Borussias Wiedersehen mit Favre Das Beste kommt zum Schluss

Mönchengladbach · Mönchengladbach trifft im Spitzenspiel auf Ex-Trainer Lucien Favre, der nun in Dortmund arbeitet. Für die Gladbacher wird es die Nagelprobe nach einer herausragenden Hinserie - und für die Fans das Treffen der beiden torgefährlichsten Teams der Liga.

 Borussia-Trainer Dieter Hecking.

Borussia-Trainer Dieter Hecking.

Foto: dpa/Tobias Hase

Wenn sich ein Roman-Autor oder Filmregisseur diese Geschichte ausgedacht hätte, hätte er bestenfalls ein schlappes Lächeln für seinen Entwurf geerntet. Einfach, weil alles viel zu konstruiert und unwahrscheinlich klingt. Borussia Mönchengladbach trifft erstmals in einem Pflichtspiel auf Lucien Favre, der sich zwischen Februar 2011 und September 2015 als Retter und Erwecker des Klubs verdient und aus einem Fast-Absteiger einen Europapokal-Teilnehmer gemacht hat. Nun ist der Schweizer Trainer bei der anderen Borussia, der aus Dortmund. Die ist Tabellenführer der Fußball-Bundesliga – vor Favres „Ex“, Mönchengladbach. Der Fußball spitzt die Dinge zuweilen zu bis ins Irreale.

Yann Sommer, der Torwart der Gladbacher, möchte das Favre-Thema jedoch nicht überbewerten. „Er wird ja nicht auf dem Rasen stehen“, sagte der 30-Jährige. Die ganz große Wiedersehens-Emotion ist sowieso raus aus der Sache, weil es im Sommer 2017 schon ein Treffen mit Favre gab. Der Trainer kam mit seinem damaligen Klub OGC Nizza ins Trainingslager der Borussen in Rottach-Egern, um sich mit den Gladbachern im Freundschaftsspiel zu messen. Unter anderem spielte da Alassane Plea vor, der nun Mittelstürmer in Gladbach ist – und damit ein großer Faktor bei dem, was Manager Max Eberl „eine Art Neuanfang“ nennt, den die niederrheinische Borussia im Sommer gemacht hat.

„Der Trainer hat ein neues Spielsystem implementiert“, sagte Eberl, im 4-3-3 ist der Mittelstürmer ein zentrales Element. Als Favre noch Trainer war, kamen Gladbach und die Mittelstürmer nicht zusammen, nachzufragen ist da beispielsweise beim Niederländer Luuk de Jong. Favres Ansatz war ein 4-4-2 mit hängenden Spitzen, die Tiki-Taka spielten. Lange galt das als Ideal des Mönchengladbacher Fußballs, erst jetzt hat sich Borussia davon wirklich emanzipiert. „Hier ist richtig etwas entstanden. Deshalb freuen wir uns auf dieses Topspiel“, erklärte Eberl. Es ist eine Nagelprobe für Gladbach.

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Foto: AFP/SASCHA SCHUERMANN

Dass Favre dem BVB einen ganz anderen Fußball verordnet hat als damals den Rheinländern, ist für Vize-Präsident Rainer Bonhof nur logisch. Jeder Ansatz habe seine Zeit, sagte der Weltmeister von 1974. „Lucien schätzt Borussia Mönchengladbach und auch die Personen, mit denen er hier zusammengearbeitet hat, sehr. Das hat aber jetzt keine große Bedeutung mehr. So wie Dieter bei uns macht Lucien jetzt für den BVB einen sehr, sehr guten Job. Für mich kommt das nicht überraschend. Ich habe schon vor der Saison gesagt, dass die Dortmunder mit Lucien Favre Meister werden können – und das haben sie in dieser Hinrunde unterstrichen“, ergänzte Eberl.

Aber was kann Gladbach mit Dieter Hecking werden? Dass einige Fans schon vom ganz großen Wurf träumen, hat Hecking registriert. Er gönnt dem Anhang das, selbst aber bleibt er westfälisch-bodenständig, ohne aber unambitioniert zu sein. Er hat viele Spieler weitergebracht in Gladbach, der Wert des Kaders ist seit Anfang 2017, als Hecking anfing, um über 100 Millionen Euro auf 276 Millionen gestiegen. 2015, als Favre den Job in Gladbach aufgab, war Hecking Vizemeister mit dem VfL Wolfsburg und Trainer des Jahres. Nun hat er nach zweimal dem neunten Platz mit den Borussen, bei denen er 1983 auch Bundesligaprofi wurde, das Team extrem stabil gemacht, sportlich und mental – und bereit für große Taten.

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Gladbach glaubt an sich und sein Spiel. Das soll im Topspiel am Freitag (Anstoß: 20.30 Uhr) der Schlüssel zum Erfolg sein. „Wir müssen einfach nur konsequent unseren Weg weitergehen und nicht nach links oder rechts schauen, sondern nur auf das, was wir beeinflussen können: die Arbeit mit und gegen den Ball. Wenn wir es schaffen, beides so umzusetzen wie in vielen Partien zuvor, werden wir ein gutes Spiel machen“, sagte Hecking.

Dass Dortmund gegen Gladbach, das Spiel der torhungristen Mannschaften dieser Saison, eine hohe Spektakel-Wahrscheinlichkeit hat, ist anzunehmen. Ob es dann auch so kommt, wird sich im zeigen. Favre jedenfalls wies vorab auf die Qualitäten Borussias. „Gladbach ist sehr gut organisiert und kompakt, es geht sehr schnell nach vorn nach Balleroberungen“, hat der Schweizer in der Analyse festgestellt. Geschwindigkeit ist laut Hecking das ganz große Plus des BVB, wenn dieser seine Offensivkraft entfacht, werde es schwer, dem standzuhalten.

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Foto: dpa/Marius Becker

„Vielleicht wird es eine echte Borussen-Saison, das würde mir gefallen“, hatte die Mönchengladbacher Legende Berti Vogts im September unserer Reaktion gesagt. Der Europameister-Trainer von 1996, neuerdings Mitglied in der Jury des Vereins Deutscher Fußball-Botschafter, meinte beide Borussias.

Er dürfte am Topspiel des letzten Bundesliga-Spieltags 2018 viel Freude haben.

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