Borussia Mönchengladbach NRW-Meister Borussia und das Ende des Fluchs

Im Duell der Vereine aus Nordrhein-Westfalen hat Borussia Mönchengladbach in dieser Saison am besten gepunktet. Doch die Fans des VfL dürfen über die Landesgrenzen hinausblicken – und sich auf Gegner aus Europa freuen. Bis zum Saisonende "geht noch einiges".

Gladbach feiert Sieg auf Schalke
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Im Duell der Vereine aus Nordrhein-Westfalen hat Borussia Mönchengladbach in dieser Saison am besten gepunktet. Doch die Fans des VfL dürfen über die Landesgrenzen hinausblicken — und sich auf Gegner aus Europa freuen. Bis zum Saisonende "geht noch einiges".

1.) In Ekstase Ein bisschen musste die Mannschaft gezwungen werden, sich überschwänglich zu freuen. Mit dem Ablauf der üppigen Nachspielzeit von mehr als vier Minuten war das "Europapokallied" aus den 6000 mitgereisten Borussia-Fans herausgebrochen — "in Kopenhagen schellt das Telefon". Nach einer verhaltenen Welle vor dem Gästeblock holten die Anhänger die Spieler zurück, die bereits auf dem Weg in die Kabine waren. Anschließend, vor dem Stadion und auf dem Weg zu den Parkplätzen, hatte es den Anschein, als werde der gute, alte Spruch "wildfremde Menschen liegen sich in den Armen" ausgiebig beherzigt.

2.) Posting mit Trainer In der Kabine sah das Geschehen schon freudiger aus. Das lässt zumindest ein Foto erahnen, das Borussias Sechser Havard Nordtveit bei Instagram gepostet hat. Mit fünf Kollegen posiert der Norweger für die Kamera — und ganz rechts legt sogar Trainer Lucien Favre die Hände auf Branimir Hrgotas Schultern. Granit Xhaka konnte sich wegen seiner Gelb-Rot-Sperre ganz auf die Aktivitäten im sozialen Bilder-Netzwerk konzentrieren. Der Schweizer drückte mit Vater und Freunden die Daumen auf Schalke.

3.) Nordrhein-Westfalen-Meister Anstatt des "Europapokalliedes" hätten die Gladbach-Fans auch singen können: "Die Nummer eins im Land sind wir!" Durch den Erfolg auf Schalke hat die Borussia sich nämlich die interne Meisterschaft der NRW-Vereine gesichert. Gegen S04 und Dortmund gab es je zwei Siege, zumindest in dieser Wertung schmerzten die beiden Niederlagen gegen Leverkusen nicht. Gute Nachrichten für den VfL: Der 1. FC Köln ist bereits aufgestiegen, der SC Paderborn ist auf dem besten Weg.

4.) Fluch am Ende Seit April 1998 war die Borussia in der Bundesliga 34 Mal im Ruhrgebiet angetreten, hatte 23 Spiele verloren und lediglich elf Unentschieden geholt. Dann kam der 15. März, Gladbach gewann 2:1 bei Borussia Dortmund und beendete die schwarze Pott-Serie. Sechs Wochen später gab es nun den ersten Sieg auf Schalke seit 1992. Gefühlt war der VfL kurz davor gewesen, eine Biathlon-Abteilung zu gründen, um die generellen Siegchancen in der Veltins-Arena zu erhöhen, die mittlerweile seit fast 13 Jahren steht.

5.) Herrmanns Europapokal-Tor Scharf geschossen wird vorerst jedoch nur in Fußballschuhen — so wie Patrick Herrmann es tat, als er in der 35. Minute mit seinem 22. Bundesliga-Tor sein vielleicht wichtigstes erzielte. Durchspielen durfte er zum zehnten Mal in Folge dennoch nicht. Mit der 29. Auswechslung baute Trainer Favre für Herrmann dessen Saisonrekord aus. Doch es dürfte Schlimmeres geben, als bei einer 1:0-Führung auf Schalke vom Feld zu müssen, um kostbare Zeit von der Uhr zu nehmen.

6.) Zuverlässig auf links Als Abwehrspieler ist Alvaro Dominguez 90-Minuten-Schichten mehr gewohnt. Ein einziges Mal wurde er in seiner zweijährigen Bundesliga-Laufbahn ausgewechselt, als er sich im Oktober 2013 gegen Dortmund die Schulter brach. Gegen Schalke spielte der Spanier zum dritten Mal auf der Linksverteidiger-Position — und das sehr ordentlich. Mit Dominguez auf links hat Gladbach zwei Partien gewonnen, einmal Remis gespielt und erst ein Gegentor in 270 Minuten kassiert.

7.) Rekord ohne Gnade Etwa eine Stunde muss gespielt gewesen sein, als ich zu meinem Nachbarn auf der Tribüne sagte: "Wenige Fouls, oder? Würde schätzen, maximal drei bisher." Und damit lag ich immer noch mächtig daneben. Erst in der 90. Minute pfiff Schiedsrichter Manuel Gräfe ein kurzes Halten von Roel Brouwers im Mittelfeld ab — da hätte man angesichts des ohnehin aufgestellten Bundesliga-Rekordes mal ein Auge zudrücken können. Die Gelbe Karte in dieser Szene sah kurioserweise Schalkes Klaas-Jan Huntelaar — er hatte nach dem Pfiff noch Christoph Kramer umgegrätscht.

8.) Fünfstellig in Wolfsburg? Die Gladbacher Ultras hatten es prophezeit: "Heute geht einiges", stand auf ihrem großen Banner, das zum Einlauf der Mannschaften entrollt wurde. Darunter: "Alles auf Sieg!" Die fünfte Auswärtschoreo dieser Art war es in der laufenden Saison, auch ohne Europapokal haben Borussias Fans zwischen München und Hamburg ein Bild von internationalem Format abgegeben. Jetzt steht noch das Gastspiel in Wolfsburg an. Wie viele Borussen ihre Mannschaft dort anfeuern werden, ist noch gar nicht abzusehen. 10.000 dürften es gut und gerne werden.

9.) Ziel für Ziel Der "Einstelligkeits-Hattrick" von Sportdirektor Max Eberl ist längst gesichert, zum ersten Mal seit 25 Jahren. Mehr als 55 Tore hat die Borussia zuletzt vor 19 Jahren in der Bundesliga erzielt. Noch zwei Punkte muss die Mannschaft holen, dann ist es die zweitbeste Saison seit eben jener vor 19 Jahren. Mit zwei Siegen kann das Konto noch auf 17 Saisonerfolge geschraubt werden, mehr gab es zum letzten Mal 1987.

10.) Rechenspiele Ganz theoretisch (wirklich: ganz theoretisch) kann Gladbach noch zwischen Platz drei und acht landen. Irgendetwas in der Mitte, also der fünfte oder der sechste, erscheint momentan am wahrscheinlichsten. Mit einem Sieg gegen Mainz 05 am kommenden Wochenende kann die "Elf vom Niederrhein" die Anzahl der K.o.-Runden vor der Europa-League-Gruppenphase sicher auf eine reduzieren. Dann hätte die Borussia es in der eigenen Hand, mit einem Sieg in Wolfsburg Platz fünf zu erreichen. Verliert Leverkusen dabei eines seiner beiden Spiele, wäre Platz vier dank des sehr guten Torverhältnisses noch möglich — genau wie Platz drei bei zwei Schalker Pleiten. Aber das sei nur aus Chronistenpflicht erwähnt.

(areh)
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