Wiedergutmachung ist angesagt Borussia muss die Konstanz zurückholen – und das Glück

Mönchengladbach · In den vergangenen beiden Spielzeiten fehlte es Borussia an Konstanz. Und auch das Glück war den Gladbachern nicht hold. Das soll wieder besser werden.

Lars Stindl bejubelt Anfang 2017 eines seiner beiden Tore gegen Leverkusen

Lars Stindl bejubelt Anfang 2017 eines seiner beiden Tore gegen Leverkusen

Foto: dpa, mb

Es gibt drei Klubs, die zu Synonymen geworden sind für Saison-Merkmale – und eben diese sind alle drei die ersten Heimspiel-Gegner der Mannschaft von Dieter Hecking in der neuen Saison: Bayer Leverkusen, Schalke 04 und Eintracht Frankfurt.

Bayer, der Auftaktgegner, stand im ersten Hecking-Halbjahr für eine Re-Stabilisierung. Das 3:2 in der BayArena mit dem Doppelpack von Lars Stindl war die Wende. Statt in den Keller ging es nach oben, zurück in den europäischen Dunstkreis. Doch in der vergangenen Saison, da wurde die Werkself zum dreifach traumatischen Erlebnis für die Borussen. Vor allem das erste Heimspiel, das seltsame 1:5. Da spielte Gladbach vor der Pause herrlich und führte 1:0, womit Bayer bestens bedient war. Allein Thorgan Hazard hätte längst für klare Verhältnisse sorgen können. Doch dann ging es binnen nicht einmal 30 Minuten den Bach runter.

Das Spiel ist symbolisch für die Wankelmütigkeit der Borussen, für die Anfälligkeit, für die fehlende Konstanz, die letztlich mitverantwortlich war dafür, dass die Saison lief, wie sie lief. Es war eine von drei allzu hohen Niederlagen, zuvor gab es das 1:6 in Dortmund, dann das 1:5 beim FC Bayern. Die 16 Gegentore in drei Spielen waren die Grundlage der wenig erbaulichen Gegentor-Bilanz nach 34 Spielen (52).

Bayer 04 Leverkusen: Heiko Herrlich mit peinlicher Schwalbe
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Herrlich zeigt eine peinliche Schwalbe

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Foto: Screenshot Sky

Auch steht das Spiel dafür, dass es eine Borussia mit zwei Gesichtern gab, eine, die so viel Potenzial hat, es aber zuweilen brachliegen lässt. So war es auch im Pokalspiel gegen Bayer, als die Gladbacher das bessere Team waren, Leverkusen aber der Sieger, weil Leon Bailey im Gegensatz zu den Borussen cool blieb vor dem Tor. Auch das dritte Spiel ging verloren, 0:2 in Leverkusen. Da war Borussia ohne Chance, das zeigte, dass sie in der Saison nicht wirklich das Zeug hatte zum Spitzenteam. So ging in der vergangenen Saison das Duell der Trainer, die früher Borussen-Stürmer waren, Hecking und Heiko Herrlich, deutlich an den Leverkusener mit 3:0.

Schalke 04, der zweite Gast im Borussia-Park, steht für das fehlende Spielglück. In der Saison 2016/17 schied Borussia im Achtelfinale der Europa League unbesiegt aus, weil es nach dem 1:1 im Hinspiel auf Schalke einen unberechtigten Elfmeter und ein „Maulwurf“-Tor gab, bei dem ein Platzfehler den Ball über Yann Sommer hob, und dieses 2:2 nicht reichte zum Weiterkommen. In der vergangenen Saison gab es zweimal ein 1:1 in der Liga, und in beiden Spielen wäre Borussia der Sieger gewesen, wenn es nicht eigenartige VAR-Entscheidungen gegeben hätte.

Und schließlich kommt Frankfurt, das für die größte Enttäuschung der jüngeren Borussia-Geschichte steht: Das Aus im Pokal-Halbfinale der Saison 2016/17, das verlorene Elfmeterschießen im Borussia-Park, das den Traum vom Pokalfinale in Berlin zerbersten ließ. Es gibt Fans, die haben dem Team und dem Trainer das bis heute nicht verziehen. Auch in der vergangenen Saison stand die Eintracht vor allem für Enttäuschung: Das 0:1 im Borussia-Park war eines der schlechtesten Saisonspiele, beim 0:2 in Frankfurt verpasste Borussia den Sprung auf Platz zwei.

Borussia Mönchengladbach: Angstgegner - RB Leipzig auf Platz zwei
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Das sind Borussias größte Angstgegner

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Trauma ist ein großes Wort, sicherlich, doch waren Bayer, Schalke und Frankfurt auf gewisse Weise traumatisch für Borussia. Und nun besteht die Chance, damit aufzuräumen in den ersten drei Heimspielen. Zwar sagt Christoph Kramer: „Du kannst nichts wieder gut machen im Fußball.“ Doch ist das Spiel auch eine Sache des Kopfes, und mancher Sieg bringt nicht nur Punkte, sondern hat auch Symbolwirkung, die nachwirken kann.

Erinnern wir uns an das 1:0 beim FC Bayern von 2011, das so beflügelnd war, dass die Borussen, zuvor gerade so dem Abstieg entronnen, wie im Rausch auf Rang vier stürmten und zum ersten Mal seit 1996 Europa erreichten. Und nun? Gegen Bayer konstant zu bleiben, gegen Schalke das Glück zu erzwingen und gegen Frankfurt nicht den Heimsieg zu verpassen – das dürfte der Plan sein, das muss der Plan sein. Es wäre zugleich eine Art Eigentherapie, die Borussen könnten es sich selbst beweisen, dass es keine Angstgegner gibt. Zu denen gehört auch der FC Augsburg, zu dem die erste Dienstreise der Saison geht. In der Fuggerstadt gab es in der Bundesliga noch keinen Sieg.

Borussia kann zum Auftakt also einiges klarstellen. Es ist eine Saison, in der das ohnehin ein Hauptthema sein wird. Es wurde vieles auf null gestellt und neu sortiert. Borussia will eine neue Phase einleiten, will sich irgendwo auch von der Vergangenheit emanzipieren. Das neue System, das 4-3-3, soll wiederum das Symbol dafür sein, und auch dafür, dass Borussia wieder angreifen will.

Gäbe es für einen Neustart eine bessere Botschaft, als Scherben der Vergangenheit aufzukehren und zu entsorgen? Wohl kaum. Es wäre psychologisch sehr wertvoll. Zumal nicht nur Leverkusen, Schalke und Frankfurt kommen, sondern zugleich drei Teams, die etwas erreicht haben, was Borussia gern erreicht hätte: Leverkusen ist Europa-League-Teilnehmer, Schalke in der Champions League, und Frankfurt hat geholt, wovon nicht nur Manager Max Eberl in Gladbach geträumt hat: etwas „Blechernes“, den Pokal.

Es geht auch um Sehnsüchte. Die zu erfüllen, ist ein Ziel der neuen Saison. Natürlich ist Europa das Ziel der Borussen, und auch, im Pokal möglichst weit zu kommen – und möglichst weit ist zunächst mal Berlin, das Finale. Doch über all das wird niemand reden im Borussia-Park. Sondern nur über Leverkusen. Bayer und nichts als Bayer ist das Thema, man will wieder und mehr und fast ausschließlich von Spiel zu Spiel denken. Das ist ein Relikt aus der Vergangenheit, das wiederbelebt werden soll.

„Jedes Spiel hat seine eigene Geschichte“, sagte Christoph Kramer. Und die Geschichte der 34 Spiele soll eine große Erfolgsgeschichte der gesamten Saison ergeben. Daher wäre es wichtig, einiges klarzustellen in dieser Saison. Gleich zu Beginn ist die Gelegenheit günstig.

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