Hingucker des 23. Bundesliga-Spieltags Versaute Party und ein schlechtes Logen-Programm

Düsseldorf · Ein Trainer, der sich in der Loge verstecken muss, ein prominenter Bankdrücker und eine Geburtstagsparty, die überragend anfängt und mit einem üblen Kater endet. Das waren die Hingucker des 23. Bundesliga-Spieltags.

Roger Schmidt beobachtet Bayer-Spiel von der Tribüne, Markus Krösche steht  an der Seite
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Schmidt sieht Bayer-Spiel von der Tribüne

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Foto: dpa, fve htf

Der Hamburger Josip Drmic erzielte das zwischenzeitliche 1:0 gegen den FC Ingolstadt mit seinem 100. Torschuss in der Bundesliga. Es war sein insgesamt 25. Bundesliga-Tor. Zudem ist der Schweizer einer von drei Bundesliga-Spielern in der Historie, der in drei Saisons für vier verschiedene Bundesligavereine traf.

Für die Leihgabe von Borussia Mönchengladbach war es der zweite Saisontreffer. Im November hatte er beim Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim zuletzt getroffen, damals noch im Gladbach-Trikot. Damit hat Drmic nach nur 345 Minuten für den HSV genau so häufig getroffen wie für die Borussia.

Sein 26. Geburtstag hatte so schön angefangen für den Hoffenheimer: Sebastian Rudy erzielte in der 26. Minute (ausgerechnet!) das 1:0 für die Kraichgauer im Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund. Doch danach geriet die Party gehörig aus den Fugen. In der 2. Halbzeit kassierte Rudy nach einem Foul an Pierre-Emerick Aubameyang die Rote Karte. Der BVB nutzte die personelle Überzahl und drehte das 0:1 noch in ein 3:1.

"Ich hätte nicht gedacht, dass es Rot ist. Ich wollte den Ball spielen und in dem Moment spitzt Aubameyang den Ball weg und ich komme zu spät von hinten. Der Schiedsrichter greift erst an die Brusttasche. Ich weiß nicht, wieso er dann die Rote Karte gegeben hat", sagte Rudy. "Klar war es ein taktisches Foul, aber ich wollte nicht den Mann erwischen, sondern zum Ball gehen. Meiner Meinung nach war das keine Rote Karte, aber man muss die Entscheidung vom Schiedsrichter akzeptieren."

Der Retter des Tages ließ diesmal andere sprechen. Nach seinem Kopfballtreffer in der 89. Minute war Claudio Pizarro ganz schnell in den Katakomben des Weserstadions verschwunden. Dabei hatte der Peruaner mit seinem 183. Bundesligator zum 2:2 (1:1) von Werder Bremen gegen Darmstadt 98 gerade noch den Super-GAU einer weiteren Heimniederlage verhindert.

Und seinem einstigen Bremer Mitspieler Viktor Skripnik die Chance erhalten, den Bundesliga-16. doch noch selbst als Chefcoach aus der Abstiegszone zu führen. Mit 37 Jahren ist der Südamerikaner naturgemäß nicht mehr dauerpräsent im gegnerischen Strafraum, aber dank seiner Routine immer noch für das eine oder andere Tor gut. Weniger erfolgreich war Pizarro zu Saisonbeginn mit seinen sportlichen Prognosen geblieben. Nach solidem Start der Hanseaten hatte er sogar über einen internationalen Wettbewerb für die Norddeutschen fabuliert. Vielleicht zog der Torjäger es deshalb vor, diesmal zu schweigen...

Große Akzente konnte Patrick Herrmann noch nicht setzen. Doch der 25-Jährige war erst einmal glücklich, überhaupt wieder dabei zu sein. "Das ist ein echt geiles Gefühl, nach einer so langen Pause der Mannschaft wieder helfen zu können", sagte der Gladbacher Offensivspieler nach dem 2:2 beim FC Augsburg.

Herrmann hatte sich vor fünf Monaten das Kreuzband im Knie gerissen und beim 2:0 gegen Wolfsburg am 3. Oktober 2015 zum letzten Mal auf dem Platz gestanden. In Augsburg wurde er von Trainer André Schubert in der 68. Minute für Ibrahima Traoré eingewechselt.

Die Verletzung habe er bei seinem Einsatz "nicht im Kopf gehabt. Es fühlt sich wie vorher an", sagte er. Und im Spiel "vergisst man das sowieso". Er hoffe nun, ergänzte der zweimalige Nationalspieler, "dass ich weiter Minuten sammeln kann und es immer besser wird".

Erreicht ein Basketballspieler zweistellige Werte in zwei wichtigen Kategorien — zum Beispiel bei den Punkten und den Rebounds — spricht man von einem "Double-Double". Auf die komplette Saison gesehen, ist Gladbachs Raffael nun dieses Kunststück in der Fußball-Bundesliga gelungen. Bei zehn Toren und zehn Assists steht der Brasilianer nach dem 23. Spieltag, das kann kein Henrich Mchitarjan von sich behaupten, nicht einmal ein Thomas Müller.

Mit seinem insgesamt 37. Bundesligator für die Borussia schloss Raffael außerdem zu Karl-Heinz-Pflipsen auf und ließ ein Trio um Marco Reus, Lothar Matthäus und Ewald Lienen hinter sich. Nur 18 Borussen trafen in der Historie öfter für den fünfmaligen Meister, darunter nur drei ausländische Spieler.

Die 1:3-Niederlage von Bayer Leverkusen verfolgte Roger Schmidt aus einer Loge des Mainzer Stadions. Dem 48-Jährigen war es neben einem Innenraumverbot auch untersagt, 30 Minuten vor und nach der Partie Kontakt zu seinen Spielern aufzunehmen. Es braucht wenig Vorstellungsvermögen, um zu erahnen, dass er von der fürchterlichen Leistung, die sein Team vor allem in der ersten Hälfte bot, alles anderes als begeistert gewesen sein dürfte.

Schmidt war vom DFB für drei Spiele plus zwei auf Bewährung gesperrt worden, weil er sich beim 0:1 gegen Dortmund der Anweisung von Schiedsrichter Felix Zwayer widersetzt hatte, der ihn auf die Tribüne geschickt hatte.

Zwei Treffer erzielte Lewandowski beim 2:0 seines FC Bayern in Wolfsburg, aber nur einer wurde gewertet. Ein ebenfalls reguläres Tor des Polen erkannte der Referee wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung neun Minuten nach Wiederanpfiff zu Unrecht ab. So oder so: Mit inzwischen 23 Saisontoren wandelt Lewandowski fast schon auf den Spuren von Gerd Müller. "Das war ein großer, großer Spieler", meinte Lewandowski über Müller, dem Vorzeigestürmer von einst. Am Sonntag verkürzte Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang (22 Tore) in der Torjägerliste den Rückstand durch seinen späten Treffer beim 3:1 gegen Hoffenheim wieder.

Nach fünf Pleiten zum Rückrundenstart gab es für Thomas Schaaf erstmals als Trainer von Hannover 96 einen Sieg zu bejubeln. Mit einem Doppelpack sicherte Kapitän und Defensivakteur Christian Schulz den Niedersachsen einen glücklichen 2:1-Erfolg in Stuttgart. "Es war erst mal wichtig, überhaupt Punkte zu sammeln", erkannte Schaaf, dessen Mannschaft trotzdem weiter auf dem letzten Tabellenplatz steht. Matchwinner Schulz jubilierte beim Bezahl-Fernsehsender "Sky" dennoch: "Dieser Sieg tut allen gut. Wir leben noch!"

Er ist wieder gesund, trainiert gut und ist fit — aber Mario Götze schmorte gegen den VfL Wolfsburg dennoch 90 Minuten auf der Bank. Nicht einmal ein paar Minuten Spielpraxis gönnte ihm Bayern-Trainer Pep Guardiola beim 2:0 (0:0)-Auswärtssieg der Münchner in der Autostadt. Die harte Begründung von Sportdirektor Matthias Sammer lautete: "Es ist keine Zeit für Experimente."

Sammer betonte, andere Offensivspieler wie der eingewechselte Franck Ribery, der an beiden Toren gegen Wolfsburg beteiligt war, hätten "einen besseren Rhythmus" als Götze, der monatelang wegen einer komplizierten Muskelverletzung ausgefallen war. Dabei hatte Guardiola dem Siegtorschützen des WM-Finale vor dem Spiel noch Hoffnungen auf einen Einsatz gemacht. Götze werde "vielleicht 15, vielleicht 90 Minuten" spielen, hatte der Spanier gesagt.

Doch Götzes Comeback auf dem Rasen lässt weiter auf sich warten. Schon gegen den SV Darmstadt und im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Juventus Turin hatte er als Bankdrücker keine Einsatzzeiten bekommen. Götze spielte letztmals am 4. Oktober 2015 (5:1 gegen Borussia Dortmund) für die Bayern. "Er wird seine Spielminuten bekommen — aber berechenbar", sagte Sammer. Stunk wegen der Reservistenrolle erwartet er nicht: "Wir brauchen die individuelle Qualität von allen, aber das Team steht über allem."

Aufreizend lässig trat Sandro Wagner zum Elfmeter an. Die Pfiffe ignorierte der ehemalige Bremer Fußballprofi, ließ Werder-Keeper Felix Wiedwald ins linke Eck hechten — und schob den Ball ganz cool in die Mitte zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich des SV Darmstadt 98 ein. Es war bereits Wagners dritter Treffer gegen seinen ehemaligen Verein in der laufenden Bundesliga-Saison. Noch vor vier Jahren war er bei Werder nicht mehr erwünscht und aussortiert. "Es war schon Druck da", sagte der Stürmer nach dem 2:2 der Hessen in Bremen. "Ich habe früher an dieser Stelle schon mal einen Elfmeter gemacht, von daher war es eine komische Situation".

Dieses Mal buhten die Werder-Fans Wagner aus, der selbst gefoult worden war. "Klar, dass die sich aufregen", sagte der 28-Jährige und zeigte Verständnis für den Fanblock: "Wenn ich da drin wäre, würde ich mich auch aufregen. Das gehört dazu. Ich würde auch nicht jubeln, wenn der Gegner einen Elfmeter bekommt." Wagner, der in 48 Spielen für Werder — darunter 18 Drittliga-Partien für die 2. Mannschaft — insgesamt zwölf Treffer erzielte, zeigte keine Genugtuung. "Das ist schon lange her, nur die eine Szene erinnert mich daran", sagte er. Und schob später das Vereins-Motto hinterher: "Wir sind Darmstadt 98, wir legen Demut an den Tag."

(can)
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