Borussia Mönchengladbach Vogts: Platz vier, wenn es optimal läuft

Mönchengladbach · Borussias Rekord-Bundesligaspieler Berti Vogts erzählt im Interview, was er von den neuen Spielern hält und was er jetzt von den bewährten Kräften erwartet. Er ist gespannt auf Trainer Lucien Favres neue Ideen. Und er verrät, warum er eine dicke Prämie für den DFB-Pokal aussetzen würde.

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Foto: dpa, rwe nic

Herr Vogts, Sie und Rainer Bonhof standen 1974 im WM-Finale von München auf dem Rasen: Erst 40 Jahre später war Christoph Kramer der nächste Borusse, der in einem Endspiel in der Startelf steht. Was sagen Sie zu der Geschichte Kramers?

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Vogts Christoph Kramer hat sich seine WM mit einer starken Saison bei Borussia verdient. Es ist ein Glücksgriff für Gladbach, er ist eine wichtige Bereicherung für das Spiel. Spieler wie er sind sehr wichtig für ein Team — auch wenn sie manchmal gar nicht auffallen. Ich erinnere mich an Roman Neustädter. Erst als er zu Schalke gewechselt war, merkte man bei Borussia, wie viel Ordnung er gestiftet hat. Wir hatten damals in unserer Meisterelf Hacki Wimmer, der sich die Lunge aus dem Leib gerannt und Günter Netzer den Rücken freigehalten hat. Kramer ist auch so ein Spieler: immer unterwegs, immer anspielbar, immer eine Hilfe für das Team. Dass Joachim Löw ihm den Auftrag im Endspiel anvertraut hat, Sami Khedira zu ersetzen, sagt ja alles. Kramer hat seine Sache gut gemacht, und er wird mit den Erfahrungen, die er in Brasilien gemacht hat, in Gladbach noch stärker werden.

Was erwarten Sie in der kommenden Saison von Kramer und den anderen Borussen?

Das ist Berti Vogts
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Vogts Ich glaube, dass die Borussen eine gute Saison spielen werden — und mit etwas Glück sogar Platz vier erreichen können. Die Mannschaft ist gereift und hat ein Jahr mehr Erfahrung, das wird sich bemerkbar machen. Außerdem wurde die Mannschaft bisher gut verstärkt.

Fabian Johnson haben Sie ja bei der WM hautnah erlebt: Sie waren Berater des US-Teams.

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Vogts Richtig. Zur Verpflichtung von Fabian kann man den Borussen nur gratulieren. Er ist stark in der Vorwärtsbewegung, hat Mut und Power. Er hat mir bei der WM sehr gut gefallen. Aber man muss wissen,
dass er ein echter Wettkampfspieler ist. Im Training ist er manchmal ein bisschen bequem. Das muss er ändern.

Was halten Sie von André Hahn, Ibrahima Traoré und Thorgan Hazard?

Vogts André Hahn habe ich das eine oder andere Mal im Fernsehen gesehen. Ich habe ihn sehr positiv wahrgenommen. Er ist schnell und ein Kämpfer, das gefällt mir. Traore kann ein guter Nachfolger von Juan
Arango sein. Hazard ist ein junger Belgier, auf den ich gespannt bin. Belgiens Fußball hat in den vergangenen
Jahren ja einige gute Talente hervorgebracht.

Und Yann Sommer, der neue Torwart aus der Schweiz?

Vogts Ich habe zuletzt mit Wolfgang Rolf über ihn gesprochen. Er sagt, dass Sommer ein guter Torwart ist. Er hat in Basel und in der Champions League schon klasse Spiele gemacht. Wichtig ist, dass er nicht ständig mit Marc-André ter Stegen verglichen wird. Er ist er — und das müssen ihm die Fans zugestehen. Ich denke, wir haben wieder einen richtig guten Torwart in Gladbach.

Vor der vergangenen Saison haben Sie gesagt, dass Sie von Raffael viel erwarten. Sind Sie mit ihm zufrieden?

Vogts Er hat mit 15 Toren die beste Quote bei Borussia. Aber ich hatte mir noch ein bisschen mehr erwartet. Er muss dem Spiel noch mehr den Stempel aufdrücken. Aber zusammen mit Max Kruse bildet er ein starkes Angriffsduo, das mit den neuen Spielern von außen jetzt noch mehr Unterstützung bekommt. Kruse und Raffael sind schwer berechenbar für die Abwehrspieler und können immer ein Spiel entscheiden.

Abwehrchef Martin Stranzl hat ein ahr verlängert. Wie wichtig ist das?

Vogts Er ist ein sehr wichtiger Spieler für die Mannschaft. Er ist auch für die Gegner eine Respektsperson, er ordnet die Defensive und ist hart im Zweikampf. Er ist der ruhende Pol im Team und kann die vielen jungen Spieler führen.

Bei der WM war der Fußball weniger taktisch, sondern sehr schnell und tororientiert. Wird sich das im Borussen-
Spiel niederschlagen?

Vogts Man sollte nicht nach jeder WM erwarten, dass der Fußball plötzlich ganz anders ist. Lucien Favre wird seinen Plan für die Saison haben. Er hat ein System, das funktioniert hat, das wird er nicht grundsätzlich ändern. Aber er hat jetzt mehr Variationsmöglichkeiten. Entscheidend ist am Ende nicht das System, sondern, dass das Team funktioniert. Jeder Spieler muss die für ihn beste Position spielen. Das hat Favre bisher immer gut hingekriegt. Er hat einen großen Anteil an Borussias Aufschwung der vergangenen Jahre, er hat eine Art des
Spiels entworfen, die zu Borussia Zweikampf mit Kevin Keegan (Liverpool). passt. Das gefällt mir — sein Team
hat eine klare Handschrift. Die Spieler wissen darum, was sie zu tun haben und worauf es ankommt. Jetzt
hat Favre in der Breite einen besseren Kader zusammen, da kann er das Spiel der Mannschaft variabler machen. Ich bin sehr gespannt auf seine Idee. Ich kann Borussia immer wieder nur gratulieren zu diesem Trainer.

Sie trauen Borussia Platz vier zu. Könnten derart hohe Erwartungen zu viel Druck auf das Team erzeugen?

Vogts Ganz ehrlich? Ich kann das Wort Druck nicht mehr hören, egal an welcher Stelle. Fußballer spielen aus Freude an ihrem Sport, sie müssen es genießen und daraus Kraft ziehen. Druck hat der Klub, denn er muss mit dem Ergebnis einer Saison leben, finanziell und sportlich. Nein, die Spieler haben keinen Druck, und ich glaube, Borussia ist gut genug, mindestens das Ergebnis der letzten Saison zu bestätigen und unter Umständen auch mehr zu erreichen. Ich halte, wenn alles optimal läuft, Platz vier für möglich. Das sollte man den Spielern auch sagen. Platz vier kann ja das Ziel sein, und wenn es dann der fünfte oder sechste Rang wird, ist das gut. Vor allem sollten die Borussen versuchen, im DFB-Pokal mehr zu schaffen. Ich würde als Verein eine dicke Prämie auf den Pokalsieg aussetzen. Berlin muss das Ziel sein — und die Gruppenphase der Europa League.

Die Doppelbelastung oder dann Dreifachbelastung wird kein Problem?

Vogts Erst mal ist jedes Spiel in Europa eine wichtige Erfahrung für die Spieler. Und es sollte kein Problem sein und darf nicht als Entschuldigung herhalten. Das Team ist auch in der Breite gut aufgestellt und kann damit umgehen. Vor zwei Jahren war es doch auch okay: Achter in der Liga, das Halbfinale im DFB-Pokal und die Zwischenrunde in der Europa-League. Ich glaube, dieses Mal ist sogar mehr drin.

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