Borussias Rückkehrer Kramer "Die Pfiffe ärgern mich"

Christoph Kramer hat beim 1:1 gegen Augsburg sein Comeback nach siebenwöchiger Verletzungspause gefeiert. Nach der Partie sprach Kramer über den Punkt und die Pfiffe der Fans in der Schlussphase.

 Christoph Kramer dirigiert seine Mitspieler im Spiel gegen den FC Augsburg.

Christoph Kramer dirigiert seine Mitspieler im Spiel gegen den FC Augsburg.

Foto: Dirk Päffgen

Als Christoph Kramer am 16. März in der Halbzeit des Europa-League-Achtelfinal-Rückspiels gegen Schalke 04 ausgewechselt wurde, weil er sich am Knie verletzt hatte, war die Borussen-Welt noch eine andere — eine Welt voller Träume. 2:0 führte Gladbach im deutsch-deutschen Duell auf europäischer Ebene und es sah alles nach dem Einzug ins Viertelfinale aus, und es stand auch noch das Pokal-Halbfinale gegen Frankfurt an. Schalke aber glich noch aus zum 2:2 und kam weiter, tags darauf die traurige Diagnose für Kramer: Innenbandteilriss, lange Pause. 55 Tage dauerte diese im Endeffekt, so lange war Kramer vorher noch nicht verletzt in seiner Profi-Karriere.

Der Mittelfeldmann verpasste acht Spiele, unter anderem das Pokal-Halbfinale gegen Frankfurt, das Gladbach im Elfmeterschießen verlor. Kramer war unter Dieter Hecking der Stabilisator in der Zentrale geworden, den man sich in ihm erhofft hatte, er gehörte zur festen Achse des Trainers. Nun kehrte er als erster der fehlenden erfahrenen Spieler zurück, ob es Fabian Johnson, Thorgan Hazard oder Raffael bis Samstag in Wolfsburg schaffen, ist nicht sicher, wie Hecking am Samstag sagte. Ob es in dieser Spielzeit überhaupt noch was wird mit dem Trio, ebenfalls. Für Tony Jantschke (Muskelfaserriss), Oscar Wendt (Ellenbogenbruch) und Josip Drmic (Knie) ist die Saison wegen ihrer Verletzungen schon beendet.

Als Kramer gegen Augsburg kam, war Borussia außer sich. Kaum etwas ging zusammen, eigentlich nichts. Das blieb auch so — bis zur vierten Minute der Nachspielzeit. Der ebenfalls eingewechselte Ibrahima Traoré flankte und am langen Pfosten rutsche André Hahn, wie Traoré ein Ex-Augsburger, heran und schoss das 1:1. Rückkehrer Kramer sprach über das glückliche 1:1, das Verhalten der Fans und die Europa-Restchance.

Herr Kramer, ganz ehrlich, hätten Sie noch damit gerechnet, dass Borussia gegen den FC Augsburg nicht verliert?

Christoph Kramer Gerechnet habe ich damit nicht, aber schon noch ein bisschen daran geglaubt, dass es gehen kann, wie es dann gekommen ist — mit einer Flanke und am langen Pfosten grätscht der Hahn rein.

Was war das Problem?

Kramer In den ersten 25 Minuten haben wir ein gutes Spiel gemacht. Da wäre natürlich hilfreich gewesen, in Führung zu gehen. So sind aber die Augsburger in Führung gegangen und man hat schon gemerkt, dass wir nervös waren. Es wurde ja auch bei jedem Rückpass gepfiffen, alles war hektisch. So hatten wir keine klare Linie mehr und wir haben nichts mehr wirklich kreiert. Deswegen war das Spielfeld groß und wir sind in viele Konter gelaufen. Daher konnten wir froh sein, dass wir nicht noch den zweiten Gegentreffer bekommen haben und stattdessen noch den Ausgleich machen konnten.

Trainer Dieter Hecking hatte vorher gesagt, es geht jetzt nur noch um Resultate. Es ist ein 1:1 geworden. Wie wichtig ist dieser Punkt in der Gesamtkonstellation?

Kramer Noch ist er nicht wichtig, aber er kann noch sehr wichtig werden. Wir sollten jetzt nicht anfangen zu rechnen. Wir müssen in den letzten beiden Spielen die maximale Ausbeute holen, dann haben wir vielleicht noch eine Chance. Aber nach einem Spiel wie gegen Augsburg hört sich das blöd an. Wir hätten den Sieg in Mainz vergolden können, das haben wir nicht geschafft. Andererseits muss man sagen: Alles, was jetzt noch kommt, ist Bonus. Nach der Hinrunde hätten wir auch ganz wo anders stehen können, das tun wir nicht. Wir wollen jetzt noch das Bestmögliche holen und dann können wir auf die Tabelle schauen und sehen, wozu es gereicht hat.

Für Sie war es gegen Augsburg das Comeback nach siebenwöchiger Verletzungspause. Wie geht es Ihnen danach?

Kramer (grinst) Ich habe nach einer Minute gemerkt: Es fehlen noch so rund 92 Prozent. Aber Spaß beiseite. Was ich sagen will: Ich bin froh, wieder auf dem Platz zu stehen und es tut auch echt gut, wieder Fußball zu spielen. Die Verletzung ist verheilt, ich hatte zweimal trainiert, alles gut. Doch bei aller Euphorie merkt man auch, dass noch ein paar Körner fehlen.

Kommen bis nächsten Samstag, wenn das vorletzte Spiel in Wolfsburg ist, noch ein paar Körner dazu?

Kramer Das denke ich schon, aber wir müssen mal abwarten. Ich will mir jetzt auch keinen Druck machen. Laszlo Bénes und Mo Dahoud machen es gut vor der Abwehr.

Die Ultras waren leise und in der Schlussphase Pfiffe, bekommt man das auf dem Rasen mit?

Kramer Dass die Nordkurve leiser sein würde, war ja angekündigt. Eine richtige Meinung habe ich dazu nicht, ich kann es verstehen und auch wieder nicht. Aber das mit den Pfiffen ärgert mich etwas. Wir hatten nicht unsere Ü28-Spieler wie Raffael oder Fabian Johnson auf dem Rasen, sondern so eine junge Mannschaft. Es waren es vier Mann, die unter 21 sind und die lassen sich schon von sowas leiten. Dann sollen die Leute einfach ruhig sein, sich eine Bratwurst holen, oder irgendwas machen, aber halt nicht pfeifen. Es hilft keinem weiter. Das ist sicher nicht das ganze Stadion, das sind nur ein paar Fans. Es ist eine Randnotiz, darum finde ich das nicht angebracht.

Hat das auch etwas mit veränderten Erwartungshaltungen zu tun?

Kramer Natürlich. Alle haben auf die Tabelle geschaut und gesehen, dass wir mit einem Sieg nochmal heranrücken konnten. Ich kann das verstehen, aber es bringt eben nichts, wenn gepfiffen wird.

(kk)
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