Borussia Mönchengladbach Zakaria und der Lernprozess

Augsburg · Denis Zakaria steht stellvertretend für die Lage bei Borussia nach acht Wochen inklusiver Vorbereitung: Einiges sieht vielversprechend aus, aber die Mannschaft muss noch lernen, ihr hohes Niveau über 90 Minuten zu halten.

Denis Zakaria trifft zum 1:1 in Augsburg.

Denis Zakaria trifft zum 1:1 in Augsburg.

Foto: dpa, puc nic

Denis Zakaria scheint keine Pause zu benötigen. Auf der Rückreise vom 2:2 beim FC Augsburg stand eine Runde des Computerspiels "Mario Kart" gegen Thorgan Hazard an. Am Sonntagmorgen um sechs Uhr saß er dann noch immer rastlos auf dem Sofa beim Boxkampf zwischen Floyd Mayweather und Conor McGregor, während Teamkollege Nico Elvedi neben ihm bereits eingenickt war — alles dokumentiert bei "Instagram". Vielleicht genügte Zakaria aber auch die halbe Stunde auf der Bank in Augsburg zum Verschnaufen. Sein manchmal noch etwas unbedarftes Zweikampfverhalten hatte dem 20-Jährigen einen früheren Feierabend beschert, weil ihm Gelb-Rot drohte.

Erst zweimal hat Zakaria für Borussia in der Bundesliga gespielt, aber beide Auftritte waren erinnerungswürdig. Beim 1:0 gegen den 1. FC Köln brachte er all seine 44 Pässe zum Mitspieler und holte Leonardo Bittencourt so rustikal von den Beinen, dass er in Anlehnung an einen bekannten Schweizer Landsmann "Xhakaria" getauft wurde. In Augsburg gelang ihm sein erstes Tor, nach einem Doppelpass mit Lars Stindl war Zakaria nicht mehr aufzuhalten. Diesmal leistete er sich nur einen einzigen Fehlpass, aber er sah eben schon wieder in der ersten Halbzeit die Gelbe Karte. "Da muss er aufpassen", sagte Trainer Dieter Hecking. Zakaria schreibt in den ersten Wochen der Saison nicht nur seine eigene Geschichte, er steht auch stellvertretend für den Entwicklungsprozess, den Borussia durchmacht. Das alte Credo "Wir denken von Spiel zu Spiel" heißt nun: "Wir lernen von Spiel zu Spiel."

Zakaria will an der Kartenbilanz arbeiten

Mit etwas gedämpfter Stimme berichtete Zakaria von seinen Eindrücken. Denn Gladbach war nach seinem Tor zum 1:1 zwar durch Oscar Wendt 2:1 in Führung gegangen, hatte in der 89. Minute aber noch den überfälligen Ausgleich kassiert. Das Resultat: "Schade." Das Tor: "Macht mich sehr froh." Die Kartenbilanz: "Muss ich verbessern. Aber dafür bin ich hier, jeden Tag." Hecking ist in der glücklichen Lage, dass er im Grundsatz weder an Zakaria noch am Rest der Mannschaft zweifeln muss, wenn noch nicht alles hinhaut. "Denis ist auf einem richtig guten Weg und wir dürfen uns auf das freuen, was da noch kommt", sagte der Trainer.

Das gilt nach den Eindrücken der ersten acht Wochen inklusive Vorbereitung für die gesamte Borussia. "Wenn wir so Fußball spielen wie in der ersten Halbzeit, macht es Spaß, meiner Mannschaft zuzusehen", sagte Hecking. Das Ziel am Horizont sind 90 Minuten auf diesem Niveau. Der Rest der Liga sieht die Gladbacher (Saisonziel achter Platz) bereits größer als sie sich selbst, das verdeutlichten die Aussagen des Gegners. Von einer "überragenden Qualität" sprach FCA-Trainer Manuel Baum, der von europaweit begehrten und zwölf Millionen Euro teuren Toptalenten wie Zakaria nur träumen kann.

Trotzdem bekam Borussia in den ersten beiden Spielen vorgeführt, wie verheerend sich zehn Prozent Leistungsabfall (Schlussphase gegen Köln) oder 20 Prozent (zweite Halbzeit in Augsburg) auswirken. "Ich sehe aber, dass meine Mannschaft sehr lernwillig ist", sagte Hecking. Losgelöst voneinander sind Spiele kaum noch zu betrachten. Das kommende fragt den Lerneffekt des vorangegangenen ab. Gegen Köln war Borussias Chancenverwertung das Manko, gegen Augsburg entsprachen zwei Tore den Möglichkeiten. Dafür stimmten das Zweikampfverhalten und der Spielaufbau nicht mehr, gegen Eintracht Frankfurt in zwei Wochen muss Gladbach es besser machen.

Die Prüfungsfragen für Heckings Lerngruppe werden dann die gleichen sein. Überhaupt kann sich Borussia mit ihrem spielerischen Ansatz auf zahlreiche Gegner à la Augsburg einstellen, die Hälfte der Liga verkörpert einen Hauruck-Stil, der keine Nachlässigkeiten erlaubt. Wie eng es zugeht, hat die Rückrunde angedeutet: Seit Anfang März ist nur eines von 13 Gladbacher Ligaspielen mit einem Tor Unterschied ausgegangen. Da kann eine vermeintlich schnöde Gelbe Karte wie bei Zakaria schon ein Rückschlag sein.

(RP)
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