Hütter ist der dritte Fall Wenn Borussias Trainer an der Seitenlinie fehlt

Adi Hütter muss am Samstag gegen Hertha BSC aus der Corona-Quarantäne coachen. In Frankfurt wurde er einmal erfolgreich vertreten. Zwei seiner Vorgänger bei Borussia verpassten auch schon ein Spiel, allerdings aus völlig anderen Gründen und im Fall von Hennes Weisweiler sogar freiwillig.

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Im März 2019 war es ein Tritt gegen eine Wasserflasche, der dafür sorgte, dass Adi Hütter nicht auf der Trainerbank Platz nehmen durfte. Nach dem Aufreger im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League gegen Inter Mailand und seiner Verbannung auf die Tribüne wurde Hütter fürs Rückspiel gesperrt. In San Siro durfte er zwar nicht den Innenraum betreten, aber immerhin das Stadion. Dafür war ab anderthalb Stunden vor dem Anpfiff keine Kommunikation mit seinen Co-Trainern und der Mannschaft erlaubt. Frankfurt kam durch das 1:0 eine Runde weiter und nach dem Spiel durfte Hütter auf den Rasen und mit den Fans feiern.

Drei Jahre später kann der Österreicher, nun bei Borussia Mönchengladbach in der Verantwortung, erneut nicht an der Seitenlinie stehen. Diesmal stoppt ihn eine Covid-19-Infektion, am Mittwoch teilte der Verein mit, dass der PCR-Test positiv ausgefallen sei. Bereits am Dienstag hatte Hütter nach einem unklaren Schnelltest-Ergebnis gefehlt. Wie einst in Mailand wird sein Co-Trainer und langjähriger Vertrauter Christian Peintinger einspringen, wenn am Samstag Hertha BSC zum wichtigen Abstiegskampfduell in den Borussia-Park kommt. Am Dienstag hatte Peintinger bereits das Training geleitet, in Armin Reutershahn ist ein weiterer erfahrener Assistent da. Dagegen hat es Frank Geideck ebenfalls erwischt, er befindet sich wie Hütter in häuslicher Isolation.

Auch bei Borussia wird es nicht das erste Mal sein, dass der Cheftrainer bei einem Pflichtspiel nicht an der Seitenlinie stehen kann. Es ist noch gar nicht lange her, da verpasste Marco Rose im September 2020 das Erstrundenspiel seiner Mannschaft im DFB-Pokal. Gegen den FC Oberneuland – das Spiel fand aufgrund der Corona-Pandemie im Borussia-Park statt beim Amateurklub statt – hatte Rose Innenraumverbot, da er im Vorjahr beim Pokal-Aus der Gladbacher in Dortmund (1:2) von Schiedsrichter Benjamin Cortus wegen zu heftigen Reklamierens die Rote Karte gesehen hatte. Stattdessen coachte Co-Trainer Alexander Zickler die Borussen bei deren ungefährdetem 8:0-Erfolg.

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Foto: dpa/Marius Becker

Ein torreiches Spiel verpasste auch Hennes Weisweiler am letzten Bundesligaspieltag der Saison 1968/69. Während seine Mannschaft mit Co-Trainer Rudi Schlott bei Werder Bremen eine 5:6-Niederlage kassierte, beobachtete Weisweiler gemeinsam mit Manager Helmut Grashoff in Köln das „Abstiegsendspiel“ zwischen dem 1. FC Köln und dem 1. FC Nürnberg. Die Gladbacher hatten sich dazu entschieden, den Abwehrchef des Verlierers, der damit als Absteiger feststand, für die kommende Saison zu verpflichten. Nürnberg verlor 0:3, sodass Weisweiler und Grashoff Luggi Müller noch auf dem Stadion-Parkplatz zu einem Wechsel nach Gladbach überredeten – Müller unterzeichnete auf Grashoffs Motorhaube den Vertrag. Der freiwillige Verzicht Weisweilers auf das eigene Spiel hatte sich ausgezahlt. Müller half maßgeblich, in der ersten Meistersaison 1969/70 die Fohlen-Defensive zu stabilisieren.

Ansonsten mussten Borussias Profis nur auf ihren Cheftrainer verzichten, wenn dieser während einer Partie auf die Tribüne geschickt wurde. Lucien Favre passierte dies im November 2012, als er in der Schlussphase bei einem 1:1 gegen den SC Freiburg in Richtung des Schiedsrichter-Assistenten seine Finger zu einer imaginären Brille formte – der sonst so besonnene Schweizer war mit einer Eckball-Entscheidung nicht einverstanden gewesen und wurde nach seinem Protest von Schiedsrichter Wolfgang Stark aus dem Innenraum verwiesen. Mancher Borussia-Fan mag sich auch noch daran erinnern, wie Jürgen Gelsdorf am Bökelberg hinter den Zaun der Haupttribüne musste. Von dort sah der Coach im September 1992, wie seine Mannschaft in einem packenden Spiel aus einem 1:3 gegen Topteam Frankfurt noch ein 3:3 machte.

Die Corona-Pandemie hat schon das Improvisationstalent einiger Trainer erfordert. Julian Nagelsmann verfolgte am Küchentisch, wie sein FC Bayern in Gladbach 0:5 verlor. Jesse Marsch wurde bei RB Leipzig im Home-Office entlassen, zuvor hatte er bereits drei Pflichtspiele nur aus der Ferne coachen können. Dass dies in Quarantäne nicht weniger emotional ausfallen muss, bewies Kölns Steffen Baumgart vor einigen Wochen. Seine Tochter postete ein Video, das zeigte, wie Baumgarts Familie vor dem Fernseher saß, während der Trainer abwechselnd durchs Wohnzimmer hüpfte oder ins Tablet schrie. Baumgarts Hund wusste gar nicht, wie ihm geschah.

 Als Adi Hütter vor drei Jahren bei einem Europa-League-Spiel der Frankfurter Eintracht gesperrt war, durfte er wenigstens ins Stadion.

Als Adi Hütter vor drei Jahren bei einem Europa-League-Spiel der Frankfurter Eintracht gesperrt war, durfte er wenigstens ins Stadion.

Foto: imago images / Jan Huebner/Jan Huebner/Voigt;via www.imago-images.de

Man darf annehmen, dass derlei Videos von Hütter nicht auftauchen werden. Dennoch wird der 52-Jährige versuchen, Einfluss zu nehmen, sofern seine Infektion milde verläuft. Anders als vor drei Jahren in Mailand ist das schließlich nicht verboten.

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