gegen Bulgarien, am Dienstag gegen Gastgeber Spanien. Der Gruppensieger fährt zur EM in Finnland.

Nur unter Gleichaltrigen auf dem Rasen - Cuisance ist das schon gar nicht mehr gewohnt. Vergangenen Samstag hat er beim 3:3 gegen 1899 Hoffenheim sein 18. Bundesligaspiel für Borussia gemacht, das sind 18 mehr, als man zwingend von ihm erwartet hatte, als er vergangenen Sommer von der AS Nancy-Lorraine nach Gladbach wechselte. Von allen Bundesligaspielern, die noch U 19 spielen könnten, kommt nur Bayer Leverkusens Kai Havertz auf mehr Einsätze. Cuisance fällt nicht auf, weil er erst 18 Jahre alt ist. Er fällt auf, weil er seinen Job oftmals "außergewöhnlich gut" macht, wie sein Trainer Dieter Hecking feststellte. Bemerkenswert sind die Leistungen des Youngsters vor allem, wenn man bedenkt, wie viele verschiedene Rollen er schon ausgefüllt hat. Auf der Doppelsechs vor einer Viererkette hat er schon mit Christoph Kramer, Denis Zakaria und Reece Oxford gespielt. Er war ein Zehner hinter Lars Stindl, er war Teil des Angriffstrios in einem 3-4-3 und agierte gegen Hoffenheim im 3-1-4-2 formal als defensivster Mittelfeldspieler. So ein Einser im systemischen Zahlencode wirkt immer einsam, aber jeder Beobachter durfte den Eindruck gewinnen, dass Cuisance bestens zurechtkam.

Hecking hatte vor ihm Jonas Hofmann und Stindl als Achter aufgestellt. "Die drei sind sehr spielstarke Leute, aber defensiv nicht die besten. Da bin ich froh, wenn Chris Kramer oder Denis Zakaria den einen oder anderen mal wegräumen können", berichtete der Trainer nach dem Spiel von seinen "Bauchschmerzen", die Cuisance auf jeden Fall gelindert hatte. "Natürlich macht er immer wieder kleine Fehler. Aber so ist der Junge", sagte Hecking, was definitiv als Kompliment gemeint war. Cuisance hat enorm viele Aktionen und darunter fast immer viele gute. Sein Passspiel gegen Hoffenheim war mit einer Erfolgsquote von 92 Prozent überragend, er sorgte gleichermaßen für Breite und Tiefe als Ballverteiler. So wie sie in den Sozialen Netzwerken frohlockten, war vielen Fans allein das messerscharfe Zuspiel auf Josip Drmic vor dem 1:1 einen Teil des Eintrittsgeldes wert. Damit kommt Cuisance in dieser Saison eine Rolle zu, die nicht viele Borussen ausfüllen: Ihm zuzuschauen, bereitet Freude.

Aus der Aufstellung gegen Hoffenheim lässt sich eine weitere Lehre ziehen: Spätestens für nächste Saison muss sich der Trainer überlegen, wie er mehr als zwei defensive oder zentrale Mittelfeldspieler in einer Elf unterbringt. Das ist er einem Kader mit Zakaria, Kramer, Laszlo Bénes (dessen Verletzung Cuisances Aufstieg mit ermöglicht hat), Florian Neuhaus (der von Fortuna Düsseldorf kommt) und eben Cuisance geradezu schuldig. Je nachdem, wie die Transferpolitik im Angriff aussieht, könnte auch Stindl häufiger die Achter-Rolle einnehmen.

Heckings Startelf am Samstag war überraschend mutig, aber sie sendete auch ein Signal an das zuletzt oft gelobte "Talentebecken", wie Nachwuchsdirektor Roland Virkus im Interview mit unserer Redaktion die Spieler nannte, die seit Wochen Borussias dezimierten Kader auffüllen. Cuisance ist das einzige "Fohlen", das regelmäßig spielt. Obwohl die Zahl der Verletzten ständig bei mehr als acht liegt, sind Marcel Benger, Mandela Egbo, Florian Mayer, Aaron Herzog, Justin Hoffmanns oder Louis Beyer, die alle schon im Borussia-Kader standen, gemeinsam nur elf Minuten zum Einsatz gekommen.

Ganz spät könnte Cuisance seine erste Profisaison bei der U 19-EM krönen, sofern er in den nächsten Tagen mit Frankreich die Qualifikation schafft. Das Turnier findet vom 16. bis 29. Juli statt, was Borussia in eine Bredouille bringen könnte. Holt sie das Maximum heraus aus den Möglichkeiten, die diese Saison noch bietet, und schafft Platz sieben, beginnt am 26. Juli die Europa-League-Qualifikation. Bis da und ab da kann ein Cuisance in der Verfassung von Samstag nicht schaden.

(RP)
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