Erst Neuhaus, dann Plea Zwei Borussia-Pässe der Marke Königsklasse
Mönchengladbach · Florian Neuhaus tat es in Mailand, Alassane Plea nun gegen Madrid – beide bereiteten mit großartigen Zuspielen Tore von Borussia in der Champions League vor. Eine Würdigung.
Letztlich ist es eine Frage des Geschmacks. War der wundervolle Pass, den Florian Neuhaus beim 2:2 der Borussen bei Inter Mailand auf Jonas Hofmann spielte, bevor dieser das 2:1-Führungstor schoss, der schönere? Oder hat Alassane Plea dem Kollegen mit seiner Torvorlage für Marcus Thuram beim 2:2 gegen Real Madrid den Spitzenplatz in der Kategorie „Schönster Pass der Saison“ abspenstig gemacht?
Klar ist: Beides waren Zuspiele der Marke Königsklasse, würdig, im Rahmen von Spielen auf höchsten europäischem Niveau stattzufinden. Und beide wurden zum Glück gekrönt, weil die Adressaten cool blieben und den Ball im Tor unterbrachten. Denn ohne Tore sind auch herrliche Pässe eigentlich nur die Hälfte wert, sie entfalten ihre volle Schönheit und Größe nur, wenn sie zum Erfolg führen. Das ist das Los derer, die diese Pässe spielen.
Neuhaus hat es im ehrwürdigen San Siro getan. Sechs Inter-Spieler „packte“ er bei seinem 30-Meter-Kunstwerk weg, Hofmann durfte hernach allein aufs Tor zulaufen. Bei Plea waren es gegen Real „nur“ zwei Madrilenen, doch hatte er zuvor schon den entscheidenden Move gemacht – vorbei an Sergio Ramos nämlich, und dies, bemerkeswert bei der Historie des spanischen Haudegens, unbeschadet.
Dann schaute Plea kurz und spielte in einer fließenden Bewegung den Ball diagonal durch den Strafraum des spanischen Meisters, zunächst durch die Beine von Raphael Varane und schließlich Millimeter zu lang für den herangrätschenden Lucas Vazquez hinüber zu Thuram, der aus vollem Lauf mit links das Gesamtkunstwerk vollendete.
Das war wirklich hohe Passkunst, die Plea, der zuletzt ein wenig phlegmatisch gewirkt hatte, da vorführte. Ebenso wie es zuvor in Mailand Neuhaus tat. In beiden Fällen war es ein Umschaltspiel vom Feinsten. Sechs Sekunden dauerte es, nachdem der Ball Neuhaus’ Fuß verlassen hatte, bis er im Netz landete, nach Pleas Pass war es nur fünf. Dass es jeweils zuvor gar nicht nach ganz großer Gefahr ausschaute, sei ebenfalls erwähnt. Doch als die Räume sich boten, ging es ratzfatz.
Genau das ist der Geist der Fohlenelf der großen 70er, in der es zumeist Günter Netzer war, der mit seinen perfekten Pässen aus der Tiefe des Raumes die Defensivreihen der Gegner zerschnitt. Die Zuspiele von Neuhaus und Plea dürften dem einstigen „King vom Bökelberg“, der später ja selbst auch für Real spielte, gefallen. Solche Aktionen zeugen natürlich von Können, Mut und einem Gespür für die Situation.
Neuhaus’ Pass wurde medial und in den sozialen Netzwerken frenetisch gefeiert. Einen „unfassbaren Monsterpass“ hatte das „Fums Magazin“ beispielsweise gesehen. Pleas Tat sorgte für weniger Wirbel. Doch im statistischen Werteschema liegen beide Aktionen gleichauf: toller Pass, tolles Tor, tolles Gesamtkunstwerk. Beide Pässe sind es wert, immer wieder betrachtet, bestaunt und bewundert zu werden. „Das sieht aus wie Champions League“, würde Marco Rose sagen.