Borussia spielt 1:1 in Wolfsburg Die Chance auf Europa ist nur noch minimal

Gladbach hat deutlich mehr Tormöglichkeiten, kommt in Wolfsburg aber nicht über ein 1:1 hinaus. Die Partie wird wegen eines Unwetters fast eine halbe Stunde unterbrochen.

VfL Wolfsburg - Borussia Mönchengladbach: die Bilder des Spiels
32 Bilder

Wolfsburg - Gladbach: die Bilder des Spiels

32 Bilder
Foto: Dirk Päffgen

Der Unterschied zwischen einer Mannschaft, die gegen den Abstieg spielt, und einer, die noch um die Europapokalplätze kämpft, war am Samstag im direkten Duell deutlich zu sehen: Der VfL Wolfsburg agierte fahrig, unvollendet, Borussia Mönchengladbach druckvoll, zielstrebig. Von Anfang an nahmen die Gäste das Spiel in der Autostadt in die Hand. Ibrahima Traoré flankte aus dem rechten Halbfeld, André Hahn legte den per Kopf im Strafraum auf Lars Stindl ab, und der Schuss des Kapitäns wurde noch abgefälscht und trudelte so knapp am rechten Pfosten vorbei.

Keine 100 Sekunden später wurde es noch brenzliger für die Gastgeber, als sich Josuha Guilavogui einen Aussetzer leistete und den Ball als letzter Mann quer genau in den Fuß von Jonas Hofmann spielte, der so allein auf Torhüter Koen Casteels zulaufen durfte. Das Toreschießen ist seine Sache aber nach wie vor nicht, der Mittelfeldmann schob den Ball an den linken Pfosten, den Abpraller brachte Stindl noch einmal aufs Tor, dort klärte aber Guilavogui mit der Hacke noch vor der Linie.

Die "Wölfe" wirkten nun noch verunsicherter, kamen kaum zu eigenen Gelegenheiten. Dafür wirbelte Hofmann weiter — im Zweikampf luchste er Luiz Gustavo im Wolfsburger Strafraum den Ball ab, der Kapitän der Gastgeber musste mit einer gefährlichen Grätsche retten. Hofmann fiel zwar, Gustavo hatte aber vornehmlich den Ball getroffen, so dass Schiedsrichter Christian Dingert weiterspielen ließ (14. Minute).

Bei den Gastgebern blieb das meiste Stückwerk. Ein Freistoß von Daniel Didavi, bei dem Borussias Abwehr Torjäger Mario Gomez komplett vergessen hatte, ging ins Leere, und auch bei der besten Wolfsburger Chance im ersten Abschnitt fehlte die Krönung: Paul-Georges Ntep hatte links für Didavi "durchgesteckt", der Offensivmann mit Übersicht auf der anderen Strafraumseite den völlig frei stehenden Riechedly Bazoer gesehen, doch dessen Schuss kam genau den Tick zu spät, den Jannik Vestergaard brauchte, um ihn abzublocken (22.).

Kurz darauf war aber wieder Gladbach an der Reihe: Hofmann zog aus rund 22 Metern ab, Casteels wischte den Ball über die Latte. Den anschließenden Eckball brachte Hofmann flach in den Strafraum, Hahn sprintete ins Getümmel und brachte den Ball so zu Christoph Kramer am rechten Pfosten. Und der Mittelfeldmann, der seinen ersten Startelf-Einsatz nach seinem Innenbandriss im Knie feierte, hatte einen genialen Moment: Mit dem Rücken zum Spielgeschehen lupfte er die Kugel zurück in die Mitte, wo Vestergaard wenig Mühe hatte, den Ball zur hochverdienten Führung ins Tor zu köpfen — das vierte Tor des Innenverteidigers in der Rückrunde und in der gesamten Saison zugleich (24.).

Wolfsburg war geschockt, wusste zeitweise nun gar nicht mehr mit Ballbesitz anzufangen, die eigenen Fans pfiffen ihr Team bei so viel Planlosigkeit aus — etwa bei einem Rückpass von Gustavo auf Casteels. Dann besannen sich die Anhänger wieder und sorgten weiter für Unterstützung von den Rängen, und das wirkte durchaus. Wolfsburg versuchte nun wieder, Struktur ins Spiel zu bringen, doch weiterhin blieb zu viel Stückwerk. Eine Flanke von Jannes Horn erreichte Gomez nicht (35.), es dauerte bis kurz vor der Pause, bis Borussias Torwart Yann Sommer erstmals einen Ball halten musste — bei einem abgeblockten Hackenversuch von Gomez. Für die größte Aufregung vor dem eigenen Tor sorgte da schon Sommer, der einen Rückpass unter der Sohle durchrutschen ließ, den Ball aber locker erlaufen konnte, bevor es wahrhaft gefährlich werden konnte.

Zur zweiten Halbzeit ersetzte Regen die bis dato vorherrschende Sonne, ungemütlich blieb es aber vor allem für Wolfsburg: Einen satten Schuss von Borussias Innenverteidiger Andreas Christensen aus rund 20 Metern faustete Casteels zur Ecke, die allerdings nichts einbrachte (47.). Stimmlich hatten da die numerisch in der Unterzahl befindlichen Gladbacher Fans bereits die Oberhand gewonnen. Und sie hatten weiter mehr Grund zur Freude am Spiel ihrer Mannschaft: Einen Drehschuss von Hahn aus 13 Metern nach einer Flanke von Traoré parierte Casteels gerade so, Stindl kam im Nachstochern nicht mehr erfolgreich an den Ball (51.). Dass die Borussen gegen diesen verunsicherten Gegner nicht nachlegten, sollte sich rächen. Eigene Fehler brachten die Hausherren zurück ins Spiel, erst scheiterte Ntep noch aus zentraler Position an Sommer (57.), doch keine 60 Sekunden später bekamen die Fans der "Wölfe" einen Grund zum lautstarken Jubel. In der Vorwärtsbewegung hatte Borussia rechts den Ball verloren, Nteps Flanke war von links zwar viel zu weit für die Mannen im Strafraum, aber Bazoer nahm den Ball rechts draußen auf, schaute und sah Gomez, den er bediente. Und der Nationalstürmer, der bis dahin ziemlich in der Luft gehangen hatte, nahm das ungleiche Duell gegen Nico Elvedi dankbar an, hielt sich diesen mit seinem kräftigen Körper gekonnt vom Leib, pflückte den Ball mit dem Fuß herunter, vernaschte den Schweizer mit einer eleganten Drehung und ließ Sommer aus fünf Metern keine Chance — 1.1 (58.).

Die Selbstverständlichkeit, mit der Borussia zuvor Torchancen erspielt hatte, war nun ebenso verflogen wie die Verunsicherung der Gastgeber, die nun merklich mehr Druck entfachten. Ein Kopfball von Guilavogui nach Freistoß des eingewechselten Yunus Malli ging über das Tor (68.), das gesamte Spielgeschehen hatte sich nun in Gladbachs Hälfte verlagert. Trainer Dieter Hecking reagierte und verhalf Raffael — wie schon zuvor Fabian Johnson, der für Traoré gekommen war — zu seinem Comeback nach seiner Verletzung. Der "Maestro" sollte die verlorengegangene Struktur zurückbringen. Zunächst musste aber erstmal Elvedi vor Bazoer mit dem Kopf klären, der Schweizer verletzte sich dabei und musste runter, für ihn kam Tobias Strobl.

In der Schlussviertelstunde wurde es auch außerhalb des Stadions laut, ein Gewitter ging über der Wolfsburger Arena hernieder und brachte neben Blitz und Donner auch einen stattlichen Hagelschauer. Schiedsrichter Dingert unterbrach die Partie daraufhin nach 78 Minuten um 17.07 Uhr. 14 Minuten später hörte zwar der Schauer auf, der Unparteiische ließ die Teams aber noch in den Katakomben: "Das Problem ist nicht der Regen, sondern dass das Gewitter über der Arena noch recht statisch ist", kam als Erklärung aus den Stadionlautsprechern. 23 Minuten nach der Unterbrechung kehrten die Spieler auf den nun völlig durchweichten Rasen zurück, mussten sich allerdings erst einmal erneut aufwärmen.

So waren die zeitgleich gestarteten anderen Partien an diesem vorletzten Bundesliga-Spieltag schon vorbei, als Dingert um 17.35 Uhr wieder anpfiff — durch das Unentschieden des HSV war den Wolfsburgern also klar, dass sie bei einem Sieg den Klassenerhalt sicher hätten. Gladbach wiederum wusste, dass es mit einem Sieg an Werder Bremen vorbei auf Rang acht klettern und mit dem 1. FC Köln nach Punkten gleichziehen konnte — der siebte Rang, auf dem der Rivale steht, würde dann zum Einzug ins europäische Geschäft reichen, wenn Dortmund das Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt. So war also schon vor Wiederaufnahme für beide Teams klar, dass sie möglichst siegen sollten, um ihre Ziele zu erreichen.

Die erste dicke Chance dafür hatten erneut die Gäste, die sich augenscheinlich in der Unterbrechung gesammelt hatten: Stindl schickte Hahn auf dem rechten Flügel, der spielte Raffael im Strafraumzentrum an, und der Brasilianer legte ab auf den nachgerückten Stindl, dessen Schuss allerdings Casteels zur Ecke klärte, die nichts einbrachte (81.). Nur drei Minuten später blockte Guilavogui einen Schuss von Mo Dahoud im Strafraum. Solch klare Gelegenheiten hatten die Gastgeber in dieser Phase nicht, aber sie trugen mit schnellen Vorstößen ihren Teil dazu bei, dass die letzten Minute zu einem offenen Schlagabtausch gerieten. Die größte Gelegenheit der Wolfsburger hatte in der Nachspielzeit erneut Gomez, als Vestergaard auf dem seifigen Boden über den Ball rutschte, aber Sommer per Grätsche klärte. Zu einem Treffer kam es so nicht mehr — mit dem 1:1 ist der Abstiegskampf in Wolfsburg auch am letzten Spieltag in vollem Gange, die Chance der Borussia auf Europa nur noch minimal.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort