Borussia hat die Schaltzentrale verlegt Das Prinzip der Doppel-Acht

Mönchengladbach · Borussia hat die Schaltzentrale weiter nach vorn geschoben. Die Doppel-Sechs wird aufgelöst, dafür gibt es weiter vorn ein Duo hinter den drei Spitzen. Jonas Hofmann und Matthias Ginter erklären die taktische Veränderung.

 Jonas Hofmann, hier im Spiel gegen Augsburg, fühlt sich als Achter wohl.

Jonas Hofmann, hier im Spiel gegen Augsburg, fühlt sich als Achter wohl.

Foto: Dirk Päffgen

Christoph Kramer ist einsam geworden. Früher war immer jemand an seiner Seite, in seiner ersten Gladbach-Episode meist Granit Xhaka, dann Mo Dahoud und zuletzt Denis Zakaria. Kramer bildete mit den Kollegen vorwiegend die so genannte Doppel-Sechs, das Gespann vor der Abwehr, die Schaltzentrale in der Tiefe des Raumes.

Doch nun hat Trainer Dieter Hecking Kramer oder den, der den Job machen wird, zum Single gemacht. Denn er hat die Doppel-Sechs abgeschafft und den Ort der Spielentwicklung nach vorn geschoben. Künftig soll die Doppel-Acht der Quell der Kreativität und der Torgefahr im Mittelfeld sein - nicht mehr vor der Abwehr, sondern im Rücken des Dreiersturms. Hinter den Achtern ist der einsame Sechser der Rücken-Freihalter.

Es ist das ur-typische Borussen-System, das 4-3-3. Wie einst Meistertrainer Hennes Weisweiler hat Hecking viele offensive Mittelfeldspieler im Kader. „Um möglichst viele unterzukriegen, ist das 4-3-3 am besten geeignet“, sagt Hecking. Er setzt damit ein Zeichen: Borussia schaut und spielt nach vorn.

Das Prinzip der Doppel-Acht macht Sinn und kann, wenn es funktioniert, viel Spaß machen. Schließlich gibt es im 4-3-3 im Vergleich zum in den vergangenen Jahren üblichen flach angelegten 4-4-2 mit Doppel-Sechs und zwei Außenbahnspielern einen Offensiven mehr, also fünf statt vier. Und das, obwohl „die Neuneinhalb-Position ja ein wenig wegfällt“, wie Jonas Hofmann anmerkt.

Neben der Doppel-Sechs wird also der typische Zweiersturm degradiert, der in den vergangenen Jahren in der Ausprägung mit zwei spielenden Offensivmännern der generelle Ansatz bei den Borussen war. Doch war das Konkrete abhanden gekommen, es fehlte schlicht die Durchschlagskraft und oft ein Mann im Strafraum. Nun hofft Hecking mit dem taktischen Wandel, das Problem zu beheben. Die doppelte Acht spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Beim 2:1 gegen Augsburg zeigten Hofmann und Florian Neuhaus, wie eine aktive und effektive Interpretation der Doppel-Acht aussehen kann. Beim Siegtor schickte Neuhaus Hofmann in die ominöse Tiefe, dorthin, wo der Gegner besonders verwundbar ist. „Diese Läufe kann man immer wieder machen“, sagt Hofmann. Beim 0:1 gegen Ingolstadt taten sich Torben Müsel und Denis Zakaria schwerer, Druck aus dem Hintergrund zu erzeugen, später kamen Hofmann und Neuhaus rein, konnten die Niederlage aber nicht abwenden.

Hecking will grundsätzlich Pressing spielen lassen, die beiden Achter gehören dabei zu den Hauptdarstellern. „So können wir in der gegnerischen Hälfte mehr Ballgewinne erzielen“, sagt Abwehrchef Matthias Ginter. Drei Stürmer plus zwei Achter als Balljäger. Bestenfalls ist es tief in der gegnerischen Hälfte die erste Verteidigungslinie. „In der halboffensiven Position sind wir kompakter aufgestellt und können mehr Druck ausüben“, sagt Hofmann. Lassen sich die Achter fallen, wartet eine Dreierkette vor der Abwehr, sieben Defensive in der Summe, auf den Gegner, es sei denn, er wird weit vorher attackiert.

Während der Sechser zugleich Zerstörer (des gegnerischen Spiels) und Aufbauhelfer (des eigenen Spiels) ist, ist der Achter ein Halbwesen aus Abfangjäger, Ideengeber und Torjäger, ein Hybrid aus Sechser und Zehner. Im Vergleich dazu ist die Neuneinhalb zugleich Mittelfeldspieler und Stürmer, und damit einige Meter weiter vorn verortet. Da fehlt zuweilen die Weite des Raumes, zu leicht können dann die Wege verbaut werden.

„Die Position macht viel Spaß. Man hat viel Ballbesitz und ist ständig am Spiel beteiligt, ganz egal wo der Ball ist“, sagt Hofmann über den Job als Achter. Das definiert auch Ginter als Vorteil. „Wir haben dadurch mit und gegen den Ball mehr Optionen. In der vergangenen Saison mussten wir oft quer oder zurück spielen, jetzt ist ein Mann mehr weiter vorn da, den wir anspielen können“, sagt der Nationalspieler.

Für die Besetzung der Doppel-Acht gibt es reichlich Optionen: Hofmann, Neuhaus, Michael Cuisance, der Donnerstag ins Training einsteigt, Denis Zakaria, Torben Müsel und der nun verletzte Lazslo Bénes können in jedweder Kombination da spielen. Auch Christoph Kramer könnte den Job machen. Dann wäre er auch kein Single mehr im Mittelfeld.

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