"Vom Stadion zur Arena" Hommage an den Bökelberg

Mönchengladbach · Klaus-Hendrik Mester hat ein Buch über alte Fußballstadien geschrieben: "Vom Stadion zur Arena" heißt es. Es geht insgesamt um 22 Sportstätten. Das Kapitel über die einstige Heimat der Borussen ist ihm eine Herzensangelegenheit.

Borussia Mönchengladbach: Bilder vom letzten Bundesliga-Spiel am Bökelberg
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Bilder vom letzten Bundesliga-Spiel am Bökelberg

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Foto: RPO/Dieter Wiechmann

Klaus-Hendrik Mester wählt den biografischen Ansatz. Denn das Kapitel über den Bökelberg ist ihm eine Herzensangelegenheit. Mester ist Gladbach-Fan. Wo er aufgewachsen ist, im Sauerland, gab es nur wenige davon, daher war seine erste Reise zum Bökelbergstadion eine Art Erweckungserlebnis. Was er in seinem jüngst erschienenen Buch mit dem Titel "Vom Stadion zur Arena" (Arete-Verlag) über die einstige Heimat der Borussen schreibt, liest sich wie ein Tagebucheintrag. In den anderen Kapiteln beschreibt er von außen und lässt auch andere Menschen zu Wort kommen, hier ist es die Stimme aus dem Inneren, die spricht.

22 Stadien hat Mester in seinem Werk versammelt, einige sozusagen posthum, denn es gibt sie nicht mehr. Wie den alten Tivoli, der in besseren Tagen die Heimat von Alemannia Aachen war. Oder die alten 70er-Jahre-Schüssel in Köln, Gelsenkirchen und Düsseldorf, Stadien, in denen man den Fußball per Opernglas verfolgen musste, wollte man taktische Details erhaschen. Und den Bökelberg.

Mester ist nicht nur Gladbach-Fan, sondern auch Groundhopper. Menschen dieser Spezies sind Stadionsammler und, anders geht es kaum, Fußballromantiker. Als solcher hat Mester den Untertitel seines Buches gewählt, der den Geschichten, die auf den 170 Seiten erzählt werden, eine stets spürbare Melancholie untermischt. Eine Zutat, die zwangsläufig ist in so einem Buch. "Wenn Herz und Seele verschwinden - eine Hommage an alte Pilgerstätten des deutschen Fußballs", steht auf dem Umschlag. "Schön war sie, die Zeit in den alten, zugigen, aber unverwechselbaren Fußball-Tempeln", erklärt er im Vorwort.

Das beschreibt recht genau auch den Bökelberg. Mester wählt, wie gesagt die Ich-Form, berichtet von seinem ersten Stadionbesuch mit dem Vater, es war ein 2:1 gegen Leverkusen damals. Jedes Stadion wird kurz auch statistisch vorgestellt (Fassungsvermögen: 34.500, Eröffnung: 1919, Abriss: Dezember 2005, Standort: Bökelstraße 165, 41063 Mönchengladbach). Dann zählt er besondere Spiele auf: Das 4:3 gegen den Hamburger SV, das 1970 die erste Meisterschaft fix machte, das 5:4 im 1984er Pokalfinale gegen Bremen und das Vier-Elfmeter-gehalten-Spiel des Uwe Kamps, Mesters Torwartidol von einst, 1992 ebenfalls im Pokalhalbfinale, da gegen Leverkusen.

Gladbach gegen Leverkusen war auch sein persönlicher Erstling auf dem Bökelberg am 27. September 1986, der erste Sieg jener Saison. Ein echter Fan sortiert sich nach solchen Erlebnissen als Glücksbringer ein. Die Anfahrt zum Stadion, die kurze Wegstrecke von der Kaldenkirchener Straße zum Stadion, der Ticketkauf am Kassenhäuschen, der Rauch der Grillwürstchen, der sich mit dem Geruch des Rasens vermischt - so ähnlich klingt wohl jede Mein-erstes-Mal-Bökelberg-Geschichte. "Herrlich, das ist Fußball", schreibt Mester und setzt ein Ausrufezeichen dahinter.

Dann berichtet er vom letzten Spiel auf dem Bökelberg am 22. Mai 2004 und von einem Besuch in der neuen Heimat seines Klubs. Ja, es ist nett im Borussia-Park, komfortabel, doch Mester findet dort nicht die Seele, die er im Bökelbergstadion atmete. Wobei man sagen muss: Der Borussia-Park sammelt mehr und mehr große Spiele, und große Spiele machen ein Stadion zu dem, was es ist, sie formen seinen Charakter, so wie das Leben mehr und mehr einen Menschen formt. Grob kann man sagen: Der Borussia-Park nach dem Relegationsspiel gegen Bochum 2011 ist ein anderer, als zuvor.

Mesters Bökelberg-Geschichte endet mit einem Besuch in Eicken, dort wo nun ein Wohngebiet ist, wo früher das Stadion war. "Mich beschleicht Schwermut", gesteht er. In seinem Buch hat er dem Bökelberg ein ganz persönliches Denkmal gesetzt. Der Rest des Buches ist nebenbei eine mit 140 Fotos bilderreich geschmückte Reise durch eine deutsche Fußball-Welt aus vergangenen Tagen, die anders waren. "Es war nicht alles besser, aber irgendwie familiärer und gemütlicher im Stadion", schreibt Mester am Ende des Bökelberg-Kapitels. Das ist quasi das Leitwort seines Buches.

(kk)
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