Borussia Mönchengladbach Borussia hält den Ball flach

Belek · Sportchef Max Eberl betont im Trainingslager in der Türkei, dass die Mönchengladbacher die Politik der kleinen Schritte fortsetzen. Er wehrt sich gegen "populistische Euphorie".

Borussias Winter-Trainingslager in Belek: Tag 3
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Borussias Winter-Trainingslager in Belek: Tag 3

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Foto: Dirk Päffgen

Mit der Wahrnehmung in Belek ist das so eine Sache. Wer morgens die Vorhänge zurückzieht, dem suggerieren strahlender Sonnenschein und der Blick aufs Meer, dem useligen rheinischen Winter in die Wärme der türkischen Riviera entflohen zu sein. Wer jedoch vor die Tür tritt, stellt angesichts von Temperaturen im niedrigen einstelligen Bereich und eines kühlen Windes fest, dass Belek noch längst nicht so sommerlich daherkommt, wie man meint. So ähnlich ist es auch mit der Wahrnehmung von Borussia Mönchengladbach, das in diesen Tagen in der Türkei sein Wintertrainingslager bezogen hat. Während Umfeld, Öffentlichkeit und Konkurrenten die Möglichkeiten der Fohlen ob der guten Entwicklung der vergangenen Jahre in die Höhe stilisieren, halten die Gladbacher Verantwortlichen Anfang 2015 weiterhin mit fast schon trotzigem Realismus dagegen. Noch geht das gut.

"Die öffentliche Wahrnehmung von Borussia ist heute sicherlich grundlegend anders als noch vor drei, vier Jahren. Damit müssen wir umgehen", sagt Sportdirektor Max Eberl. Es ist eine Entwicklung, die die Borussen kontinuierlich auf breiter Front nach vorne gebracht hat. Nach zwei Europapokal-Teilnahmen in den vergangenen drei Jahren gilt der Klub inzwischen landauf, landab als üblicher Verdächtiger für eine Platzierung unter den Top sechs. Hinzu kommt eine finanzielle Ausstattung, die von vielen Konkurrenten längst neidisch zur Kenntnis genommen wird. Wo an anderen Bundesligastandorten Anleihen aufgenommen werden und Schulden abgebaut werden müssen, können sie in Gladbach nach eigener Aussage jeden erwirtschafteten Euro in den sportlichen Betrieb stecken. Borussia gilt nach nach den Bayern, Dortmund und den beiden Werksklubs Leverkusen und Wolfsburg als finanziell gesündester Bundesligist. Knapp 120 Millionen Euro Jahresumsatz 2014 lassen aufhorchen, die Stadionauslastung ist nah an der Kapazitätsgrenze angekommen, und in der Fernsehgeldtabelle, die sich am sportlichen Erfolg bemisst, rangiert man inzwischen ebenfalls im oberen Drittel.

@sploveday Max Kruse King of Pranks https://t.co/KhEHXk4IIc"

— Will (@WillLoveday) January 11, 2015Das alles weckt Erwartungen. Den Ruf nach mehr, nach dem Angriff auf die Champions-League-Plätze. Von außen wird Borussia inzwischen mehr zugetraut, als man intern für gesund hält. "Ich halte nichts von populistischer Euphorie, dafür ist die Bundesliga zu eng", sagt Eberl. "Wir werden den Blick für die Realität nicht verlieren und unseren Weg konsequent weitergehen." Dass ihm mancher diese Haltung als Kleinmachen, als Understatement auslegt, damit kann er leben. "Dass ich einer bin, der immer sehr realistisch ist, diesen Ruf habe ich mir in den vergangenen Jahren erworben. Für mich ist es aber der richtige Weg", sagt er. In diesem Punkt geht er mit Trainer Lucien Favre hundertprozentig im Gleichschritt. Die Aversion gegen das Abheben verbindet beide innig.

In Belek wollen sie nun die Grundlage dafür legen, dass Borussia auch 2015/2016 international dabei ist. 27 + x Punkte müssten dafür der Erfahrung nach in der Rückrunde wohl her. Parallel wird am Kader der Zukunft gebastelt. Für die Zeit nach Christoph Kramers Weggang im Sommer. Sie sondieren den Markt längst, aber das "Kaufhaus des Westens" vergangener Jahre will Eberl nicht neu eröffnen. "Hohe zweistellige Millionenbeträge sind für uns einfach unrealistisch und werden es in naher Zukunft erst mal bleiben", sagt er. Es ist ein Satz, der ins Programm passt.

(RP)
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