Positive Bilanz Borussias gute Erinnerungen an echte Topspiele gegen Bayern München

Mönchengladbach · Seit 2012 ist Gladbach gegen Bayern auch tabellarisch oft ein Spitzenspiel. Borussias Bilanz in diesen Top-Duellen ist durchaus positiv.

 Patrick Herrmann erzielte am 20. Januar 2012 vor dem 3:0 auch den Treffer zum 2:0 für Borussia gegen die Bayern.

Patrick Herrmann erzielte am 20. Januar 2012 vor dem 3:0 auch den Treffer zum 2:0 für Borussia gegen die Bayern.

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Kaum hatte Patrick Herrmann Bayern-Torwart Manuel Neuer umspielt und den perfekten Konter zum 3:0 abgeschlossen, lobte Experte Stefan Effenberg am TV-Mikrofon: „Das mögen die Gladbacher vielleicht nicht gerne hören, aber wenn sie so weitermachen, spielen sie mit um die deutsche Meisterschaft.“ Nur ein gutes halbes Jahr zuvor hatte Borussia noch um den Klassenverbleib gekämpft – und Effenberg als einer der Chef-Kritiker die Führung im Klub übernehmen wollen. Borussia blieb dank der Relegationsrettung gegen den VfL Bochum in der Bundesliga, und Effenberg blitzte mit seiner Initiative auf der Jahreshauptversammlung bei den Mitgliedern ab. Und dann siegte Borussia wenige Monate später im Topspiel des 18. Spieltags am 20. Januar 2012 gegen Bayern München 3:1 – nicht zuletzt dank des Doppeltorschützen Patrick Herrmann.

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Mit dem Sieg kam Gladbach als Tabellenvierter bis auf einen Punkt an den Spitzenreiter Bayern heran. Zwar wurde es letztlich nichts mit dem Titelkampf – Borussia beendete die Saison auf dem vierten Rang. Doch da der Klub überhaupt wieder in die Spitze vorgestoßen war und sich fortan in den oberen Tabellengefilden der Bundesliga etablierte, machte das auch den Evergreen gegen München wieder zu einem echten Topspiel im Oberhaus des deutschen Fußballs.

Wenn nun Gladbach als Spitzenreiter den Tabellenvierten FC Bayern empfängt, ist es seit jenem 3:1 im Januar 2012 bereits zum neunten Mal der Fall, dass sich vor dem Aufeinandertreffen beide Mannschaften unter den Top Vier der Tabelle befinden. Eine solche Dichte an Gipfeltreffen hatte es sonst nur in den goldenen Siebzigern gegeben. Zum Vergleich: Zwischen 1986 und 2012 hatte es diese Konstellation nur ein einziges Mal gegeben. Was die Borussen freuen dürfte: In diesen Spitzenspielen hat Gladbach sogar eine bessere Bilanz als der große Rivale aus München. In den bislang 28 Spielen behielt Borussia zwölfmal die Oberhand, während die Bayern nur zehn Partien gewinnen konnten. 17-mal fand das Duell dabei in Gladbach statt, elfmal in München. Nun darf erneut Borussia Gastgeber beim Topspiel sein.

Patrick Herrmann: Das stolze Eigengewächs von Borussia Mönchengladbach
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Indes ging es tabellarisch nicht immer so knapp zu wie im Januar 2012 oder nun bei der aktuellen Auflage. Mitunter war die Meisterfrage auch schon entschieden – wie 1969, als Gladbach am 33. Spieltag die Münchner empfing und ihnen vor dem 1:1 bereits zur ersten Bundesliga-Meisterschaft gratulieren konnte. Oder 1974, als am letzten Spieltag Bayern als frisch gekürter Europapokalsieger der Landesmeister am Bökelberg zu Gast war und sich siegestrunken eine 0:5-Klatsche beim Vizemeister abholte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Partie zwischen diesen beiden Vereinen bereits als das etabliert, was nun seit einem Jahrzehnt das Duell zwischen Bayern und Borussia Dortmund darstellt: als deutscher Clasico. Der Underdog vom Niederrhein gegen die Neureichen aus der bayrischen Landeshauptstadt – seinen ersten Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung im Meisterschaftskampf 1971, der ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen beiden Vereinen bot. Am 14. April 1971 empfing Borussia die Bayern, es war das erste Spiel nach dem Pfostenbruch am Bökelberg und den zwei am grünen Tisch verlorenen Punkten. Trotzdem war Borussia Tabellenführer und untermauerte – angetrieben durch ihren Regisseur und Torschützen Günter Netzer – seine Ambitionen, als erster Bundesligaklub den Meistertitel zu verteidigen. Gladbach gewann das Spiel 3:1 und später auch die Meisterschaft.

In jener Partie im April 1971 kam es zwischen Borussia und Bayern bereits zum dritten Aufeinandertreffen des Tabellenersten gegen den Zweiten. In der Folge sollte das nur noch zweimal der Fall sein. Und ab Ende der 1970er Jahre ging die Schere zwischen den Gladbachern und den Münchnern immer weiter auseinander. Deswegen kann auch nicht verwundern, dass zumeist Bayern besser platziert war als Borussia, auch wenn beide unter den Top Vier lagen. In den bisherigen insgesamt 28 Begegnungen war dies 23-mal der Fall.

Trotzdem gelang es Gladbach immer wieder, wirkungsvoll Paroli zu bieten – gerade im eigenen Stadion. So gewann Borussia am 25. Spieltag der Saison 1983/84, als beide Teams noch Meisterschaftschancen hatten, durch drei späte Treffer von Frank Mill (2) und Hans-Jörg Criens 3:0. Und zum Hinrundenfinale 1985 schossen Criens (2), Uwe Rahn und Hans-Georg Dreßen einen 4:2-Erfolg der Gladbacher heraus, die damit an den Bayern vorbei noch vom vierten auf den zweiten Platz sprangen. Es sollte dann gut zehn Jahre dauern, bis es wieder ein solches Topspiel am Bökelberg gab – und wieder mit gutem Ausgang für die Gastgeber: Jörgen Pettersson (2) und Peter Wynhoff trafen beim 3:1 im April 1996.

Die aktuelle Fohlen-Generation um Patrick Herrmann hat seit 2012 an diese gute Tradition angeknüpft und dies noch um eine besondere Facette erweitert. Denn plötzlich gewannen die Gladbacher auch Spitzenspiele in München: 2014 gab es durch zwei Raffael-Treffer ein 2:0, und im Herbst 2018 ein 3:0, bei dem Alassane Plea, Lars Stindl und erneut Herrmann für die Tore verantwortlich zeichneten.

Und im Borussia-Park? Dort gab es im März 2019 zwar ein 1:5, in den Jahren zuvor aber auch Siege wie das 3:1 im Dezember 2015 unter André Schubert oder das 2:1 im November 2017 unter Dieter Hecking. In beiden Fällen war Borussia vor dem Spiel Vierter und Bayern Tabellenführer. Nun grüßt Gladbach von der Spitze und will die gute Bilanz in Spitzenspielen gegen die Bayern ausbauen. Und sollte wieder ein herrlich herausgespieltes Tor wie Herrmanns 3:0 im Januar 2012 gelingen und Gladbach erneut siegen, könnte es wieder den einen oder anderen Experten geben, der Borussia die Meisterschaft zutraut.

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