Rettung 2011 gegen Bochum Das machen Borussias Helden der Relegations-Saison heute

Monatelang war Borussia Mönchengladbach Letzter, am Ende gelang die wundersame Rettung in der Relegation. Die Mehrheit der Spieler, die in der Saison 2010/11 zum Einsatz kamen, hat ihre Karriere beendet, zwei sind aber sogar noch bei Borussia.

Lucien Favre
Am 14. Februar 2011 übernahm der Schweizer das abgeschlagene Schlusslicht, am 25. Mai flog er auf den Händen seiner Spieler durch den Bochumer Nachthimmel. Nach seinem Rücktritt 2015 übernahm Favre ein Jahr später OGC Nizza und 2018 schließlich bis Dezember 2020 den BVB. 2022 sollte er noch mal in Gladbach übernehmen, machte aber einen späten Rückzieher, ging wieder nach Nizza und flog dort Anfang 2023 raus.

Filip Daems
Der langjährige Kapitän verabschiedete sich 2015 aus Gladbach und kickte noch zwei Jahre für den KVC Westerlo in seiner belgischen Heimat. Dann beendete der Elfmeterspezialist seine Karriere. Daems macht die Trainer-A-Lizenz, arbeitet für ein Logistikunternehmen und am Wochenende immer mal wieder als Co-Kommentator.

Marco Reus
Sein 1:1 in Bochum sicherte endgültig den Klassenerhalt. 2011/12 schoss er Borussia mit 18 Toren zurück nach Europa, bevor er für die damalige Rekordsumme von 17,1 Millionen Euro nach Dortmund wechselte. Mit weit mehr als 300 Einsätzen genießt Reus in seiner Heimatstadt Legendenstatus und hat beim BVB noch mal bis 2024 verlängert. Verletzungsbedingt verpasste er die WM 2014, bei der das DFB-Team den Titel holte.

Mo Idrissou
Als einziger Stammspieler verließ er Borussia nach der Relegation. Nur Daems und Reus absolvierten 2010/11 mehr Minuten als der Kameruner. Sein Siegtor gegen den BVB am 31. Spieltag bleibt unvergessen. In Frankfurt und Kaiserslautern schoss Idrissou noch drei Jahre seine Tore, anschließend sorgte er aber eher abseits des Rasens für Schlagzeilen.

Juan Arango
Unter Michael Frontzeck war der Venezolaner nahezu gescheitert, einmal brannten ihm auf dem Platz sogar die Sicherungen durch. Unter Favre rief Arango sein Potenzial endlich ab und sicherte sich mit seinen Traumtoren bis 2014 Legendenstatus in Gladbach. Ob jemals wieder ein Borusse derart schöne Freistöße schießen wird? In Mexiko, den USA und Venezuela setzte „El Huracán del caribe“ bis 2017 seine Karriere fort. Seitdem genießt er das Leben als Privatier, kam Ende 2022 zum „Legendenspiel“ in den Borussia-Park. Sein Sohn spielt in Spanien für Girona.

Tobias Levels
Unter Favre verlor das Eigengewächs seinen Stammplatz an Tony Jantschke. Nach der Relegation wurde er an Fortuna Düsseldorf verliehen und von Fortuna nach dem Aufstieg 2012 fest verpflichtet. 2014 wechselte Levels zum FC Ingolstadt, wo er vier Jahre später seine Karriere beendete. Anschließend fiel der Rechtsverteidiger vor allem im Zuge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine mit Verschwörungstheorien auf. Gleichzeitig arbeitet er immer noch als Ernährungsberater für Fußballprofis.

Roman Neustädter
Sein einziger Treffer für Borussia war das wichtige Siegtor in Nürnberg Anfang 2011. Unter Favre war Neustädter absoluter Stammspieler. Nachdem Borussia im Anschluss an die Relegation Platz vier in der Bundesliga erreicht hatte, zog es den Deutsch-Russen ablösefrei zum FC Schalke. Ab 2016 folgten drei Jahre bei Fenerbahce Istanbul und zwei bei Dynamo Moskau. Nach einem halben Jahr ohne Klub schloss sich Neustädter dem belgischen Zweitligisten Westerlo an und stieg 2022 auf. Der defensive Mittelfeldspieler absolvierte zwei Länderspiele für Deutschland und 13 für Russland.

Thorben Marx
Unter Favre sollte der Routinier erst in der Saison 2012/13 wichtig werden als Mittelfeld-Stabilisator. Die Relegationsspiele gegen Bochum erlebte er auf der Bank. Wie Daems wurde ihm 2015 von Favre kein Abschiedseinsatz am letzten Spieltag gewährt, was intern für Verstimmungen sorgte. Marx spielt für die „Weisweiler Elf“ und machte sich nach der Profikarriere kurzzeitig mit Mike Hanke selbstständig.

Dante
Direkt nach dem Nichtabstiegswunder opferte der Brasilianer in der Kabine in Bochum seine beeindruckende Frisur. Mit nachwachsender Haarpracht führte er Borussia 2012 auf Platz vier. Während sich bereits mehr als Gerüchte um einen Wechsel zum FC Bayern rankten, setzte er im Pokal-Halbfinale einen Elfmeter über das Tor - wie einst Lothar Matthäus. Mit den Bayern gewann Dante die Champions League, mit der brasilianischen Nationalmannschaft erlebte er 2014 das 1:7-Debakel gegen Deutschland hautnah. Nach einem Jahr in Wolfsburg wechselte Dante nach Nizza, wo er, der mittlerweile auf die 40 zugeht, noch bis 2024 unter Vertrag steht.

Martin Stranzl
Er kam im Winter 2010/11 mit Champions-League-Erfahrung aus Moskau und wurde in fünfeinhalb Jahren Gladbach zu einem der großen Borussia-Verteidiger. In der Erfolgssaison 2011/12 hielt er die zwischenzeitlich beste Abwehr Europas zusammen. Auf einer tränenreichen Pressekonferenz verkündete Stranzl 2016 sein Karriereende. In Düsseldorf eröffnete er einst eine Autowerkstatt, war Co-Trainer bei Borussias U19, stieg ins Beratergeschäft ein und erwirbt nun seine Trainer-Lizenz. Präsent ist er bis heute, wenn er seine Meinung sagt zum aktuellen Geschehen in Gladbach. Gilt auch als Kandidat für einen Präsidiumsposten.

Havard Nordtveit
Am letzten Spieltag der Saison 2021/22 schloss sich für den Norweger ein Kreis: Die TSG Hoffenheim ließ ihn beim Gastspiel in Gladbach verabschieden. Wie Stranzl war Nordtveit im Januar 2011 zur Borussia gewechselt, wo er bis zu seinem ablösefreien Abschied in Richtung West Ham United 2016 blieb. Die Zeit des vielseitigen Defensivspielers auf der Insel war nicht von Erfolg geprägt. 2017 kehrte er zurück in die Bundesliga, diesmal eben nach Hoffenheim. Unvergessen bleibt sowohl sein Einwurf im Hinspiel gegen Bochum als auch sein Eigentor im Rückspiel.

Christofer Heimeroth
In der Saison 2010/11 wurde Heimeroth zum Pokalhelden in der zweiten Runde gegen Leverkusen. In der Liga stand er 13-mal im Tor, letztmals im letzten Spiel unter Michael Frontzeck beim FC St. Pauli. Als Igor de Camargo gegen Bochum traf, war Heimeroth als einer der Ersten zum Jubeln an der Eckfahne. Unter Favre spielte er nur 13 Minuten in der Bundesliga und 90 in der Europa League. Seit 2018 ist Heimeroth Borussias Teammanager und hat mittlerweile einen Management-Lehrgang des DFB absolviert.

Igor de Camargo
Mit seinem Kopfstoß gegen St. Pauli, aus dem Matthias Lehmann viel machte, für den es dennoch die Rote Karte gab, leitete der Belgier die Niederlage ein, die Frontzeck den Job kostete und Favre übernehmen ließ. Mit dem Last-Minute-Tor gegen Bochum wurde de Camargo der Relegationsheld. Später gelangen ihm noch eminent wichtige Tore, unter anderem gegen Limassol oder Leverkusen. Anfang 2013 trennten sich die Wege. Nach den Stationen Hoffenheim, Lüttich, Genk, Nikosia, Mechelen und Molenbeek beendete de Camargo 2022 seine Karriere - die für immer mit diesem einen Moment verbunden bleiben wird.

Logan Bailly
De Camargos Landsmann ist so etwas wie der Anti-Held der Relegationssaison. Von Frontzeck wurde Bailly degradiert, Favre stellte ihn wieder ins Tor, doch dann unterlief ihm gegen Kaiserslautern ein Eigentor, das den Abstieg scheinbar besiegelte. Einmal noch lief Bailly für Gladbach auf, dann begann die Ära Marc-André ter Stegen. Kurz darauf wurde Bailly wegen schwerer Körperverletzung (die Tat hatte sich im Jahr 2005 ereignet) zu fünf Monaten auf Bewährung verurteilt. Im belgischen Löwen zeigte Bailly noch mal gute Leistungen. Hängen blieben aus all den Jahren aber vor allem angebliche Verbindungen zur Wettmafia, Schulden und andere Eskapaden. Ist inzwischen Torwarttrainer.

Patrick Herrmann
Ohne dem Ur-Borussen (Vertrag bis 2024, rund 400 Spiele) zu nahe zu treten: Eine prägende Figur der Relegationssaison war er nur bedingt. Seinen letzten Startelf-Einsatz hatte Herrmann am 31. Spieltag gegen Dortmund. Den ganz großen Durchbruch erlebte er in der Saison 2011/12, unter anderem mit seinem Doppelpack gegen die Bayern. Der Höhepunkt seiner Laufbahn: Platz drei im Jahr 2015 und das anschließende Debüt im DFB-Team. Verletzungen warfen Herrmann in der Folge immer wieder zurück. Doch der gebürtige Saarländer ließ sich nie unterkriegen. Mittlerweile ist er zweifacher Familienvater, hat in Mönchengladbach ein Haus gebaut. Sein Vertrag läuft 2024 aus.

Bamba Anderson
Er kam als bester Abwehrspieler der vorangegangenen Zweitligasaison und wurde mitgerissen von der Gegentorflut in der Hinrunde. Die Bilanz des Brasilianers: 13 Einsätze, 32 Gegentore. Unter Favre machte Bamba Anderson kein Spiel, aber er ist ein Teil dieser Saison. Bei Eintracht Frankfurt erlebte der Innenverteidiger bessere Zeiten als in Gladbach. 2015 erlitt er einen Knorpelschaden im Knie und beendete 2017 mit nur 29 Jahren seine Karriere.

Tony Jantschke
Neben Herrmann der zweite Relegationsheld, der immer noch im Profikader bei Borussia steht. Jantschke debütierte bereits 2008 unter Hans Meyer in der Bundesliga, den Durchbruch schaffte er unter Favre. Später schnupperte der Defensivallrounder sogar an der Nationalmannschaft. Hatte ab 2015 immer wieder mit Verletzungsproblemen zu kämpfen, blieb aber stets ein Führungsspieler, war Vize-Kapitän und verwaltet seit Jahren die Mannschaftskasse.

Mike Hanke
Er kam nach Borussias Zehn-Punkte-Hinrunde aus Hannover und verkündete: „Mit mir steigt Gladbach nicht ab.“ Der Stürmer hielt Wort, auch wenn er selbst erst am 33. Spieltag sein erstes Tor erzielte. Als Führungsfigur war Hanke vom ersten Tag an wichtig. „Borussia Barcelona“ prägte er mit und schoss gegen den FC Schalke im Februar 2012 das vielleicht schönste Tor jener Zeit. Ein Jahr später wurde sein Vertrag nicht verlängert. Hanke ging nach Freiburg und für ein paar Monate nach China. Heute ist er Co-Trainer in der Jugend bei Borussia.

Roel Brouwers
Von der 2. Bundesliga in die Champions League - das konnte 2015 nur der Niederländer von sich behaupten. Die Relegationssaison war auch bei ihm von Verletzungen geprägt, unter Favre feierte er Anfang März sein Comeback, stand aber erst im ominösen Spiel gegen Dortmund in der Startelf. Dort hielt er wie eine Woche später gegen Hannover den Laden dicht. Brouwers trug öfters die Kapitänsbinde bei Gladbach und blieb bis zu seinem Abschied im Jahr 2016 ein Publikumsliebling. Kurz kickte er noch für Roda Kerkrade, mittlerweile lässt ist er dort Co-Trainer - und natürlich häufiger noch im Borussia-Park.

Sebastian Schachten
Schon 2007 kam er aus Paderborn, aber Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück. In der tristesten Phase der Relegationssaison war Schachten aufgrund der angespannten Personalsituation in der Defensive überraschend häufig gefragt. Unter Favre spielte er nur noch ein paar Minuten. Nach vier Spielzeiten bei St. Pauli, einer in Luzern und einer beim FSV Frankfurt beendete Schachten seine Laufbahn. Inzwischen ist er Sportlicher Leiter beim VfB Oldenburg.

Marc-André ter Stegen
Als er im April 2011 gegen den 1. FC Köln sein Debüt feierte, war ter Stegen noch 18 Jahre alt. Mit seinen Paraden trug er entscheidend dazu bei, dass Borussia in seinen ersten acht Einsätzen - inklusive Relegation - nur vier Tore kassierte. 2014 wechselte der Nationaltorhüter für zwölf Millionen Euro zum FC Barcelona und verabschiedete sich tränenreich von den Borussia-Fans. Inzwischen steht der Champions-League-Sieger von 2015 bei mehr als 300 Spielen für die Katalanen und verkörpert regelmäßig Weltklasse.

Karim Matmour
Borussias erster Algerier (Ramy Bensebaini wurde 2019 der zweite) war lediglich Ergänzungsspieler, hatte im Hinspiel gegen Bochum aber einen auffälligen Sechs-Minuten-Einsatz als Joker, als er Reus ersetzte. Nach der Saison führte Matmours Weg zu Eintracht Frankfurt, von dort nach Kaiserslautern, in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Huddersfield auf die Insel, zu 1860 München und zum Abschluss seiner Laufbahn noch nach Australien zu Adelaide United. Heute arbeitet Matmour als Scout für Bayer Leverkusen.

Michael Fink
Hanke, Stranzl, Nordtveit - fast jeder Borussia-Fan kann die wichtigen Transfers im Winter 2010/2011 aufzählen. Der vierte ist ein wenig in Vergessenheit geraten, dabei stand Fink unter Favre viermal in der Startelf. Mit 41 Jahren spielte er zuletzt immer noch in der Regionalliga West für den FC Gießen. Nach seinem Intermezzo in Gladbach als Leihspieler war der Mittelfeldmann noch für Samsunspor, Erzgebirge Aue, Waldhof Mannheim und Hanau 93 aktiv.

Jens Wissing
In der Rückrunde spielte der Linksverteidiger gar nicht mehr und überhaupt nur viermal für Borussia. 2014 beendete der ehemalige Münsteraner nach Stationen in Paderborn und Duisburg bereits mit 26 Jahren seine Profikarriere. 2019 kehrte Wissing dann als U23-Co-Trainer nach Gladbach zurück, zwei Jahre später zog es ihn als Assistent von Roger Schmidt zur PSV Eindhoven, mit Schmidt wechselte er auch zu Benfica Lissabon.

Elias Kachunga
Der Angreifer galt als eines der größten Talente im Fohlenstall, als er mit 18 Jahren bei den Profis debütierte. Zwei Spiele wurden es: ein 2:3 gegen Hoffenheim und ein 0:3 gegen Kaiserslautern. In den Kader schaffte es Kachunga danach nicht mehr. Aber nach seinem Abgang sammelte er in Paderborn und Ingolstadt weitere Bundesliga-Erfahrung und stieg mit Huddersfield sogar in die Premier League auf. 2022/23 war Kachunga mit den Bolton Wanderers nur noch drittklassig unterwegs.

Fabian Bäcker
Er ist der Mann, der 2010 Patrick Herrmanns erste Bundesliga-Flanke empfing und verwertete. Während sich sein Kumpel von früher im Bereich von 400 Einsätzen bewegt, blieb Bäcker bei drei für Borussia stehen. Den letzten hatte er in der Relegationssaison in der ersten Pokalrunde. Unter Favre stand der Angreifer beim 1:0 gegen Dortmund immerhin noch einmal im Kader. Heute ist er Spielertrainer in der Verbandsliga Hessen-Süd.

Ein Quartett kam in der Saison 2010/2011 zwar zum Einsatz, spielte aber in der Rückrunde und damit während der Relegation nicht mehr für Borussia. Raúl Bobadilla war verliehen an Aris Saloniki und verließ Borussia Anfang 2012 endgültig. Fünf Jahre später kehrte „Boba“ für eine Saison zurück, dann spielte er in der zweiten Schweizer Liga beim FC Schaffhausen. Zur Saison 2023/24 wechselte er zum türkischen Zweitligisten Bandirmaspor. Michael Bradley verbrachte die Rückrunde bei Aston Villa, dann kaufte ihn Chievo Verona. Über die AS Rom landete der US-Amerikaner 2014 beim FC Toronto, wo er bis heute in der MLS aktiv ist. Jan-Ingwer Callsen-Bracker wurde Anfang 2011 an den FC Augsburg abgegeben, bei dem er acht Jahre später seine Laufbahn beendete. Heute ist er Entwicklungsdirektor beim DFB. Marcel Meeuwis wurde vor Rückrundenbeginn an Feyenoord Rotterdamm verliehen, dann an Venlo abgegeben und beendete 2013 nach einer kurzen Station in Australien seine Karriere.

Seit 2009 im Verein Die Chefs von Co-Trainer Frank Geideck in Gladbach
