Borussia Mönchengladbach Stindls sagenhafte Pokal-Bilanz und Heckings 14:2
Mönchengladbach · Lars Stindl ist besonders in den Pokalwettbewerben Borussias Erfolgsgarant. Unter Dieter Hecking läuft es vor allem auswärts und in der zweiten Halbzeit – in der Kombination unschlagbar.

Hamburg - Borussia: Einzelkritik
Lars Stindl ist besonders in den Pokalwettbewerben Borussias Erfolgsgarant. Unter Dieter Hecking läuft es vor allem auswärts und in der zweiten Halbzeit — in der Kombination unschlagbar.
Borussias sagenhafte Auswärtsserie hat erst am 28. Januar begonnen, mit dem 2:1 beim Hamburger SV ist sie 32 Tage alt geworden. Alle Spiele in der Fremde hat Gladbach in diesem Zeitraum gewonnen, und womöglich würde sich die Wucht der Serie viel mehr entfalten, wenn sie zeitlich gesehen nicht so kurz wäre. Seit 1987 hat es Borussia nicht mehr geschafft, sechs Auswärtsspiele in Folge zu gewinnen, damals gelang es saisonübergreifend. Die letzte Serie dieser Art innerhalb einer Saison gab es 1969/70, jedoch ohne das Triple aus Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League, sondern lediglich in der Liga. Am nächsten Donnerstag greift Gladbach beim FC Schalke nach dem Vereinsrekord — der steht bei sieben Erfolgen und stammt aus dem Jahr 1981, ein Pokalspiel war dabei.
Leipzigs Timo Werner hatte bis Mittwochabend ein Alleinstellungsmerkmal inne, dann traf Bobby Wood in der Nachspielzeit für den HSV — und wurde der erst zweite Spieler, dem in der zweiten Halbzeit ein Tor gegen Dieter Heckings Borussia gelungen ist. Ein 0:0 zur Pause ist für den VfL inzwischen eine Punktegarantie, verloren hat er danach noch nie unter seinem nun nicht mehr ganz so neuen Trainer. Das Torverhältnis in den zweiten 45 Minuten steht bei sagenhaften (wieder ist das Wort angebracht) 14:2. Zum Vergleich: In den letzten zehn Spielen unter André Schubert, als Borussia regelmäßig in der zweiten Halbzeit einbrach, lautete die Bilanz 2:12.
Und noch einmal Sagenhaftes: Dank Dreifachbelastung häufen sich innerhalb gar nicht so langer Zeit ganz schön viele Spiele an. 71 hat Lars Stindl, der im Sommer 2015 kam, nun schon für Borussia absolviert — und dabei 51 Scorerpunkte produziert, genau 28 Tore und 23 Vorlagen. Während die Ausbeute des Stürmers, der falschen Neun, der hängenden Spitze, des offensiven Mittelfeldspielers, des Ja-was-eigentlich? in der Liga mit 14 Toren und 16 Vorlagen in 50 Spielen schon stark ist, ist sie in den Pokalwettbewerben schlicht überragend. Hamburg war Stindls 21. Spiel im DFB-Pokal, in der Europa League oder der Champions League, er steht bei 14 Toren und sieben Vorlagen. Damit ist er im Schnitt an einem Treffer pro Partie beteiligt. Da ist es zu verschmerzen, dass es für seine Position keinen adäquaten Namen zu geben scheint.
Vielen Borussia-Fans ist am Mittwochabend ein "Endlich!" entfahren, "Endlich wieder im Halbfinale!". Dabei erreicht Gladbach diese Pokalrunde gar nicht so selten, immerhin schon zum vierten Mal seit dem Titelgewinn 1995, also alle fünf, sechs Jahre. Das ist auch der Schnitt in Borussias gesamter Pokalhistorie, 1960 gewann sie gleich bei ihrer ersten Teilnahme, das Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt am 25. oder 26. April wird nun das insgesamt elfte. Legendäre Spiele waren dabei wie das 5:4 nach 3:1-Führung und 3:4-Rückstand gegen Werder Bremen im Jahr 1984. Acht Jahre später schrieb Uwe Kamps mit vier gehaltenen Elfmetern gegen Bayer Leverkusen Geschichte. Sechs von zehn Halbfinal-Duellen gingen mindestens in die Verlängerung.
Inzwischen ist der DFB-Pokal finanziell ganz schön lukrativ. Mit dem Sieg gegen Hamburg sicherte sich Borussia nicht nur weitere Zuschauereinnahmen (je 45 Prozent bekommen das Heim- und das Gastteam), sondern auch 2,55 Millionen Euro aus den TV- und Vermarktungserlösen. Sonderzahlungen an die Vereine, deren Spiele live im Ersten übertragen werden, gibt es übrigens schon länger nicht mehr. Insgesamt darf sich Gladbach nun schon über Prämien- und Zuschauereinnahmen in den Pokalwettbewerben von mindestens 45 Millionen Euro freuen — neuer Vereinsrekord.