Gladbachs Sieg gegen Bayern Borussia genießt die „schöne Momentaufnahme“

München · Borussia gewinnt in München ebenso überraschend wie verdient mit 3:0. Die Taktik von Trainer Hecking greift. Und das Team überzeugt vor allem mit Zusammenhalt.

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Die Bayern-Profis auf dem Oktoberfest

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Foto: dpa/Matthias Balk

Es ist ein schönes und viel strapaziertes Wort: „Momentaufnahme“. Die Spieler von Borussia Mönchengladbach sagten es nach dem 3:0 beim FC Bayern immer wieder, wenn sie nach den Auswirkungen dieses ebenso überraschenden wie verdienten Erfolgs beim Dauermeister der vergangenen Jahre gefragt wurden. Und für fast jeden war es eine „schöne Momentaufnahme“. Emotional, aber auch tabellarisch, mit ihren 14 Punkten aus sieben Spielen gehören die Borussen zur Spitzengruppe.

Es gab Spieler, die in München herausragten. Alassane Plea zum Beispiel, der Stürmer, der erneut demonstrierte, wie sogenannte „Tore aus dem Nichts“ erzielt werden. Er brachte seine Mannschaft früh in Führung. Oder Lars Stindl, der nach 162 Tagen Verletzungspause wegen sein Comeback feierte als Überraschungselement, und gleich ein typisches Stindl-Tor schoss. Es war das ebenfalls sehr frühzeitige 2:0. Damit hatten die Gladbacher die Bayern genau da, wo sie den Gegner haben wollten. Denn die Treffer der Gäste hinterließen erkennbar Wirkung. Das dritte Tor erzielte der Ur-Borusse Patrick Herrmann, der das Privileg hat, bei drei von vier Gladbacher Siegen bei den Bayern mitgespielt zu haben. Yann Sommer, der starke Torhüter, erlebte zwei Erfolge in der Allianz-Arena im Stadtteil Fröttmaning – und blieb zum zweiten Mal als Borusse in München ohne Gegentor.

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Foto: Dirk Päffgen

Jenseits dieser individuellen Besonderheiten war es vor allem eine großartige Teamleistung, die den vierten Gladbach-Erfolg bei den Bayern seit 1965 möglich machte. „Wir haben heute wahnsinnig gut verteidigt, uns zwar einem Dauerdruck ausgesetzt gesehen, aber keine großen Torchancen zugelassen. In unserem Umschaltspiel wollten wir die Bayern erwischen, wenn uns die Räume gegeben werden. Das ist wunderbar aufgegangen“, resümierte Dieter Hecking.

Die taktischen Ideen des Trainers waren der Schlüssel zum Erfolg. Zum einen setzte er auch in München auf das zuvor bewährte, doch recht offensive 4-3-3-System mit zwei Achtern und insgesamt fünf Offensiven. Damit suggerierte er den Seinen, dass sie ruhig mutig sein dürfen, die Botschaft kam an. Angriff war das Mittel zur Verteidigung. Zum anderen ging die Idee auf, Alassane Plea nach links zu verschieben, wie er es beim Testspiel gegen Bochum (2:1) einen Monat schon getan hatte, und Stindl ins Zentrum des Angriffs zu platzieren, damit dieser Räume freischlagen konnte.

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Foto: dpa/Matthias Balk

Der Westfale Hecking, der 2006 schon mal mit Hannover bei den Bayern gesiegt hatte (1:0), blieb im Erfolg gewohnt gelassen. Und das wird er auch seinen Spielern angeraten haben. Weswegen diese von der „schönen Momentaufnahme“ sprachen. Sie wissen, dass der erste Gegner nach der Länderspielpause, Mainz 05, höchst unangenehm ist, und auch da vollste Konzentration nötig sein wird. Doch die Borussen wirken mental sehr stabil in dieser Saison, und auch physisch sind sie robuster. Das neue System ist laufintensiv, das nehmen die Spieler an – mit viel Spielfreude. Die Art und Weise, wie nach den Balleroberungen in München nach vorn gespielt wurde, zeigte die neue Zielstrebigkeit, die Hecking seinem Team beigebracht hat. Nur Tabellenführer Borussia Dortmund (2,83 Schüsse pro Tor) hat eine höhere Effektivität als die Gladbacher (3,87).

Der 54-Jährige hat Borussia neu formatiert. Er wollte die Selbstgefälligkeit, die das Team zuweilen an den Tag legte, nicht mehr sehen. Das hat er klar gemacht. Und hat einen Ansatz gewählt, in dem die Stärken des Kaders besser zur Entfaltung kommen und der das Versprechen einlöst, dass Borussias Spiel wieder Spaß machen soll. Dass Mittelstürmer Plea derart einschlägt, ist hilfreich, seine Tore und seine Präsenz helfen der Mannschaft ungemein. Dass Stindl bisher nur 66 Minuten gespielt hat und Raffael, der „Maestro“, seit Wochen fehlt, ohne dass es mediales Wehklagen gibt, belegt, dass sich Borussia entwickelt hat. Hecking hat so viel Konkurrenzkampf wie nie zuvor, seit er Anfang 2017 den Job angetreten hat, und er nutzt das weidlich aus.

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Foto: dpa/Swen Pförtner

Derzeit gibt es nur zwei Verletzte, die Umbaumaßnahmen im „Team hinter dem Team“ zahlen sich somit auch aus. „Es wurden im Sommer die richtigen Stellschrauben gedreht“, sagte der in München erneut sehr starke Abwehrchef Matthias Ginter im Interview mit unserer Redaktion. Der Sieg bei den Bayern zeigt: Borussia arbeitet daran, dass große Erfolge in dieser Saison nicht nur Momentaufnahmen sind. Belohnt haben sich die Borussen mit drei Punkten – und einige Spieler am Sonntag zudem mit einem Besuch auf der Münchner Wiesn.

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