Borussia und der 3. April Das Pfostenbruch-Datum brachte selten Erfolg

Mönchengladbach · Am 3. April wäre Borussias Spiel in Bremen gewesen. Es hätte gepasst, denn 1971 knickte an diesem Datum gegen Werder der Torpfosten um. Das hätte Borussia fast die Titelverteidigung gekostet. Abgesehen von einem Co-Rekord-Sieg gegen Hertha BSC gab es am 3. April kaum gute Ergebnisse für Gladbach.

 Ins Netz gegangen: Herbert Laumen am 3. April 1971.

Ins Netz gegangen: Herbert Laumen am 3. April 1971.

Foto: imago sportfotodienst

Borussia wäre die Klammer gewesen in dem hoffnungsfrohen Plan, den die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hatte. Sie wäre im letzten Spiel vor dem Corona-Shutdown dabei gewesen, das war das Geisterderby gegen den 1. FC Köln am 11. März (2:1). Und auch beim Re-Entry wäre sie dabei gewesen, denn geplant war, am 3. April wieder einzusteigen – und da hätten die Borussen bei Werder Bremen gespielt. Inzwischen aber wurde die Wiederaufnahme der Saison, so sie stattfindet, zunächst mal auf Anfang Mai verschoben.

Borussias beste Stürmer: Torjäger aus 40 Jahren Bundesliga
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Foto: dpa Handout

Dabei hätte das Spiel bei Werder Bremen terminlich wunderbar gepasst – war es doch der 3. April 1971, als sich Borussia und Werder zu einem Stück Fußball-Geschichte auf dem Bökelberg trafen. Hauptdarsteller an diesem Tag war der Gladbacher Stürmer Herbert Laumen, der später noch für Werder spielen sollte (und dort sein 100. Bundesliga-Tor ausgerechnet gegen Gladbach erzielte). Laumen, Borussias zweitbester Torschütze aller Zeiten mit 134 Treffern, wurde an diesem Tag berühmt. Nicht, weil er in das Tor vor der Nordkurve des Bökelbergs traf, sondern weil er dafür sorgte, dass es umfiel. Der einst zerbrochene Pfosten ist nun ein Ausstellungsstück im Vereinsmuseum der Gladbacher. Das umgekippte Tor, das Borussia fast den zweiten Meistertitel gekostet hätte, wurde nachgebaut und ist ein Blickfang in der „Fohlenwelt“, die neuerdings mit 40 anderen Klubmuseen auf der Informationsplattform www.fussballmuseen.de vertreten ist.

Dass es am 3. April 1971 ein Drama um das Spiel gab passt, dies sei an dieser Stelle als Exkurs eingefügt, aus Gladbacher Sicht zu dem Datum. Denn sonderlich viel Glück hat es Borussia nicht gebracht. Neun Pflichtspiele gab es seit dem Bundesliga-Aufstieg 1965, die auf den 3. April fielen. Immerhin gab es mit dem 5:0 gegen Hertha BSC 2016 einen der beiden höchsten Bundesliga-Siege im Borussia-Park (2012 gab es ebenfalls ein 5:0, da gegen Werder) und 1985 ein 2:0 gegen Bielefeld. Ansonsten aber ist das, was die Statistik hergibt, in der Sache vor allem ernüchternd. Vier Niederlagen (0:3 in Braunschweig 1979, 1:3 gegen Hamburg 1982, 1:5 in Frankfurt 1991, 1:2 in Stuttgart 2010) kassierte Borussia und es gab drei Unentschieden, so ein 0:0 gegen Bayer Leverkusen in der letzten Saison auf dem Bökelberg und ein 2:2 gegen Bochum in der ersten Spielzeit im Borussia-Park. Und wir sind auch wieder beim Pfostenbruch-Spiel, denn das endete zunächst mal 1:1.

 Im Gladbacher Vereinsmuseum gibt es eine Nachbildung des umgekippten Tores.

Im Gladbacher Vereinsmuseum gibt es eine Nachbildung des umgekippten Tores.

Foto: Karsten Kellermann

So stand es schon nach 17 Minuten, weil Heinz-Dieter Hasebrink Horst Köppels Führungstor für Gladbach ausgeglichen hatte. Die Borussen wollten mehr, denn der eine Punkt, der verloren zu gehen drohte, hätte die Mission Titelverteidigung nochmal ins Wanken gebracht. Darum flogen immer wieder hohe Flanken in den Bremer Strafraum – eine davon lenkte Werder-Torwart Günter Bernhard zwei Minuten vor Schluss über den Querbalken. Laumen indes, erpicht darauf zu treffen, rauschte heran und rutschte ungebremst ins Tornetz. Woraufhin der linke Holzpfosten nachgab und umknickte.

Die Bremer taten alles, um das Spiel fortzusetzen, für sie war der mögliche Punkt auf dem Bökelberg unerwartet viel. Die Borussen hingegen witterten die Chance, ein mögliches Wiederholungsspiel zu gewinnen, und waren weniger engagiert. Borussen-Anführer Günter Netzer wirkte sogar auf Schiedsrichter Gerd Meuser ein, dem Treiben vorzeitig ein Ende zu setzen. Meuser regte aber erst einmal an, dass die Ordner den Pfosten für die restlichen Minuten des Spiels aufrecht halten sollten, doch sonderlich willig waren die Herren nicht bei der Aktion. Ohne Tor ging es daher auch nicht weiter, Meuser, für den es erst das vierte Bundesligaspiel war, brach die Partie ab. Und Borussia bekam die Quittung. „Ein Bundesliga-Klub ist eben kein Dorfverein“, maßregelte der damalige Vorsitzende des DFB-Gerichts, Otto Rückert, den amtierenden Meister und entschied: Werder bekommt die Punkte.

Dass es für die Borussen nicht zum Schlimmsten kam, lag auch am MSV Duisburg. Denn der „rückte“ das Schicksal einige Spiele später wieder zurecht und besiegte den FC Bayern München 2:0, der ansonsten der große Profiteur des Pfostenbruchs geworden wäre. „Das Spiel wurde ja 2:0 für Bremen gewertet und damit waren die Bayern vor dem letzten Spieltag Tabellenführer. Und wir mussten zu den abstiegsgefährdeten Frankfurtern, während die Bayern beim MSV Duisburg spielten, der jenseits von Gut und Böse war. Wir hatten Glück, dass die Duisburger sich reingekniet haben, so haben wir mit unserem 4:1 in Frankfurt unseren Meistertitel verteidigt“, erinnerte sich Herbert Laumen 2019 im Interview mit unserer Redaktion.

Der 3. April 2019 und das da geplante zehnte Gladbach-Spiel an diesem Datum hatten bis zum 30. April, als die die Bundesliga-Klubs und die DFL entschieden, frühestens im Mai wieder zu spielen, das Potenzial, auch historisch zu werden. So aber gibt es nur die Notiz „abgesagt“ im Borussen-Spielplan auf der Internetseite des Klubs für diesen Tag und der 3. April bleibt in der Gladbacher Vereinsgeschichte das Kalenderblatt des Pfostenbruchs. 2021 hat eine der skurrilsten Geschichten der Bundesliga ihren 50. Jahrestag. Es wird ein Samstag sein, und es wäre natürlich hübsch (und im Sinne des Fußball-typischen „ausgerechnet“ fast normal), wenn es an diesem Tag wieder ein Treffen zwischen Borussia und Werder angesetzt würde.

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