Von „Alles oder nichts“ bis Topspiel-Taktik Borussias Dreierkette hat viele Gesichter

Mönchengladbach · Trainer Marco Rose will eine flexible Borussia sehen, es aber auch nicht übertreiben. Gegen Dortmund war wieder mal die Dreierkette als Topspiel-Variante angesagt. Dass Gladbach 0:3 verlor, lag nicht an der Grundordnung.

 Gegen Borussia Dortmund verteidigten Ramy Bensebaini und Nico Elvedi erstmals von Beginn an gemeinsam in einer Dreierkette.

Gegen Borussia Dortmund verteidigten Ramy Bensebaini und Nico Elvedi erstmals von Beginn an gemeinsam in einer Dreierkette.

Foto: AP/Bernd Thissen

Als Marco Rose die Dreierkette erstmals so richtig auspackte, war sie ein taktisches „Alles-oder-nichts“-Mittel. Vergangenen Oktober in Dortmund wollte Gladbach unbedingt noch mindestens einen Punkt mitnehmen und hatte in der Schlussphase beim Stand von 0:1 tatsächlich gute Chancen. Der Plan ging zwar nicht auf, aber Rose konnte anschließend voller Überzeugung versichern: „Die Dreierkette ist immer ein Thema.“

Damals hatte er in der 78. Minute Lars Stindl für Oscar Wendt gebracht, Patrick Herrmann zum linken Flügelverteidiger (oder vielmehr -stürmer) umdisponiert und seinen Sechser Denis Zakaria ins Zentrum der Abwehr gezogen. Als die Dreierkette am Samstag in Dortmund von Beginn an zum Einsatz kam, wollte Rose beileibe nicht „all in“ gehen. Ein 3-4-3 oder 3-4-1-2 ist inzwischen eine beliebte Topspiel-Grundordnung des 44-Jährigen.

„Viele Dinge sind sehr gut aufgegangen. Wir haben Dortmund nicht so ins Spiel kommen lassen, wie sie sich das vielleicht erhofft haben“, sagte Rose. Die Probleme beim 0:3 verortete er woanders: „Nach Ballgewinnen haben wir im Positionsspiel zu wenig Wucht und Durchschlagskraft entwickeln können.“ Das war, vor allem in der ersten Hälfte, weniger ein taktisches als ein personelles Problem.

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Zum neunten Mal ist die Dreierkette vom Start weg zum Einsatz gekommen, zum dritten Mal allein gegen Borussia Dortmund, dazu unter anderem gegen die AS Rom, bei Bayer 04 Leverkusen und bei RB Leipzig. Dort hat Gladbach Anfang Februar die bis heute wohl beste von 88 Halbzeiten unter Rose auf den Rasen gebracht. Vor einer Dreierkette um Nico Elvedi, Denis Zakaria und Matthias Ginter lief eine Sechser-Achter-Zehner-Kombination um Christoph Kramer, Florian Neuhaus und Jonas Hofmann auf.

Bis auf Zakaria waren sie alle auch in Dortmund dabei, doch die Abwesenheit des Schweizers verändert die Statik dieser Grundordnung immens. Borussias Dilemma: Zakaria ist sowohl der beste Sechser im Kader als auch der beste Mittelmann für die Dreierkette. Der 23-Jährige liebt die Position nicht, aber er nimmt sie an, was ihm sein Trainer immer wieder hoch anrechnet. Nach seiner Rückkehr könnte Zakaria gerade an Champions-League-Abenden hinten drin gefragt sein. Dort spielte er auch Anfang März gegen den BVB, als er so arg mit Torwart Yann Sommer zusammenstieß, dass er seitdem verletzt fehlt.

Bei Borussias Auftakt-Niederlage zum Bundesliga-Start packte Rose eine weitere zukunftsträchtige Variante der Dreierkette aus. Elvedi spielte erstmals im Zentrum, räumte seine angestammte Position halblinks für Ramy Bensebaini. Der stand somit zum ersten Mal in der Liga gemeinsam mit Oscar Wendt in der Startelf, seinem Konkurrenten um die Linksverteidiger-Position in einer Viererkette. Sonst agieren der Algerier und der Schwede höchstens zusammen, wenn Rose bei einem Rückstand umstellt und die „Alles oder nichts“-Variante der Dreierkette auspackt.

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Foto: imago

Defensiv ging der Plan gegen den BVB auf. „Wenn Dortmund mit Dreierkette spielt, musst du über 90 Minuten ihre Spielverlagerungen verteidigen, deshalb haben wir uns für die Variante klare Zuordnung entschieden“, erklärte Rose. Beim ersten Durchbruch von Erling Haaland bekam Elvedi noch einen Fuß dazwischen, beim 0:1 misslang ein Klärversuch, die anschließende Unordnung nutzten Jude Bellingham und Giovanni Reyna eiskalt. Viel mehr war vom BVB in der ersten Halbzeit kaum zu sehen. Und dass Gladbach sich vor dem Elfmeter zum 0:2 auskontern ließ, war kein Kettenproblem. Beim 0:3 hatte Rose hinten bereits auf Viererkette umgestellt durch die Einwechslung von Herrmann für Wendt.

Gladbachs Coach sieht seine Mannschaft inzwischen „sehr flexibel“, betonte aber jüngst im Interview mit unserer Redaktion: „Wir dürfen auch nicht übertreiben. Wir reden über Viererkette oder Dreierkette und in Nuancen andere Grundformationen. Wobei sich dieses System im Spiel so oft verändert.“ Auf rechts fehlt ihm aktuell noch das Pendant zum Duo Wendt und Bensebaini, in Abwesenheit des verletzten Valentino Lazaro ist Stefan Lainer so gut wie konkurrenzlos.

Und dann wäre da noch der Mann, der bislang für die besten Dreierketten-Erfahrungen gesorgt hat: Zakaria. Der soll nach der Länderspielpause Mitte Oktober wieder bereit sein. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Borussia ihn auf verschiedene Arten ersetzen kann. Dennoch fehlt seine Qualität den Fohlen sehr.

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