Borussias Joker gegen Bochum Hannes Wolfs Einsatz bringt Rückschritt statt Fortschritt
Mönchengladbach · Keiner in der Bundesliga wechselt so selten wie Adi Hütter. Borussias Trainer brachte in der Schlussphase gegen den VfL Bochum drei Neue. Während Marcus Thuram Pech hatte, dass sein Treffer nicht zählte, enttäuschten zwei weitere Joker – und das nicht zum ersten Mal in dieser Saison.
Marcus Thuram hätte beinahe etwas gegen die Null getan, die in der Rangliste der Mannschaften mit den meisten Jokertoren noch immer bei Borussia Mönchengladbach steht. Der Franzose selbst hatte nichts Verbotenes getan, doch Breel Embolo stand beim Seitfallzieher von Ramy Bensebaini im Abseits, sodass alles annulliert wurde, was anschließend passierte. Trotzdem war Thuram beim 2:1 gegen den VfL Bochum noch der glücklichste der drei Gladbacher Einwechselspieler. Zumal er nach zwei Monaten Verletzungspause längst nicht die Erwartungen erfüllen kann, die normalerweise an ihn gestellt würden.
Anders sieht es aus bei dem Mann, der in der 69. Minute gemeinsam mit Thuram ins Spiel gekommen war. Florian Neuhaus ersetzte Manu Koné, was über eine Brutto-Spielzeit von 25 Minuten einen indirekten Vergleich der beiden Sechser ermöglichte. Koné hatte zuvor mit einer soliden Leistung unter Beweis gestellt, dass er seinen Job als Nebenmann von Denis Zakaria auch ohne Aha- und Oho-Momente wie beim 5:0 gegen den FC Bayern zuverlässig erledigen kann.
Neuhaus hätte mit seinen Fähigkeiten, mit Ball am Fuß für Raumgewinn zu sorgen, wichtige Entlastung bringen können. Schon in seiner ersten Szene versuchte er, Meter zu machen, allerdings an einer Stelle, wo der Ball nicht länger als eine Sekunde etwas am Fuß zu suchen hat: Neuhaus dribbelte von links in den eigenen Sechzehner, verlor den Ball, sodass Bochums Takuma Asano erstmals im Spiel Yann Sommer prüfen konnte.
Die anschließende Ecke brachte den Pfostentreffer von Vasilios Lampropoulos. Spätestens danach war die Stabilität endgültig dahin und Neuhaus warf mit seiner haarsträubenden Aktion die Frage auf, ob Korrelation in diesem Fall auch Kausalität bedeutete. Zwar fing sich der Nationalspieler anschließend, das Spiel verlief in der Schlussphase, in der Borussia sich immer weiter hinten reindrücken ließ, aber so gar nicht nach seinem Geschmack. Den Booster fürs Selbstvertrauen konnte sich Neuhaus auch diesmal nicht holen. Bleiben Koné und Denis Zakaria gesund, ist eine Startelf-Rückkehr nicht in Sicht. Eher schiebt sich bald wieder sein Kumpel Christoph Kramer als Back-up vor Neuhaus.
Bochum drückte also bereits, als Hütter in der 82. Minute zum dritten Mal wechselte. Weiterhin tauscht kein Bundesligatrainer so selten aus wie der Österreicher, 35 von 50 Möglichkeiten hat er bislang nur genutzt. Und der letzte Joker an diesem Abend erweckte den Eindruck, dass der Trainer aktuell nur begrenzt auf jeden Profi im Kader bauen kann. Es kam Hannes Wolf für Alassane Plea, den „Mann des Tages“. Seit dem Sieg gegen Dortmund war Wolf in vier Pflichtspielen gar nicht mehr zum Einsatz gekommen, und bis zum Abpfiff erlebte er zwölf rabenschwarze Minuten. „Er selber war am meisten enttäuscht, das hat man ihm nach angesehen nach dem Spiel. Er ist ein Spieler, der immer alles gibt, auch im Training, deshalb habe ich mich entschieden, ihm die Gelegenheit zu geben, beim Stand von 2:0 ein paar Spielminuten zu sammeln. Leider ist ihm in diesen Minuten nicht viel gelungen“, sagte Trainer Hütter.
Wolf brachte nur einen von drei Pässen zum Mitspieler, fabrizierte drei Ballverluste und zwei der lediglich sieben Gladbacher Fouls gingen auf sein Konto, dabei verursachte er auch den Freistoß am eigenen Strafraum, den Danny Blum so sehenswert zum Anschlusstreffer ins Tor schoss. Der Auftritt erinnerte sehr an die Zeit vor einem Jahr, als sich Wolf mit solchen Nachlässigkeiten den Start in Gladbach enorm erschwerte. Während er damals aus einer langen Verletzung und einer schwierigen Zeit bei RB Leipzig kam, müsste der Österreicher jetzt viel weiter sein. In der Vorbereitung, als ein Gros der Topspieler noch fehlte, hatte er einen entsprechenden Eindruck erweckt. Doch den Vorsprung hat er längst verspielt. „Wichtig ist, dass wir ihn wieder auffangen, als Trainerteam und als Mannschaft“, so Hütter.
Sein Lieblings-Joker Patrick Herrmann blieb diesmal 90 Minuten auf der Bank, Laszlo Bénes kam seit seinem Startelf-Einsatz im DFB-Pokal in Kaiserslautern noch maximal 23 Minuten zum Einsatz, ansonsten hätten noch Luca Netz, Keanan Bennetts und Torben Müsel bereitgestanden. Das Spiel gegen Bochum untermauerte den Eindruck, dass Borussias Startelf sich aktuell aus lediglich 13 bis 15 ernsthaften Kandidaten speist.